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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Hingegen scheint mir das Frettchen, nicht für
eine besondere Gattung, sondern für eine bloße Abart
des Iltis gehalten werden zu müssen, nicht sowohl
weil ich weiß, daß beyde sich mit einander gatten,
sondern weil jenes rothe Augensterne hat, und mei-
nes Dafürhaltens alle jene Säugthiere, deren inne-
res Auge des dunkeln Pigments ermangelt, nach der
Analogie für bloße Abarten von ihrer Urspezies zu
halten sind.

§. 24.
Anwendung des Gesagten auf die Untersuchung, wie man
in dem Menschengeschlecht entweder Abarten oder Gattun-
gen zu setzen habe?

Man sieht leichtlich ein, wohin das bisher Ge-
sagte ziele. Es giebt ihm zufolge außer der Analo-
gie keinen andern Weg, auf welchem man das oben
angeführte Promblem zu lösen im Stande wäre
(§. 22.)

Wer aber diesen Weg einschlägt, muß immer
die zwo goldnen Regeln des großen Newton im Phi-
losophiren vor Augen haben.

Die erste heißt: "Für natürliche Wirkungen
von einerley Gattung muß man auch einer-
ley Ursachen auszeichnen."

Wir müssen also für die körperliche Verschieden-
heit der Völker des Menschengeschlechts dieselben Ur-
sachen anzeichnen, welche wir den ähnlicher körper-
licher Verschiedenheit anderer zahmen, weit auf der
Erde verbreiteter Thiere, anzeichnen.

Hingegen scheint mir das Frettchen, nicht für
eine besondere Gattung, sondern für eine bloße Abart
des Iltis gehalten werden zu müssen, nicht sowohl
weil ich weiß, daß beyde sich mit einander gatten,
sondern weil jenes rothe Augensterne hat, und mei-
nes Dafürhaltens alle jene Säugthiere, deren inne-
res Auge des dunkeln Pigments ermangelt, nach der
Analogie für bloße Abarten von ihrer Urspezies zu
halten sind.

§. 24.
Anwendung des Gesagten auf die Untersuchung, wie man
in dem Menschengeschlecht entweder Abarten oder Gattun-
gen zu setzen habe?

Man sieht leichtlich ein, wohin das bisher Ge-
sagte ziele. Es giebt ihm zufolge außer der Analo-
gie keinen andern Weg, auf welchem man das oben
angeführte Promblem zu lösen im Stande wäre
(§. 22.)

Wer aber diesen Weg einschlägt, muß immer
die zwo goldnen Regeln des großen Newton im Phi-
losophiren vor Augen haben.

Die erste heißt: „Für natürliche Wirkungen
von einerley Gattung muß man auch einer-
ley Ursachen auszeichnen.“

Wir müssen also für die körperliche Verschieden-
heit der Völker des Menschengeschlechts dieselben Ur-
sachen anzeichnen, welche wir den ähnlicher körper-
licher Verschiedenheit anderer zahmen, weit auf der
Erde verbreiteter Thiere, anzeichnen.

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[62/0096] Hingegen scheint mir das Frettchen, nicht für eine besondere Gattung, sondern für eine bloße Abart des Iltis gehalten werden zu müssen, nicht sowohl weil ich weiß, daß beyde sich mit einander gatten, sondern weil jenes rothe Augensterne hat, und mei- nes Dafürhaltens alle jene Säugthiere, deren inne- res Auge des dunkeln Pigments ermangelt, nach der Analogie für bloße Abarten von ihrer Urspezies zu halten sind. §. 24. Anwendung des Gesagten auf die Untersuchung, wie man in dem Menschengeschlecht entweder Abarten oder Gattun- gen zu setzen habe? Man sieht leichtlich ein, wohin das bisher Ge- sagte ziele. Es giebt ihm zufolge außer der Analo- gie keinen andern Weg, auf welchem man das oben angeführte Promblem zu lösen im Stande wäre (§. 22.) Wer aber diesen Weg einschlägt, muß immer die zwo goldnen Regeln des großen Newton im Phi- losophiren vor Augen haben. Die erste heißt: „Für natürliche Wirkungen von einerley Gattung muß man auch einer- ley Ursachen auszeichnen.“ Wir müssen also für die körperliche Verschieden- heit der Völker des Menschengeschlechts dieselben Ur- sachen anzeichnen, welche wir den ähnlicher körper- licher Verschiedenheit anderer zahmen, weit auf der Erde verbreiteter Thiere, anzeichnen.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/96>, abgerufen am 26.04.2024.