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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXV. Strafbarer Eigennutz.
sungsgrund für die Bestrafung. Fälle dieser Art und solche, wo die
gewinnsüchtige Absicht des Thäters das Vergehen dem Diebstahle nahe
bringt, sind denn auch gemeint, wenn dem Richter frei gestellt ist, neben
der Gefängnißstrafe auf zeitige Untersagung der bürgerlichen Ehrenrechte
zu erkennen. Gegen das unbedingte Eintreten der Ehrenstrafe, im Fall
gewinnsüchtige Absicht vorliegt, welches der Entwurf von 1847. vorge-
schrieben hatte, wurden schon in dem vereinigten ständischen Ausschusse
mehrfache Bedenken laut. a)

III. Ist das Vergehen durch Ehegatten, Eltern, Geschwister u. s. w.
verübt worden, so kommen die Regeln der §§. 228. und 229. zur
Anwendung.

§. 272.

Wer Sachen, welche durch die zuständigen Behörden oder Beamtengegen
ihn gepfändet oder in Beschlag genommen worden sind, vorsätzlich ganz oder
theilweise der Pfändung oder Beschlagnahme entzieht, bei Seite schafft, ver-
bringt oder zerstört, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft.

Mit der nämlichen Strafe werden bestraft:

1) der Ehegatte des Gepfändeten, dessen Verwandte oder Verschwägerte
in auf- oder absteigender Linie, welche mit Kenntniß der Pfändung
oder Beschlagnahme sich einer der gedachten Handlungen schuldig
machen;
2) der von der Behörde oder dem Beamten bestellte Hüter, welcher im
Interesse des Gepfändeten eine der gedachten Handlungen selbst verübt,
oder, daß sie von einem Dritten verübt wird, gestattet;
3) ein Dritter, welcher im Interesse des Gepfändeten, mit Kenntniß der
Pfändung oder Beschlagnahme, eine der gedachten Handlungen verübt.


Während der vorhergehende Paragraph die Rechte des Privat-
pfandgläubigers gegen die Entwendung des Eigenthümers schützt, ist die
Vorschrift des §. 272. gegen Handlungen gerichtet, durch welche die
von zuständigen Behörden oder Beamten vorgenommene Pfändung oder
Beschlagnahme wirkungslos gemacht wird, sei es, daß die Sache ganz
oder theilweise der obrigkeitlichen Gewahrsam oder Aufsicht entzogen,
oder bei Seite geschafft, verbracht oder zerstört wird.

I. Die Strafe -- Gefängniß bis zu Einem Jahre b) -- trifft nur
denjenigen, welcher vorsätzlich gehandelt hat.

II. Auch der Ehegatte des Gepfändeten so wie dessen Verwandte
und Verschwägerte in auf- und absteigender Linie werden wegen einer

a) Verhandlungen. IV. S. 377-82.
b) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 251. (272.)

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXV. Strafbarer Eigennutz.
ſungsgrund für die Beſtrafung. Fälle dieſer Art und ſolche, wo die
gewinnſüchtige Abſicht des Thäters das Vergehen dem Diebſtahle nahe
bringt, ſind denn auch gemeint, wenn dem Richter frei geſtellt iſt, neben
der Gefängnißſtrafe auf zeitige Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte
zu erkennen. Gegen das unbedingte Eintreten der Ehrenſtrafe, im Fall
gewinnſüchtige Abſicht vorliegt, welches der Entwurf von 1847. vorge-
ſchrieben hatte, wurden ſchon in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſe
mehrfache Bedenken laut. a)

III. Iſt das Vergehen durch Ehegatten, Eltern, Geſchwiſter u. ſ. w.
verübt worden, ſo kommen die Regeln der §§. 228. und 229. zur
Anwendung.

§. 272.

Wer Sachen, welche durch die zuſtändigen Behörden oder Beamtengegen
ihn gepfändet oder in Beſchlag genommen worden ſind, vorſätzlich ganz oder
theilweiſe der Pfändung oder Beſchlagnahme entzieht, bei Seite ſchafft, ver-
bringt oder zerſtört, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre beſtraft.

Mit der nämlichen Strafe werden beſtraft:

1) der Ehegatte des Gepfändeten, deſſen Verwandte oder Verſchwägerte
in auf- oder abſteigender Linie, welche mit Kenntniß der Pfändung
oder Beſchlagnahme ſich einer der gedachten Handlungen ſchuldig
machen;
2) der von der Behörde oder dem Beamten beſtellte Hüter, welcher im
Intereſſe des Gepfändeten eine der gedachten Handlungen ſelbſt verübt,
oder, daß ſie von einem Dritten verübt wird, geſtattet;
3) ein Dritter, welcher im Intereſſe des Gepfändeten, mit Kenntniß der
Pfändung oder Beſchlagnahme, eine der gedachten Handlungen verübt.


Während der vorhergehende Paragraph die Rechte des Privat-
pfandgläubigers gegen die Entwendung des Eigenthümers ſchützt, iſt die
Vorſchrift des §. 272. gegen Handlungen gerichtet, durch welche die
von zuſtändigen Behörden oder Beamten vorgenommene Pfändung oder
Beſchlagnahme wirkungslos gemacht wird, ſei es, daß die Sache ganz
oder theilweiſe der obrigkeitlichen Gewahrſam oder Aufſicht entzogen,
oder bei Seite geſchafft, verbracht oder zerſtört wird.

I. Die Strafe — Gefängniß bis zu Einem Jahre b) — trifft nur
denjenigen, welcher vorſätzlich gehandelt hat.

II. Auch der Ehegatte des Gepfändeten ſo wie deſſen Verwandte
und Verſchwägerte in auf- und abſteigender Linie werden wegen einer

a) Verhandlungen. IV. S. 377-82.
b) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 251. (272.)
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[512/0522] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXV. Strafbarer Eigennutz. ſungsgrund für die Beſtrafung. Fälle dieſer Art und ſolche, wo die gewinnſüchtige Abſicht des Thäters das Vergehen dem Diebſtahle nahe bringt, ſind denn auch gemeint, wenn dem Richter frei geſtellt iſt, neben der Gefängnißſtrafe auf zeitige Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen. Gegen das unbedingte Eintreten der Ehrenſtrafe, im Fall gewinnſüchtige Abſicht vorliegt, welches der Entwurf von 1847. vorge- ſchrieben hatte, wurden ſchon in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſe mehrfache Bedenken laut. a) III. Iſt das Vergehen durch Ehegatten, Eltern, Geſchwiſter u. ſ. w. verübt worden, ſo kommen die Regeln der §§. 228. und 229. zur Anwendung. §. 272. Wer Sachen, welche durch die zuſtändigen Behörden oder Beamtengegen ihn gepfändet oder in Beſchlag genommen worden ſind, vorſätzlich ganz oder theilweiſe der Pfändung oder Beſchlagnahme entzieht, bei Seite ſchafft, ver- bringt oder zerſtört, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre beſtraft. Mit der nämlichen Strafe werden beſtraft: 1) der Ehegatte des Gepfändeten, deſſen Verwandte oder Verſchwägerte in auf- oder abſteigender Linie, welche mit Kenntniß der Pfändung oder Beſchlagnahme ſich einer der gedachten Handlungen ſchuldig machen; 2) der von der Behörde oder dem Beamten beſtellte Hüter, welcher im Intereſſe des Gepfändeten eine der gedachten Handlungen ſelbſt verübt, oder, daß ſie von einem Dritten verübt wird, geſtattet; 3) ein Dritter, welcher im Intereſſe des Gepfändeten, mit Kenntniß der Pfändung oder Beſchlagnahme, eine der gedachten Handlungen verübt. Während der vorhergehende Paragraph die Rechte des Privat- pfandgläubigers gegen die Entwendung des Eigenthümers ſchützt, iſt die Vorſchrift des §. 272. gegen Handlungen gerichtet, durch welche die von zuſtändigen Behörden oder Beamten vorgenommene Pfändung oder Beſchlagnahme wirkungslos gemacht wird, ſei es, daß die Sache ganz oder theilweiſe der obrigkeitlichen Gewahrſam oder Aufſicht entzogen, oder bei Seite geſchafft, verbracht oder zerſtört wird. I. Die Strafe — Gefängniß bis zu Einem Jahre b) — trifft nur denjenigen, welcher vorſätzlich gehandelt hat. II. Auch der Ehegatte des Gepfändeten ſo wie deſſen Verwandte und Verſchwägerte in auf- und abſteigender Linie werden wegen einer a) Verhandlungen. IV. S. 377-82. b) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 251. (272.)

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/522>, abgerufen am 26.04.2024.