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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.

Ich bin also ein Verbrecher!? Ha! Das ist
ausgezeichnet!

Wenn ich wöchentlich, wie Girlinger, 10 Mark
Taschengeld hätte, brauchte ich nicht zu stehlen, und
wenn die Pauker keine überflüssigen Bemerkungen
schmierten, brauchte ich kein Eau de Javelle.

Also? Logik? Schluß? Die Hauptsache ist:
Sich nicht erwischen lassen!"

An Girlinger verriet er von seinen Streichen
nichts. Er wußte, daß dieser "unfähig war,
derlei zu verstehen".

Und doch hätte er gerne Jemand gehabt, dem
ers sagen könnte.

Einmal hatte er bei Martha den Versuch ge¬
macht, indem er sie fragte, sehr feierlich, was sie
dazu sagen würde, wenn Jemand ihretwegen ein
Verbrechen beginge. Es gruselte ihn angenehm,
wie er das sagte.

Sie aber antwortete blos: Den würd'ch an¬
zeigen.

Das gab ihm einen Stoß, und er fand von
jetzt ab, daß "diese Person sehr gewöhnlich" sei.

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Stilpe.

Ich bin alſo ein Verbrecher!? Ha! Das iſt
ausgezeichnet!

Wenn ich wöchentlich, wie Girlinger, 10 Mark
Taſchengeld hätte, brauchte ich nicht zu ſtehlen, und
wenn die Pauker keine überflüſſigen Bemerkungen
ſchmierten, brauchte ich kein Eau de Javelle.

Alſo? Logik? Schluß? Die Hauptſache iſt:
Sich nicht erwiſchen laſſen!“

An Girlinger verriet er von ſeinen Streichen
nichts. Er wußte, daß dieſer „unfähig war,
derlei zu verſtehen“.

Und doch hätte er gerne Jemand gehabt, dem
ers ſagen könnte.

Einmal hatte er bei Martha den Verſuch ge¬
macht, indem er ſie fragte, ſehr feierlich, was ſie
dazu ſagen würde, wenn Jemand ihretwegen ein
Verbrechen beginge. Es gruſelte ihn angenehm,
wie er das ſagte.

Sie aber antwortete blos: Den würd'ch an¬
zeigen.

Das gab ihm einen Stoß, und er fand von
jetzt ab, daß „dieſe Perſon ſehr gewöhnlich“ ſei.

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[122/0136] Stilpe. Ich bin alſo ein Verbrecher!? Ha! Das iſt ausgezeichnet! Wenn ich wöchentlich, wie Girlinger, 10 Mark Taſchengeld hätte, brauchte ich nicht zu ſtehlen, und wenn die Pauker keine überflüſſigen Bemerkungen ſchmierten, brauchte ich kein Eau de Javelle. Alſo? Logik? Schluß? Die Hauptſache iſt: Sich nicht erwiſchen laſſen!“ An Girlinger verriet er von ſeinen Streichen nichts. Er wußte, daß dieſer „unfähig war, derlei zu verſtehen“. Und doch hätte er gerne Jemand gehabt, dem ers ſagen könnte. Einmal hatte er bei Martha den Verſuch ge¬ macht, indem er ſie fragte, ſehr feierlich, was ſie dazu ſagen würde, wenn Jemand ihretwegen ein Verbrechen beginge. Es gruſelte ihn angenehm, wie er das ſagte. Sie aber antwortete blos: Den würd'ch an¬ zeigen. Das gab ihm einen Stoß, und er fand von jetzt ab, daß „dieſe Perſon ſehr gewöhnlich“ ſei. [Abbildung]

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/136>, abgerufen am 27.04.2024.