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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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sieht renoviren, bleibt er in Leipzig:
ausgehen aus der Kirche mit dem Rocke an ei-
ner Säule an einem Nagel hangen blieb, so
daß man alle Mühe hatte, mich wieder los zu
machen. Jch sprach zu denen, die um mich
waren, und zu dem Arbeiter, der mich halff
losmachen: das bedeutet gantz gewiß, ich
werde in der Peters-Kirche hengen bleiben,
und Prediger darinnen werden. Jch schertzte
noch mehr, und setzte hinzu: die Kirche ist
aber zu lang, und sehe nicht, wie mich die Leute
hier forne (denn ich stund gegen das Thor zu)
werden hören können, wenn sie die Cantzel über
den Altar setzen, und bauen wollen. Der
Maurer-Geselle, und die Leute, so dabey
stunden, sahen mich an, und lachten hönisch,
weil sie mich wol nicht vor den Mann hielten,
der zu solcher Ehre gelangen würde. Bey
mir aber war Schertz, und Ernst beysammen;
denn ich nahm es, solte es auch aus Aberglau-
ben geschehen seyn, vor ein Omen und Anzei-
gung an, daß ich nunmehro bleiben, und der
Sachen Ausgang erwarten solte; worinnen
mich auch Herr Baumeister Wagner stärck-
te, alß ich ihn kurtz darauf um Rath
fragte.

Anno

ſieht renoviren, bleibt er in Leipzig:
ausgehen aus der Kirche mit dem Rocke an ei-
ner Saͤule an einem Nagel hangen blieb, ſo
daß man alle Muͤhe hatte, mich wieder los zu
machen. Jch ſprach zu denen, die um mich
waren, und zu dem Arbeiter, der mich halff
losmachen: das bedeutet gantz gewiß, ich
werde in der Peters-Kirche hengen bleiben,
und Prediger darinnen werden. Jch ſchertzte
noch mehr, und ſetzte hinzu: die Kirche iſt
aber zu lang, und ſehe nicht, wie mich die Leute
hier forne (denn ich ſtund gegen das Thor zu)
werden hoͤren koͤnnen, wenn ſie die Cantzel uͤber
den Altar ſetzen, und bauen wollen. Der
Maurer-Geſelle, und die Leute, ſo dabey
ſtunden, ſahen mich an, und lachten hoͤniſch,
weil ſie mich wol nicht vor den Mann hielten,
der zu ſolcher Ehre gelangen wuͤrde. Bey
mir aber war Schertz, und Ernſt beyſammen;
denn ich nahm es, ſolte es auch aus Aberglau-
ben geſchehen ſeyn, vor ein Omen und Anzei-
gung an, daß ich nunmehro bleiben, und der
Sachen Ausgang erwarten ſolte; worinnen
mich auch Herr Baumeiſter Wagner ſtaͤrck-
te, alß ich ihn kurtz darauf um Rath
fragte.

Anno
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[493/0539] ſieht renoviren, bleibt er in Leipzig: ausgehen aus der Kirche mit dem Rocke an ei- ner Saͤule an einem Nagel hangen blieb, ſo daß man alle Muͤhe hatte, mich wieder los zu machen. Jch ſprach zu denen, die um mich waren, und zu dem Arbeiter, der mich halff losmachen: das bedeutet gantz gewiß, ich werde in der Peters-Kirche hengen bleiben, und Prediger darinnen werden. Jch ſchertzte noch mehr, und ſetzte hinzu: die Kirche iſt aber zu lang, und ſehe nicht, wie mich die Leute hier forne (denn ich ſtund gegen das Thor zu) werden hoͤren koͤnnen, wenn ſie die Cantzel uͤber den Altar ſetzen, und bauen wollen. Der Maurer-Geſelle, und die Leute, ſo dabey ſtunden, ſahen mich an, und lachten hoͤniſch, weil ſie mich wol nicht vor den Mann hielten, der zu ſolcher Ehre gelangen wuͤrde. Bey mir aber war Schertz, und Ernſt beyſammen; denn ich nahm es, ſolte es auch aus Aberglau- ben geſchehen ſeyn, vor ein Omen und Anzei- gung an, daß ich nunmehro bleiben, und der Sachen Ausgang erwarten ſolte; worinnen mich auch Herr Baumeiſter Wagner ſtaͤrck- te, alß ich ihn kurtz darauf um Rath fragte. Anno

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/539>, abgerufen am 26.04.2024.