Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Benner, Johann Hermann: Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 3. Gießen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

dritter Theil.
kurtz gekommen. Die Ubersetzung des seeligen
Luthers, welche hier mit der Grundsprache nicht
übereinkomt, hat ihn bey dem ersten Anblick die-
ser Worte, vor seine Meinung eingenommen.
Da er sich einmal eine Mutter mit ihrem ausge-
bärenden Leibe in den Kopf gesetzt hatte: so fiel
ihm dieser Spruch heis auf das Hertz, daß GOtt
sage: ich trage euch in der Mutter, und
im Leibe.
Da war nun vollends kein Zweifel
mehr übrig, der heilige Geist seye die ausgebä-
rende Mutter. Aber da die Grundsprache so-
gar anders lautet; so kam er darüber in die En-
ge. Er gestehet zwar ein, daß es nicht anders
seye. Aber weil er doch an dem heiligen Geist
eine ausgebärende Mutter einmal haben will;
so fragt er nichts darnach was GOtt hier sage.
Last seyn (spricht er §. 12.) von Mutterleibe
an. Einmal es haben die Gottesgelehrten
nicht Ursache von einer zweyhundertjähri-
gen Ubersetzung abzugehen.

Das ist abermal ein neuer methodismus sich
zu wehren. Wann die Ubersetzung etwas gantz
anders saget, als der heilige Geist in der Grund-
sprache unlaugbar, und ohne Widerspruch ge-
sagt hat: so muß man abgehen von dem Sinn
des heiligen Geistes, und muß bei der Uberse-
tzung bleiben. Warum? die Ubersetzung schickt
sich vor Zinzendorfs Träumerey seiner Meinung
nach, weit besser als der Grundtext. Die U-

ber-

dritter Theil.
kurtz gekommen. Die Uberſetzung des ſeeligen
Luthers, welche hier mit der Grundſprache nicht
uͤbereinkomt, hat ihn bey dem erſten Anblick die-
ſer Worte, vor ſeine Meinung eingenommen.
Da er ſich einmal eine Mutter mit ihrem ausge-
baͤrenden Leibe in den Kopf geſetzt hatte: ſo fiel
ihm dieſer Spruch heis auf das Hertz, daß GOtt
ſage: ich trage euch in der Mutter, und
im Leibe.
Da war nun vollends kein Zweifel
mehr uͤbrig, der heilige Geiſt ſeye die ausgebaͤ-
rende Mutter. Aber da die Grundſprache ſo-
gar anders lautet; ſo kam er daruͤber in die En-
ge. Er geſtehet zwar ein, daß es nicht anders
ſeye. Aber weil er doch an dem heiligen Geiſt
eine ausgebaͤrende Mutter einmal haben will;
ſo fragt er nichts darnach was GOtt hier ſage.
Laſt ſeyn (ſpricht er §. 12.) von Mutterleibe
an. Einmal es haben die Gottesgelehrten
nicht Urſache von einer zweyhundertjaͤhri-
gen Uberſetzung abzugehen.

Das iſt abermal ein neuer methodismus ſich
zu wehren. Wann die Uberſetzung etwas gantz
anders ſaget, als der heilige Geiſt in der Grund-
ſprache unlaugbar, und ohne Widerſpruch ge-
ſagt hat: ſo muß man abgehen von dem Sinn
des heiligen Geiſtes, und muß bei der Uberſe-
tzung bleiben. Warum? die Uberſetzung ſchickt
ſich vor Zinzendorfs Traͤumerey ſeiner Meinung
nach, weit beſſer als der Grundtext. Die U-

ber-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0237" n="221"/><fw place="top" type="header">dritter Theil.</fw><lb/>
kurtz gekommen. Die Uber&#x017F;etzung des &#x017F;eeligen<lb/>
Luthers, welche hier mit der Grund&#x017F;prache nicht<lb/>
u&#x0364;bereinkomt, hat ihn bey dem er&#x017F;ten Anblick die-<lb/>
&#x017F;er Worte, vor &#x017F;eine Meinung eingenommen.<lb/>
Da er &#x017F;ich einmal eine Mutter mit ihrem ausge-<lb/>
ba&#x0364;renden Leibe in den Kopf ge&#x017F;etzt hatte: &#x017F;o fiel<lb/>
ihm die&#x017F;er Spruch heis auf das Hertz, daß GOtt<lb/>
&#x017F;age: <hi rendition="#fr">ich trage euch in der Mutter, und<lb/>
im Leibe.</hi> Da war nun vollends kein Zweifel<lb/>
mehr u&#x0364;brig, der heilige Gei&#x017F;t &#x017F;eye die ausgeba&#x0364;-<lb/>
rende Mutter. Aber da die Grund&#x017F;prache &#x017F;o-<lb/>
gar anders lautet; &#x017F;o kam er daru&#x0364;ber in die En-<lb/>
ge. Er ge&#x017F;tehet zwar ein, daß es nicht anders<lb/>
&#x017F;eye. Aber weil er doch an dem heiligen Gei&#x017F;t<lb/>
eine ausgeba&#x0364;rende Mutter einmal haben will;<lb/>
&#x017F;o fragt er nichts darnach was GOtt hier &#x017F;age.<lb/><hi rendition="#fr">La&#x017F;t &#x017F;eyn</hi> (&#x017F;pricht er §. 12.) <hi rendition="#fr">von Mutterleibe<lb/>
an. Einmal es haben die Gottesgelehrten<lb/>
nicht Ur&#x017F;ache von einer zweyhundertja&#x0364;hri-<lb/>
gen Uber&#x017F;etzung abzugehen.</hi></p><lb/>
              <p>Das i&#x017F;t abermal ein neuer methodismus &#x017F;ich<lb/>
zu wehren. Wann die Uber&#x017F;etzung etwas gantz<lb/>
anders &#x017F;aget, als der heilige Gei&#x017F;t in der Grund-<lb/>
&#x017F;prache unlaugbar, und ohne Wider&#x017F;pruch ge-<lb/>
&#x017F;agt hat: &#x017F;o muß man abgehen von dem Sinn<lb/>
des heiligen Gei&#x017F;tes, und muß bei der Uber&#x017F;e-<lb/>
tzung bleiben. Warum? die Uber&#x017F;etzung &#x017F;chickt<lb/>
&#x017F;ich vor Zinzendorfs Tra&#x0364;umerey &#x017F;einer Meinung<lb/>
nach, weit be&#x017F;&#x017F;er als der Grundtext. Die U-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ber-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0237] dritter Theil. kurtz gekommen. Die Uberſetzung des ſeeligen Luthers, welche hier mit der Grundſprache nicht uͤbereinkomt, hat ihn bey dem erſten Anblick die- ſer Worte, vor ſeine Meinung eingenommen. Da er ſich einmal eine Mutter mit ihrem ausge- baͤrenden Leibe in den Kopf geſetzt hatte: ſo fiel ihm dieſer Spruch heis auf das Hertz, daß GOtt ſage: ich trage euch in der Mutter, und im Leibe. Da war nun vollends kein Zweifel mehr uͤbrig, der heilige Geiſt ſeye die ausgebaͤ- rende Mutter. Aber da die Grundſprache ſo- gar anders lautet; ſo kam er daruͤber in die En- ge. Er geſtehet zwar ein, daß es nicht anders ſeye. Aber weil er doch an dem heiligen Geiſt eine ausgebaͤrende Mutter einmal haben will; ſo fragt er nichts darnach was GOtt hier ſage. Laſt ſeyn (ſpricht er §. 12.) von Mutterleibe an. Einmal es haben die Gottesgelehrten nicht Urſache von einer zweyhundertjaͤhri- gen Uberſetzung abzugehen. Das iſt abermal ein neuer methodismus ſich zu wehren. Wann die Uberſetzung etwas gantz anders ſaget, als der heilige Geiſt in der Grund- ſprache unlaugbar, und ohne Widerſpruch ge- ſagt hat: ſo muß man abgehen von dem Sinn des heiligen Geiſtes, und muß bei der Uberſe- tzung bleiben. Warum? die Uberſetzung ſchickt ſich vor Zinzendorfs Traͤumerey ſeiner Meinung nach, weit beſſer als der Grundtext. Die U- ber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey03_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey03_1748/237
Zitationshilfe: Benner, Johann Hermann: Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Bd. 3. Gießen, 1748, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey03_1748/237>, abgerufen am 26.04.2024.