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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 37. 38. Begünstigung.
Ausnahme noch allgemein für jede Begünstigung gemacht worden; in
der Kommission der zweiten Kammer hielt man sie aber nur dann für
begründet, wenn die Sorge für den Thäter, um ihn nämlich der Strafe
zu entziehen, die Hülfsleistung veranlaßt hat. x) Bei den Verwandten,
welche genannt worden sind, kommt es aber nicht darauf an, ob die
Verwandtschaft eine eheliche oder uneheliche ist, so wenig wie namentlich
bei den Geschwistern, ob es vollbürtige oder halbbürtige sind. Die
Bezeichnung ist dem Wortverstande nach ganz allgemein zu nehmen,
und erstreckt sich also auch auf Ascendenten und Descendenten jeden
Grades. Für Stiefeltern und Schwiegereltern, so wie für Stiefkinder
und Schwiegerkinder gilt die Bestimmung aber nicht, weil diese nicht
zu den leiblichen Verwandten gehören.

b. Wenn die Begünstigung gewährt wird, um dem Thäter die
Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern.

III. Ist die Begünstigung in Folge einer vor der That genom-
menen Abrede gewährt worden, so soll nach §. 38. der Begünstiger
gleich demjenigen, welcher Hülfe leistet, bestraft werden. Es kommen
in einem solchen Fall also die allgemeinen Grundsätze über die Bestra-
fung der Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, welche in
§. 35. aufgestellt sind, zur Anwendung, und zwar unbedingt, auch auf
die Angehörigen des Thäters, welche ihn durch ihren Beistand der
Strafe zu entziehen suchen.

§. 39.

Wer von dem Vorhaben eines Hochverraths, eines Landesverraths, einer
Münzfälschung, eines Mordes, eines Raubes, eines Menschenraubes oder eines
das Leben von Menschen gefährdenden gemeingefährlichen Verbrechens zu einer
Zeit, zu welcher die Verhütung dieser Verbrechen möglich ist, glaubhafte
Kenntniß erhält und es unterläßt, davon der Behörde oder der durch das
Verbrechen bedrohten Person zur rechten Zeit Anzeige zu machen, soll, wenn
das Verbrechen wirklich begangen oder zu begehen versucht wird, mit Gefäng-
niß bis zu fünf Jahren bestraft werden.



Das Allgemeine Landrecht Th. II. Tit. 26. §. 80-82. enthält
Vorschriften über den Fall, wenn jemand von einem Verbrechen, durch
welches die Sicherheit des Staates, oder Leben, Gesundheit, Ehre oder
Vermögen eines Menschen einer erheblichen Gefahr ausgesetzt werden,
vor dessen Ausführung Wissenschaft erhält. Er soll dann der Obrigkeit
oder der bedrohten Person Anzeige machen, oder wenn er dieß nicht

x) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 35. (37.).

§§. 37. 38. Begünſtigung.
Ausnahme noch allgemein für jede Begünſtigung gemacht worden; in
der Kommiſſion der zweiten Kammer hielt man ſie aber nur dann für
begründet, wenn die Sorge für den Thäter, um ihn nämlich der Strafe
zu entziehen, die Hülfsleiſtung veranlaßt hat. x) Bei den Verwandten,
welche genannt worden ſind, kommt es aber nicht darauf an, ob die
Verwandtſchaft eine eheliche oder uneheliche iſt, ſo wenig wie namentlich
bei den Geſchwiſtern, ob es vollbürtige oder halbbürtige ſind. Die
Bezeichnung iſt dem Wortverſtande nach ganz allgemein zu nehmen,
und erſtreckt ſich alſo auch auf Aſcendenten und Deſcendenten jeden
Grades. Für Stiefeltern und Schwiegereltern, ſo wie für Stiefkinder
und Schwiegerkinder gilt die Beſtimmung aber nicht, weil dieſe nicht
zu den leiblichen Verwandten gehören.

b. Wenn die Begünſtigung gewährt wird, um dem Thäter die
Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu ſichern.

III. Iſt die Begünſtigung in Folge einer vor der That genom-
menen Abrede gewährt worden, ſo ſoll nach §. 38. der Begünſtiger
gleich demjenigen, welcher Hülfe leiſtet, beſtraft werden. Es kommen
in einem ſolchen Fall alſo die allgemeinen Grundſätze über die Beſtra-
fung der Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, welche in
§. 35. aufgeſtellt ſind, zur Anwendung, und zwar unbedingt, auch auf
die Angehörigen des Thäters, welche ihn durch ihren Beiſtand der
Strafe zu entziehen ſuchen.

§. 39.

Wer von dem Vorhaben eines Hochverraths, eines Landesverraths, einer
Münzfälſchung, eines Mordes, eines Raubes, eines Menſchenraubes oder eines
das Leben von Menſchen gefährdenden gemeingefährlichen Verbrechens zu einer
Zeit, zu welcher die Verhütung dieſer Verbrechen möglich iſt, glaubhafte
Kenntniß erhält und es unterläßt, davon der Behörde oder der durch das
Verbrechen bedrohten Perſon zur rechten Zeit Anzeige zu machen, ſoll, wenn
das Verbrechen wirklich begangen oder zu begehen verſucht wird, mit Gefäng-
niß bis zu fünf Jahren beſtraft werden.



Das Allgemeine Landrecht Th. II. Tit. 26. §. 80-82. enthält
Vorſchriften über den Fall, wenn jemand von einem Verbrechen, durch
welches die Sicherheit des Staates, oder Leben, Geſundheit, Ehre oder
Vermögen eines Menſchen einer erheblichen Gefahr ausgeſetzt werden,
vor deſſen Ausführung Wiſſenſchaft erhält. Er ſoll dann der Obrigkeit
oder der bedrohten Perſon Anzeige machen, oder wenn er dieß nicht

x) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 35. (37.).
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[171/0181] §§. 37. 38. Begünſtigung. Ausnahme noch allgemein für jede Begünſtigung gemacht worden; in der Kommiſſion der zweiten Kammer hielt man ſie aber nur dann für begründet, wenn die Sorge für den Thäter, um ihn nämlich der Strafe zu entziehen, die Hülfsleiſtung veranlaßt hat. x) Bei den Verwandten, welche genannt worden ſind, kommt es aber nicht darauf an, ob die Verwandtſchaft eine eheliche oder uneheliche iſt, ſo wenig wie namentlich bei den Geſchwiſtern, ob es vollbürtige oder halbbürtige ſind. Die Bezeichnung iſt dem Wortverſtande nach ganz allgemein zu nehmen, und erſtreckt ſich alſo auch auf Aſcendenten und Deſcendenten jeden Grades. Für Stiefeltern und Schwiegereltern, ſo wie für Stiefkinder und Schwiegerkinder gilt die Beſtimmung aber nicht, weil dieſe nicht zu den leiblichen Verwandten gehören. b. Wenn die Begünſtigung gewährt wird, um dem Thäter die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu ſichern. III. Iſt die Begünſtigung in Folge einer vor der That genom- menen Abrede gewährt worden, ſo ſoll nach §. 38. der Begünſtiger gleich demjenigen, welcher Hülfe leiſtet, beſtraft werden. Es kommen in einem ſolchen Fall alſo die allgemeinen Grundſätze über die Beſtra- fung der Theilnahme an einem Verbrechen oder Vergehen, welche in §. 35. aufgeſtellt ſind, zur Anwendung, und zwar unbedingt, auch auf die Angehörigen des Thäters, welche ihn durch ihren Beiſtand der Strafe zu entziehen ſuchen. §. 39. Wer von dem Vorhaben eines Hochverraths, eines Landesverraths, einer Münzfälſchung, eines Mordes, eines Raubes, eines Menſchenraubes oder eines das Leben von Menſchen gefährdenden gemeingefährlichen Verbrechens zu einer Zeit, zu welcher die Verhütung dieſer Verbrechen möglich iſt, glaubhafte Kenntniß erhält und es unterläßt, davon der Behörde oder der durch das Verbrechen bedrohten Perſon zur rechten Zeit Anzeige zu machen, ſoll, wenn das Verbrechen wirklich begangen oder zu begehen verſucht wird, mit Gefäng- niß bis zu fünf Jahren beſtraft werden. Das Allgemeine Landrecht Th. II. Tit. 26. §. 80-82. enthält Vorſchriften über den Fall, wenn jemand von einem Verbrechen, durch welches die Sicherheit des Staates, oder Leben, Geſundheit, Ehre oder Vermögen eines Menſchen einer erheblichen Gefahr ausgeſetzt werden, vor deſſen Ausführung Wiſſenſchaft erhält. Er ſoll dann der Obrigkeit oder der bedrohten Perſon Anzeige machen, oder wenn er dieß nicht x) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 35. (37.).

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/181>, abgerufen am 26.04.2024.