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Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681.

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lischen Hertz-Gastes.
und in den Himmel/ in das Geistliche und
ewige Reich Gottes/ geleitet werde.

Du gibest dich aber/ du Heiligster!
nur in die heilige Seelen: dann wie solte
der Heilige wohnen/ bey den Unheiligen?
Jch bekenne ja leider! du findest hier keine
heilige Seele. Der Satan und die Sün-
de haben sie verfinstert/ widerspenstig und
zum Guten onmächtig gemacht. Wie oft
habe ich darum mich selber verdammet!
Aber was würde meinem Gott meine
Verdammnis nützen? und er hat mich ja
zur Seeligkeit erschaffen. Womit würde
ich Gott in der Hölle dienen/ da man ihn
weder liebet und lobet/ und da er nur ge-
lästert wird?

Du weist ja/ O du Allwissender!
und hast es selber gesagt/ daß das Dich-
ten des Menschlichen Hertzen böse ist von
Jugend auf. So weiß auch ich und be-
kenne/ daß in mir/ in meinem Fleisch/ nichts
Gutes wohnet. Wollen habe ich wol:
aber vollbringen das Gute/ finde ich nicht.
Das Gute/ das ich will/ thue ich nicht: son-
dern das Böse/ das ich nicht will/ thue ich.
Jch habe schon längst erfahren/ daß ich
nicht kan züchtig seyn/ oder in deiner Zucht
und Furcht leben/ du gebest mir es dann: und
diß ist schon deine Gnade/ erkennen/ weß

sol-
N

liſchen Hertz-Gaſtes.
und in den Himmel/ in das Geiſtliche und
ewige Reich Gottes/ geleitet werde.

Du gibeſt dich aber/ du Heiligſter!
nur in die heilige Seelen: dann wie ſolte
der Heilige wohnen/ bey den Unheiligen?
Jch bekenne ja leider! du findeſt hier keine
heilige Seele. Der Satan und die Suͤn-
de haben ſie verfinſtert/ widerſpenſtig und
zum Guten onmaͤchtig gemacht. Wie oft
habe ich darum mich ſelber verdammet!
Aber was wuͤrde meinem Gott meine
Verdammnis nuͤtzen? und er hat mich ja
zur Seeligkeit erſchaffen. Womit wuͤrde
ich Gott in der Hoͤlle dienen/ da man ihn
weder liebet und lobet/ und da er nur ge-
laͤſtert wird?

Du weiſt ja/ O du Allwiſſender!
und haſt es ſelber geſagt/ daß das Dich-
ten des Menſchlichen Hertzen boͤſe iſt von
Jugend auf. So weiß auch ich und be-
kenne/ daß in mir/ in meinem Fleiſch/ nichts
Gutes wohnet. Wollen habe ich wol:
aber vollbringen das Gute/ finde ich nicht.
Das Gute/ das ich will/ thue ich nicht: ſon-
dern das Boͤſe/ das ich nicht will/ thue ich.
Jch habe ſchon laͤngſt erfahren/ daß ich
nicht kan zuͤchtig ſeyn/ oder in deiner Zucht
und Furcht leben/ du gebeſt miꝛ es dañ: und
diß iſt ſchon deine Gnade/ erkennen/ weß

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[193/0221] liſchen Hertz-Gaſtes. und in den Himmel/ in das Geiſtliche und ewige Reich Gottes/ geleitet werde. Du gibeſt dich aber/ du Heiligſter! nur in die heilige Seelen: dann wie ſolte der Heilige wohnen/ bey den Unheiligen? Jch bekenne ja leider! du findeſt hier keine heilige Seele. Der Satan und die Suͤn- de haben ſie verfinſtert/ widerſpenſtig und zum Guten onmaͤchtig gemacht. Wie oft habe ich darum mich ſelber verdammet! Aber was wuͤrde meinem Gott meine Verdammnis nuͤtzen? und er hat mich ja zur Seeligkeit erſchaffen. Womit wuͤrde ich Gott in der Hoͤlle dienen/ da man ihn weder liebet und lobet/ und da er nur ge- laͤſtert wird? Du weiſt ja/ O du Allwiſſender! und haſt es ſelber geſagt/ daß das Dich- ten des Menſchlichen Hertzen boͤſe iſt von Jugend auf. So weiß auch ich und be- kenne/ daß in mir/ in meinem Fleiſch/ nichts Gutes wohnet. Wollen habe ich wol: aber vollbringen das Gute/ finde ich nicht. Das Gute/ das ich will/ thue ich nicht: ſon- dern das Boͤſe/ das ich nicht will/ thue ich. Jch habe ſchon laͤngſt erfahren/ daß ich nicht kan zuͤchtig ſeyn/ oder in deiner Zucht und Furcht leben/ du gebeſt miꝛ es dañ: und diß iſt ſchon deine Gnade/ erkennen/ weß ſol- N

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Heiliger Sonntags-Handel und Kirch-Wandel. Nürnberg, 1681, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_sonntagswandel_1681/221>, abgerufen am 26.04.2024.