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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Meerschnecken der Ufersteine.
der gegentheiligen Versicherungen des sonst redlichen Mannes der
Gedanke nicht zu unterdrücken war, sie seien trocken gekauft und
dann in Seewasser gelegt, nicht frisch aus dem Meere genommen.
Uebrigens erlaubten einige der so erhaltenen Exemplare doch den
Nachweis, dass einestheils zwischen dem Polypenüberzug und den
Glasfäden öfter die Fäden von Haifischeiern, den Bündel umwickelnd,
sich befinden, also die Polypen nicht mit den Glasfäden zusammen
entstanden und gewachsen sind, andererseits die Glasfäden sich an
ihrem unteren Ende vielfach und fein in die Masse des Schwammes
vertheilen, also der Bündel nicht einfach künstlich in den Schwamm,
wie in die Pholadenlöcher, hineingesteckt sein kann, sondern die
Glasfäden mit und aus dem Schwamm entstanden sind. Ob die
Fäden ursprünglich ganz vom Schwammgewebe umhüllt, ob sie
spontan aus demselben hervorgetrieben und wie ihre Spiraldrehung
entsteht, das zu erklären, fehlt es noch an den nöthigen Beobach-
tungen am Orte ihres Vorkommens selbst. Die Spiraldrehung
erinnert an die mancher Tange, z. B. Fucus vesiculosus var. spiralis,
sowie die mancher Pflanzenstengel überhaupt.13)

8. Die Felsenküste von Nangasaki. (Insel Kiusiu.)

Die enge Bucht von Nangasaki, von hohen konischen Trachyt-
hügeln umschlossen, bildet landschaftlich einen auffallenden Gegen-
satz zu der weiten flachen Bai von Yeddo, und auch dem Zoologen
machte sich dieser Unterschied für die Seethiere sehr geltend, viel
weniger für die Landthiere.

Die obersten Meerschnecken, sowohl an den Bachmün-
dungen, als am offenen Strande Mauern und anstehendes Gestein
besetzend, den grössten Theil des Tages über Wasser, sind kleine
tiefgefurchte Litorinen, dieselbe Art, wie bei Yokohama, aber auch
eine flache schwarzweisse Neritina, beide sehr häufig, die Litorine
in sehr verschiedener Grösse, die Neritine mehr gleichmässig. Ein
wenig tiefer, in den Vertiefungen der Felsen, die zur Zeit der Ebbe
über dem Niveau der See liegen, aber mit Wasser gefüllt blieben,
doch noch ohne Tange sind, kriechen drei andere Meerschnecken
herum, ein Trochus mit stark gezahnter Mündung aus der Gruppe
Turcica Ad., eine andere glatte schwärzlichrothe Art derselben
Gattung, Gruppe Oxystele, und häufiger als beide eine grobhöckerige
trübgraue engmündige Purpura. In denselben Spalten findet sich
oft ein ganz kleiner Mytilus, ähnlich dem europäischen M. minimus

Ost-Asien. Zoologisch. I. 10

Meerschnecken der Ufersteine.
der gegentheiligen Versicherungen des sonst redlichen Mannes der
Gedanke nicht zu unterdrücken war, sie seien trocken gekauft und
dann in Seewasser gelegt, nicht frisch aus dem Meere genommen.
Uebrigens erlaubten einige der so erhaltenen Exemplare doch den
Nachweis, dass einestheils zwischen dem Polypenüberzug und den
Glasfäden öfter die Fäden von Haifischeiern, den Bündel umwickelnd,
sich befinden, also die Polypen nicht mit den Glasfäden zusammen
entstanden und gewachsen sind, andererseits die Glasfäden sich an
ihrem unteren Ende vielfach und fein in die Masse des Schwammes
vertheilen, also der Bündel nicht einfach künstlich in den Schwamm,
wie in die Pholadenlöcher, hineingesteckt sein kann, sondern die
Glasfäden mit und aus dem Schwamm entstanden sind. Ob die
Fäden ursprünglich ganz vom Schwammgewebe umhüllt, ob sie
spontan aus demselben hervorgetrieben und wie ihre Spiraldrehung
entsteht, das zu erklären, fehlt es noch an den nöthigen Beobach-
tungen am Orte ihres Vorkommens selbst. Die Spiraldrehung
erinnert an die mancher Tange, z. B. Fucus vesiculosus var. spiralis,
sowie die mancher Pflanzenstengel überhaupt.13)

8. Die Felsenküste von Nangasaki. (Insel Kiusiu.)

Die enge Bucht von Nangasaki, von hohen konischen Trachyt-
hügeln umschlossen, bildet landschaftlich einen auffallenden Gegen-
satz zu der weiten flachen Bai von Yeddo, und auch dem Zoologen
machte sich dieser Unterschied für die Seethiere sehr geltend, viel
weniger für die Landthiere.

Die obersten Meerschnecken, sowohl an den Bachmün-
dungen, als am offenen Strande Mauern und anstehendes Gestein
besetzend, den grössten Theil des Tages über Wasser, sind kleine
tiefgefurchte Litorinen, dieselbe Art, wie bei Yokohama, aber auch
eine flache schwarzweisse Neritina, beide sehr häufig, die Litorine
in sehr verschiedener Grösse, die Neritine mehr gleichmässig. Ein
wenig tiefer, in den Vertiefungen der Felsen, die zur Zeit der Ebbe
über dem Niveau der See liegen, aber mit Wasser gefüllt blieben,
doch noch ohne Tange sind, kriechen drei andere Meerschnecken
herum, ein Trochus mit stark gezahnter Mündung aus der Gruppe
Turcica Ad., eine andere glatte schwärzlichrothe Art derselben
Gattung, Gruppe Oxystele, und häufiger als beide eine grobhöckerige
trübgraue engmündige Purpura. In denselben Spalten findet sich
oft ein ganz kleiner Mytilus, ähnlich dem europäischen M. minimus

Ost-Asien. Zoologisch. I. 10
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[145/0163] Meerschnecken der Ufersteine. der gegentheiligen Versicherungen des sonst redlichen Mannes der Gedanke nicht zu unterdrücken war, sie seien trocken gekauft und dann in Seewasser gelegt, nicht frisch aus dem Meere genommen. Uebrigens erlaubten einige der so erhaltenen Exemplare doch den Nachweis, dass einestheils zwischen dem Polypenüberzug und den Glasfäden öfter die Fäden von Haifischeiern, den Bündel umwickelnd, sich befinden, also die Polypen nicht mit den Glasfäden zusammen entstanden und gewachsen sind, andererseits die Glasfäden sich an ihrem unteren Ende vielfach und fein in die Masse des Schwammes vertheilen, also der Bündel nicht einfach künstlich in den Schwamm, wie in die Pholadenlöcher, hineingesteckt sein kann, sondern die Glasfäden mit und aus dem Schwamm entstanden sind. Ob die Fäden ursprünglich ganz vom Schwammgewebe umhüllt, ob sie spontan aus demselben hervorgetrieben und wie ihre Spiraldrehung entsteht, das zu erklären, fehlt es noch an den nöthigen Beobach- tungen am Orte ihres Vorkommens selbst. Die Spiraldrehung erinnert an die mancher Tange, z. B. Fucus vesiculosus var. spiralis, sowie die mancher Pflanzenstengel überhaupt.13) 8. Die Felsenküste von Nangasaki. (Insel Kiusiu.) Die enge Bucht von Nangasaki, von hohen konischen Trachyt- hügeln umschlossen, bildet landschaftlich einen auffallenden Gegen- satz zu der weiten flachen Bai von Yeddo, und auch dem Zoologen machte sich dieser Unterschied für die Seethiere sehr geltend, viel weniger für die Landthiere. Die obersten Meerschnecken, sowohl an den Bachmün- dungen, als am offenen Strande Mauern und anstehendes Gestein besetzend, den grössten Theil des Tages über Wasser, sind kleine tiefgefurchte Litorinen, dieselbe Art, wie bei Yokohama, aber auch eine flache schwarzweisse Neritina, beide sehr häufig, die Litorine in sehr verschiedener Grösse, die Neritine mehr gleichmässig. Ein wenig tiefer, in den Vertiefungen der Felsen, die zur Zeit der Ebbe über dem Niveau der See liegen, aber mit Wasser gefüllt blieben, doch noch ohne Tange sind, kriechen drei andere Meerschnecken herum, ein Trochus mit stark gezahnter Mündung aus der Gruppe Turcica Ad., eine andere glatte schwärzlichrothe Art derselben Gattung, Gruppe Oxystele, und häufiger als beide eine grobhöckerige trübgraue engmündige Purpura. In denselben Spalten findet sich oft ein ganz kleiner Mytilus, ähnlich dem europäischen M. minimus Ost-Asien. Zoologisch. I. 10

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/163>, abgerufen am 26.04.2024.