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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Seeschlangen.
Cidaris metularia Lam.; ferner zwei lebende Schnecken, die glän-
zende Marginella Bernardi Largilliert und ein feinbehaarter Murex,
noch mehr aber todte Conchylien, worunter namentlich Den-
talien zahlreich, und ein Spondylus imperialis Chenu; endlich
mehrere Krabben, wie z. B. Myra fugax F. Pilumnus vespertilio
Ad. Wh. u. s. f., eine weiche zusammengesetzte und eine harte
Einzelkoralle, Nephthya und Balanophyllia. Ich hatte nicht er-
wartet, dass der Schlammgrund in dieser Tiefe so reich an thie-
rischem Leben sei.

Noch ehe die Durchmusterung beendet war, wurde mein
Wunsch erfüllt, in einem Boote den pelagischen Thieren entgegen-
zugehen und sie in ihrem Elemente selbst zu sehen. Zunächst galt
es den Seeschlangen, die das allgemeine Interesse erregt hatten,
und von denen Herr A. Berg, der diese Bootsfahrt mitmachte,
mehrere mit eigener Hand mittelst eines gewöhnlichen Keschers
fing. (Vergl. dessen Schilderung im ersten Bande der Reisebeschrei-
bung S. 232.) Wir sahen sie schon von Weitem oft über dem
Wasserspiegel, als ob sie wie auf einem festen Boden darüber
hinwegliefen, immer in horizontalen, nie vertikalen Schlangen-
biegungen sich bewegend. Die häufigste und einzig gefangene war
die oben schwarze, unten gelbe Pelamis bicolor Daud.; diese schien
das Tauchen gar nicht zu lieben, sie kam stets dem Boote sehr
nahe, ehe sie sich dazu entschloss, und stieg dann gleich hinter
dem Boote wieder an die Oberfläche; noch öfter entwischte
sie nur nach der Seite hin unserem Fanginstrument. Eine grössere
Art mit Ringbändern, also eine ächte Hydrophis, ging dagegen viel
früher vor dem herankommenden Boot in die Tiefe und kam nie so
nahe, dass wir sie fangen konnten; auch ihre Farben schienen uns
im Wasser gelb und braun, nicht weiss und blau, wie manche in
den Sammlungen aussehen. Die erstere benahm sich in der Ge-
fangenschaft sehr ruhig und machte nie Miene zu beissen.

Eine weitere Beute brachten uns die schwimmenden Holz-
stücke; dicht um dieselben fand sich fast immer eine Anzahl kleinerer
Fische, namentlich Therapon und Chaetodon, beide silberweiss mit
dunklen Bändern, welche sich selbst auf die Flossen erstrecken,
aber bei dem ersten der Länge nach, bei dem zweiten von oben
nach unten verlaufen. Anfangs glaubte ich, sie suchen das Holz
des Schattens wegen auf, aber als ich auch verschiedene Crustaceen,
namentlich eine kleine Garnele, Alpheus Neptunus Dana, und eine

Seeschlangen.
Cidaris metularia Lam.; ferner zwei lebende Schnecken, die glän-
zende Marginella Bernardi Largilliert und ein feinbehaarter Murex,
noch mehr aber todte Conchylien, worunter namentlich Den-
talien zahlreich, und ein Spondylus imperialis Chenu; endlich
mehrere Krabben, wie z. B. Myra fugax F. Pilumnus vespertilio
Ad. Wh. u. s. f., eine weiche zusammengesetzte und eine harte
Einzelkoralle, Nephthya und Balanophyllia. Ich hatte nicht er-
wartet, dass der Schlammgrund in dieser Tiefe so reich an thie-
rischem Leben sei.

Noch ehe die Durchmusterung beendet war, wurde mein
Wunsch erfüllt, in einem Boote den pelagischen Thieren entgegen-
zugehen und sie in ihrem Elemente selbst zu sehen. Zunächst galt
es den Seeschlangen, die das allgemeine Interesse erregt hatten,
und von denen Herr A. Berg, der diese Bootsfahrt mitmachte,
mehrere mit eigener Hand mittelst eines gewöhnlichen Keschers
fing. (Vergl. dessen Schilderung im ersten Bande der Reisebeschrei-
bung S. 232.) Wir sahen sie schon von Weitem oft über dem
Wasserspiegel, als ob sie wie auf einem festen Boden darüber
hinwegliefen, immer in horizontalen, nie vertikalen Schlangen-
biegungen sich bewegend. Die häufigste und einzig gefangene war
die oben schwarze, unten gelbe Pelamis bicolor Daud.; diese schien
das Tauchen gar nicht zu lieben, sie kam stets dem Boote sehr
nahe, ehe sie sich dazu entschloss, und stieg dann gleich hinter
dem Boote wieder an die Oberfläche; noch öfter entwischte
sie nur nach der Seite hin unserem Fanginstrument. Eine grössere
Art mit Ringbändern, also eine ächte Hydrophis, ging dagegen viel
früher vor dem herankommenden Boot in die Tiefe und kam nie so
nahe, dass wir sie fangen konnten; auch ihre Farben schienen uns
im Wasser gelb und braun, nicht weiss und blau, wie manche in
den Sammlungen aussehen. Die erstere benahm sich in der Ge-
fangenschaft sehr ruhig und machte nie Miene zu beissen.

Eine weitere Beute brachten uns die schwimmenden Holz-
stücke; dicht um dieselben fand sich fast immer eine Anzahl kleinerer
Fische, namentlich Therapon und Chaetodon, beide silberweiss mit
dunklen Bändern, welche sich selbst auf die Flossen erstrecken,
aber bei dem ersten der Länge nach, bei dem zweiten von oben
nach unten verlaufen. Anfangs glaubte ich, sie suchen das Holz
des Schattens wegen auf, aber als ich auch verschiedene Crustaceen,
namentlich eine kleine Garnele, Alpheus Neptunus Dana, und eine

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[56/0074] Seeschlangen. Cidaris metularia Lam.; ferner zwei lebende Schnecken, die glän- zende Marginella Bernardi Largilliert und ein feinbehaarter Murex, noch mehr aber todte Conchylien, worunter namentlich Den- talien zahlreich, und ein Spondylus imperialis Chenu; endlich mehrere Krabben, wie z. B. Myra fugax F. Pilumnus vespertilio Ad. Wh. u. s. f., eine weiche zusammengesetzte und eine harte Einzelkoralle, Nephthya und Balanophyllia. Ich hatte nicht er- wartet, dass der Schlammgrund in dieser Tiefe so reich an thie- rischem Leben sei. Noch ehe die Durchmusterung beendet war, wurde mein Wunsch erfüllt, in einem Boote den pelagischen Thieren entgegen- zugehen und sie in ihrem Elemente selbst zu sehen. Zunächst galt es den Seeschlangen, die das allgemeine Interesse erregt hatten, und von denen Herr A. Berg, der diese Bootsfahrt mitmachte, mehrere mit eigener Hand mittelst eines gewöhnlichen Keschers fing. (Vergl. dessen Schilderung im ersten Bande der Reisebeschrei- bung S. 232.) Wir sahen sie schon von Weitem oft über dem Wasserspiegel, als ob sie wie auf einem festen Boden darüber hinwegliefen, immer in horizontalen, nie vertikalen Schlangen- biegungen sich bewegend. Die häufigste und einzig gefangene war die oben schwarze, unten gelbe Pelamis bicolor Daud.; diese schien das Tauchen gar nicht zu lieben, sie kam stets dem Boote sehr nahe, ehe sie sich dazu entschloss, und stieg dann gleich hinter dem Boote wieder an die Oberfläche; noch öfter entwischte sie nur nach der Seite hin unserem Fanginstrument. Eine grössere Art mit Ringbändern, also eine ächte Hydrophis, ging dagegen viel früher vor dem herankommenden Boot in die Tiefe und kam nie so nahe, dass wir sie fangen konnten; auch ihre Farben schienen uns im Wasser gelb und braun, nicht weiss und blau, wie manche in den Sammlungen aussehen. Die erstere benahm sich in der Ge- fangenschaft sehr ruhig und machte nie Miene zu beissen. Eine weitere Beute brachten uns die schwimmenden Holz- stücke; dicht um dieselben fand sich fast immer eine Anzahl kleinerer Fische, namentlich Therapon und Chaetodon, beide silberweiss mit dunklen Bändern, welche sich selbst auf die Flossen erstrecken, aber bei dem ersten der Länge nach, bei dem zweiten von oben nach unten verlaufen. Anfangs glaubte ich, sie suchen das Holz des Schattens wegen auf, aber als ich auch verschiedene Crustaceen, namentlich eine kleine Garnele, Alpheus Neptunus Dana, und eine

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/74>, abgerufen am 27.04.2024.