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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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kurtz darauf noch
Warlich, diese schreckliche Furcht, so sie, als Me-
lancholicos,
wegen ihres Todes plagt, würde
gar bald aufhören; so daß die Seele den Leib,
und der Geist das Fleisch überwinden würde;
wie auch die Erfahrung bey einigen Christen,
wenn sie im Glaubens-Kampffe wider ihren
Leib, und wider ihre Furcht des Gemüthes ge-
stritten, solches bezeuget hat. GOtt läst auch
diese Art der Kranckheit des Leibes und des Ge-
müthes über die Menschen kommen, um der
Seele eine Gelegenheit zu geben, sich destomehr
im Glauben und Vertrauen zu üben, und den zu
überwinden, der des Glaubens gröster Feind ist,
nemlich die Furcht, es mag nun dieselbe gerichtet
seyn, auf was sie wolle. Doch haben billig ie-
derzeit Theologi Bedencken getragen, denen die
Seeligkeit abzusprechen, bey denen der schwache
Glaube die Furcht nicht gantz tilgen können, son-
dern der höchste Grad der Kranckheit der Melan-
choli
e das Haupt mitten im Kampff und Streit
wider des Leibes Schwachheit verwüstet und
verwirret, so daß sie sich, des Verstandes beraubet,
endlich selbst entleibet.

Anno 1736.
§. 156.

Mein Leib war noch nicht gesund; und
wenn ich auch in der Seele froh war, so fühlte

ich
Z z 2

kurtz darauf noch
Warlich, dieſe ſchreckliche Furcht, ſo ſie, als Me-
lancholicos,
wegen ihres Todes plagt, wuͤrde
gar bald aufhoͤren; ſo daß die Seele den Leib,
und der Geiſt das Fleiſch uͤberwinden wuͤrde;
wie auch die Erfahrung bey einigen Chriſten,
wenn ſie im Glaubens-Kampffe wider ihren
Leib, und wider ihre Furcht des Gemuͤthes ge-
ſtritten, ſolches bezeuget hat. GOtt laͤſt auch
dieſe Art der Kranckheit des Leibes und des Ge-
muͤthes uͤber die Menſchen kommen, um der
Seele eine Gelegenheit zu geben, ſich deſtomehr
im Glauben und Vertrauen zu uͤben, und den zu
uͤberwinden, der des Glaubens groͤſter Feind iſt,
nemlich die Furcht, es mag nun dieſelbe gerichtet
ſeyn, auf was ſie wolle. Doch haben billig ie-
derzeit Theologi Bedencken getragen, denen die
Seeligkeit abzuſprechen, bey denen der ſchwache
Glaube die Furcht nicht gantz tilgen koͤnnen, ſon-
dern der hoͤchſte Grad der Kranckheit der Melan-
choli
e das Haupt mitten im Kampff und Streit
wider des Leibes Schwachheit verwuͤſtet und
verwirret, ſo daß ſie ſich, des Verſtandes beraubet,
endlich ſelbſt entleibet.

Anno 1736.
§. 156.

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wenn ich auch in der Seele froh war, ſo fuͤhlte

ich
Z z 2
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[723/0769] kurtz darauf noch Warlich, dieſe ſchreckliche Furcht, ſo ſie, als Me- lancholicos, wegen ihres Todes plagt, wuͤrde gar bald aufhoͤren; ſo daß die Seele den Leib, und der Geiſt das Fleiſch uͤberwinden wuͤrde; wie auch die Erfahrung bey einigen Chriſten, wenn ſie im Glaubens-Kampffe wider ihren Leib, und wider ihre Furcht des Gemuͤthes ge- ſtritten, ſolches bezeuget hat. GOtt laͤſt auch dieſe Art der Kranckheit des Leibes und des Ge- muͤthes uͤber die Menſchen kommen, um der Seele eine Gelegenheit zu geben, ſich deſtomehr im Glauben und Vertrauen zu uͤben, und den zu uͤberwinden, der des Glaubens groͤſter Feind iſt, nemlich die Furcht, es mag nun dieſelbe gerichtet ſeyn, auf was ſie wolle. Doch haben billig ie- derzeit Theologi Bedencken getragen, denen die Seeligkeit abzuſprechen, bey denen der ſchwache Glaube die Furcht nicht gantz tilgen koͤnnen, ſon- dern der hoͤchſte Grad der Kranckheit der Melan- cholie das Haupt mitten im Kampff und Streit wider des Leibes Schwachheit verwuͤſtet und verwirret, ſo daß ſie ſich, des Verſtandes beraubet, endlich ſelbſt entleibet. Anno 1736. §. 156. Mein Leib war noch nicht geſund; und wenn ich auch in der Seele froh war, ſo fuͤhlte ich Z z 2

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/769>, abgerufen am 26.04.2024.