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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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Bewegung, berufensten Pflanzen, (wie z. E. beym hedysa-
rum
gyrans*)) keine echte Spur zu erkennen ist.

Anm. - Wenigstens kenne ich kein einziges Thier, das seine Nah-
rung ohne willkürliche Bewegung, und hingegen keine einzige
Pflanze, welche die ihrige mittelst derselben zu sich nähme.

§. 179.

Aus den gedachter Maßen von den Gewächsen eingesogenen
und assimilirten Nahrungsstoffen werden nun die ihnen eigenen
specifiken Säfte abgeschieden, da z. B. manche einen milchigen,
theils ätzenden Saft enthalten; andere Gummi geben; verschie-
dene Bäume, zumal unter den Nadelhölzern, im höhern Alter
Harz bereiten. Andere Pflanzentheile enthalten Mehl, Manna,
Wachs, fette und ätherische Oehle, Kampfer etc. Einige we-
nige das sogenannte Federharz (cahutchuc) u. s. w.**).

Anm. Hierher gehören auch die specifiken Ausdünstungen gewisser
Pflanzen, wie z. B. die harzigen entzündbaren des weißen Dip-
tams etc.

§. 180.

Daß aber diese verschiedenen Säfte durch mancherlei Ab-
scheidungen (secretiones) und Veränderungen der eingesoge-
nen Nahrungssäfte in den Gewächsen selbst bereitet wer-
den müssen, erhellet schon daraus, weil im gleichen Erdreich
und auf demselben Gartenbeete die Raute ihre bittern, der Sau-
erampfer seine sauren und der Lattich seine kühlenden Säfte er-
hält; und weil selbst die Säfte in den verschiedenen Theilen ein
und eben derselben Pflanze, ja in einer und eben derselben Frucht,
dennoch so äußerst verschieden seyn können.

§. 181.

Freilich aber trägt auch allerdings die Verschiedenheit des
Bodens***) und des Climas zur verschiedenen Beschaffen-
heit der Säfte in den Pflanzen vieles bei: daher denn eines Theils

*) Vergl. davon C. W. Hufeland's kleine medizinische Schrif-
ten 1ten B. Taf. I. fig. 1. 2.
**) Zu den allerauffallendsten Producten des Secretionsgeschäfts
der Gewächse gehört wohl das längst berühmte, aber erst neuerlich
recht untersuchte Tabaschir, eine meist milchblaue, an den Kanten
durchscheinende, halbharte, spröde Substanz, die sich zuweilen in ein-
zelnen Absätzen des Bambusrohrs findet, und sowohl im äußern An-
sehen, und daß sie im Wasser durchsichtig wird, als auch sogar in
Rücksicht ihrer Bestandtheile, dem mineralischen Hydrophan oder Welt-
auge ähnelt. - s. Dr. Patr. Russel und Jam. L. Magie in den
philosoph. Transact. Vol. LXXX. und LXXXI. und Dr. Dav.
Brewster in eben diesen Transact. von 1819.
***) Der Boden und sein Verhältniß zu den Gewächsen: von
G. Fr. W. Crome. Hannov. 1812. 8.

Bewegung, berufensten Pflanzen, (wie z. E. beym hedysa-
rum
gyrans*)) keine echte Spur zu erkennen ist.

Anm. – Wenigstens kenne ich kein einziges Thier, das seine Nah-
rung ohne willkürliche Bewegung, und hingegen keine einzige
Pflanze, welche die ihrige mittelst derselben zu sich nähme.

§. 179.

Aus den gedachter Maßen von den Gewächsen eingesogenen
und assimilirten Nahrungsstoffen werden nun die ihnen eigenen
specifiken Säfte abgeschieden, da z. B. manche einen milchigen,
theils ätzenden Saft enthalten; andere Gummi geben; verschie-
dene Bäume, zumal unter den Nadelhölzern, im höhern Alter
Harz bereiten. Andere Pflanzentheile enthalten Mehl, Manna,
Wachs, fette und ätherische Oehle, Kampfer ꝛc. Einige we-
nige das sogenannte Federharz (cahutchuc) u. s. w.**).

Anm. Hierher gehören auch die specifiken Ausdünstungen gewisser
Pflanzen, wie z. B. die harzigen entzündbaren des weißen Dip-
tams ꝛc.

§. 180.

Daß aber diese verschiedenen Säfte durch mancherlei Ab-
scheidungen (secretiones) und Veränderungen der eingesoge-
nen Nahrungssäfte in den Gewächsen selbst bereitet wer-
den müssen, erhellet schon daraus, weil im gleichen Erdreich
und auf demselben Gartenbeete die Raute ihre bittern, der Sau-
erampfer seine sauren und der Lattich seine kühlenden Säfte er-
hält; und weil selbst die Säfte in den verschiedenen Theilen ein
und eben derselben Pflanze, ja in einer und eben derselben Frucht,
dennoch so äußerst verschieden seyn können.

§. 181.

Freilich aber trägt auch allerdings die Verschiedenheit des
Bodens***) und des Climas zur verschiedenen Beschaffen-
heit der Säfte in den Pflanzen vieles bei: daher denn eines Theils

*) Vergl. davon C. W. Hufeland's kleine medizinische Schrif-
ten 1ten B. Taf. I. fig. 1. 2.
**) Zu den allerauffallendsten Producten des Secretionsgeschäfts
der Gewächse gehört wohl das längst berühmte, aber erst neuerlich
recht untersuchte Tabaschir, eine meist milchblaue, an den Kanten
durchscheinende, halbharte, spröde Substanz, die sich zuweilen in ein-
zelnen Absätzen des Bambusrohrs findet, und sowohl im äußern An-
sehen, und daß sie im Wasser durchsichtig wird, als auch sogar in
Rücksicht ihrer Bestandtheile, dem mineralischen Hydrophan oder Welt-
auge ähnelt. – s. Dr. Patr. Russel und Jam. L. Magie in den
philosoph. Transact. Vol. LXXX. und LXXXI. und Dr. Dav.
Brewster in eben diesen Transact. von 1819.
***) Der Boden und sein Verhältniß zu den Gewächsen: von
G. Fr. W. Crome. Hannov. 1812. 8.
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[340/0350] Bewegung, berufensten Pflanzen, (wie z. E. beym hedysa- rum gyrans *)) keine echte Spur zu erkennen ist. Anm. – Wenigstens kenne ich kein einziges Thier, das seine Nah- rung ohne willkürliche Bewegung, und hingegen keine einzige Pflanze, welche die ihrige mittelst derselben zu sich nähme. §. 179. Aus den gedachter Maßen von den Gewächsen eingesogenen und assimilirten Nahrungsstoffen werden nun die ihnen eigenen specifiken Säfte abgeschieden, da z. B. manche einen milchigen, theils ätzenden Saft enthalten; andere Gummi geben; verschie- dene Bäume, zumal unter den Nadelhölzern, im höhern Alter Harz bereiten. Andere Pflanzentheile enthalten Mehl, Manna, Wachs, fette und ätherische Oehle, Kampfer ꝛc. Einige we- nige das sogenannte Federharz (cahutchuc) u. s. w. **). Anm. Hierher gehören auch die specifiken Ausdünstungen gewisser Pflanzen, wie z. B. die harzigen entzündbaren des weißen Dip- tams ꝛc. §. 180. Daß aber diese verschiedenen Säfte durch mancherlei Ab- scheidungen (secretiones) und Veränderungen der eingesoge- nen Nahrungssäfte in den Gewächsen selbst bereitet wer- den müssen, erhellet schon daraus, weil im gleichen Erdreich und auf demselben Gartenbeete die Raute ihre bittern, der Sau- erampfer seine sauren und der Lattich seine kühlenden Säfte er- hält; und weil selbst die Säfte in den verschiedenen Theilen ein und eben derselben Pflanze, ja in einer und eben derselben Frucht, dennoch so äußerst verschieden seyn können. §. 181. Freilich aber trägt auch allerdings die Verschiedenheit des Bodens ***) und des Climas zur verschiedenen Beschaffen- heit der Säfte in den Pflanzen vieles bei: daher denn eines Theils *) Vergl. davon C. W. Hufeland's kleine medizinische Schrif- ten 1ten B. Taf. I. fig. 1. 2. **) Zu den allerauffallendsten Producten des Secretionsgeschäfts der Gewächse gehört wohl das längst berühmte, aber erst neuerlich recht untersuchte Tabaschir, eine meist milchblaue, an den Kanten durchscheinende, halbharte, spröde Substanz, die sich zuweilen in ein- zelnen Absätzen des Bambusrohrs findet, und sowohl im äußern An- sehen, und daß sie im Wasser durchsichtig wird, als auch sogar in Rücksicht ihrer Bestandtheile, dem mineralischen Hydrophan oder Welt- auge ähnelt. – s. Dr. Patr. Russel und Jam. L. Magie in den philosoph. Transact. Vol. LXXX. und LXXXI. und Dr. Dav. Brewster in eben diesen Transact. von 1819. ***) Der Boden und sein Verhältniß zu den Gewächsen: von G. Fr. W. Crome. Hannov. 1812. 8.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/350>, abgerufen am 26.04.2024.