Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

manche in fremden Boden verpflanzte Gewächse so wie in ihrer
Bildung, so auch in der Beschaffenheit ihrer Säfte, verändert
werden, dadurch von ihren Kräften verlieren etc. andere hin-
gegen eben dadurch noch gewinnen und veredelt werden.

§. 182.

Ueberhaupt nährt fast jeder Boden seine bestimmten, ihm
angemessenen Pflanzen*), so daß man zuweilen schon aus den
einheimischen Gewächsen einer Gegend die Beschaffenheit ihres
Bodens errathen kann; doch hat die Vorsehung manchen, für
das Menschengeschlecht allerwichtigsten Gewächsen den großen
Vorzug verliehen, sich entweder leicht an jedes fremde Clima
zu gewöhnen, so daß z. B. die schwächlich scheinenden Getreide-
arten etc. besser als Eichen u. a. noch so robust aussehende Bäu-
me in ganz verschiedenen Himmelsstriche; die aus Chili ab-
stammenden Kartoffeln nun in allen fünf Welttheilen fortkom-
men etc.; oder, wenn sie auch an ein bestimmtes Clima gebunden
sind, doch daselbst in jeder Art von Boden gedeihen, wie z. B.
die Cocospalme, die eben so üppig im steinigen und Sandland
als im fetten Erdreich vegetirt.

§. 183.

Anderseits ist aber auch auffallend, daß gewisse Länder (wie
z. B. das Cap und Neu-Holland) eine so große Mannigfal-
tigkeit von recht ausgezeichneten Pflanzen-Geschlechtern aus-
schließlich hervorbringen, und dagegen ansehnliche Ordnungen
von Gewächsen großen Erdstrichen gänzlich abgehen. So hat
der heiße Erdgürtel fast keine Kohl- und Rübenarten. So fin-
den sich aus den westindischen Inseln vergleichungsweise wenige
Laub-Moose (musci frontosi) und hingegen desto mannigfal-
tigere Farnkräuter etc.

§. 184.

Endlich ist auch noch die Verschiedenheit in Rücksicht der
Vegetation der Gewächse anmerkenswerth, die ebenfalls im Thier-
reich, zumal bei den Insecten, Statt hat, daß nämlich manche
nur isolirt und einsam leben, da hingegen andere dicht beisam-

*) Fr. Stromeyer historiae vegetabilium geographicae spe-
cimen
. Goett. 1800. 4. Al. de Humboldt Essai sur la Geographie des plantes.
Par. 1807. fol. Ej. Prolegomena de distributione geographica plantarum
vor seinen Nove genera et species. Joach. Fr. Schouw Grundzüge einer allgemeinen Pflanzen-
Geographie. Verl. 1823. 8. mit Atlas.

manche in fremden Boden verpflanzte Gewächse so wie in ihrer
Bildung, so auch in der Beschaffenheit ihrer Säfte, verändert
werden, dadurch von ihren Kräften verlieren ꝛc. andere hin-
gegen eben dadurch noch gewinnen und veredelt werden.

§. 182.

Ueberhaupt nährt fast jeder Boden seine bestimmten, ihm
angemessenen Pflanzen*), so daß man zuweilen schon aus den
einheimischen Gewächsen einer Gegend die Beschaffenheit ihres
Bodens errathen kann; doch hat die Vorsehung manchen, für
das Menschengeschlecht allerwichtigsten Gewächsen den großen
Vorzug verliehen, sich entweder leicht an jedes fremde Clima
zu gewöhnen, so daß z. B. die schwächlich scheinenden Getreide-
arten ꝛc. besser als Eichen u. a. noch so robust aussehende Bäu-
me in ganz verschiedenen Himmelsstriche; die aus Chili ab-
stammenden Kartoffeln nun in allen fünf Welttheilen fortkom-
men ꝛc.; oder, wenn sie auch an ein bestimmtes Clima gebunden
sind, doch daselbst in jeder Art von Boden gedeihen, wie z. B.
die Cocospalme, die eben so üppig im steinigen und Sandland
als im fetten Erdreich vegetirt.

§. 183.

Anderseits ist aber auch auffallend, daß gewisse Länder (wie
z. B. das Cap und Neu-Holland) eine so große Mannigfal-
tigkeit von recht ausgezeichneten Pflanzen-Geschlechtern aus-
schließlich hervorbringen, und dagegen ansehnliche Ordnungen
von Gewächsen großen Erdstrichen gänzlich abgehen. So hat
der heiße Erdgürtel fast keine Kohl- und Rübenarten. So fin-
den sich aus den westindischen Inseln vergleichungsweise wenige
Laub-Moose (musci frontosi) und hingegen desto mannigfal-
tigere Farnkräuter ꝛc.

§. 184.

Endlich ist auch noch die Verschiedenheit in Rücksicht der
Vegetation der Gewächse anmerkenswerth, die ebenfalls im Thier-
reich, zumal bei den Insecten, Statt hat, daß nämlich manche
nur isolirt und einsam leben, da hingegen andere dicht beisam-

*) Fr. Stromeyer historiae vegetabilium geographicae spe-
cimen
. Goett. 1800. 4. Al. de Humboldt Essai sur la Géographie des plantes.
Par. 1807. fol. Ej. Prolegomena de distributione geographica plantarum
vor seinen Nove genera et species. Joach. Fr. Schouw Grundzüge einer allgemeinen Pflanzen-
Geographie. Verl. 1823. 8. mit Atlas.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance" xml:id="blume_hbnatur_000042">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0351" xml:id="pb341_0001" n="341"/>
manche in fremden Boden verpflanzte Gewächse so wie in ihrer<lb/>
Bildung, so auch in der Beschaffenheit ihrer Säfte, verändert<lb/>
werden, dadurch von ihren Kräften verlieren &#xA75B;c. andere hin-<lb/>
gegen eben dadurch noch gewinnen und veredelt werden.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 182.</head><lb/>
          <p>Ueberhaupt nährt fast jeder Boden seine bestimmten, ihm<lb/>
angemessenen Pflanzen<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Fr. Stromeyer</hi></hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">historiae vegetabilium geographicae spe-<lb/>
cimen</hi></hi>. <hi rendition="#aq">Goett</hi>. 1800. 4.</p><p><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Al. de Humboldt</hi></hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Essai sur la Géographie des plantes</hi></hi>.<lb/><hi rendition="#aq">Par</hi>. 1807. <hi rendition="#aq">fol</hi>.</p><p><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Ej</hi></hi>. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Prolegomena de distributione geographica plantarum</hi></hi><lb/>
vor seinen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Nove genera et species</hi></hi>.</p><p><hi rendition="#g">Joach. Fr</hi>. <hi rendition="#g">Schouw</hi> Grundzüge einer allgemeinen Pflanzen-<lb/>
Geographie. Verl. 1823. 8. mit Atlas.</p></note>, so daß man zuweilen schon aus den<lb/>
einheimischen Gewächsen einer Gegend die Beschaffenheit ihres<lb/>
Bodens errathen kann; doch hat die Vorsehung manchen, für<lb/>
das Menschengeschlecht allerwichtigsten Gewächsen den großen<lb/>
Vorzug verliehen, sich entweder leicht an jedes fremde Clima<lb/>
zu gewöhnen, so daß z. B. die schwächlich scheinenden Getreide-<lb/>
arten &#xA75B;c. besser als Eichen u. a. noch so robust aussehende Bäu-<lb/>
me in ganz verschiedenen Himmelsstriche; die aus Chili ab-<lb/>
stammenden Kartoffeln nun in allen fünf Welttheilen fortkom-<lb/>
men &#xA75B;c.; oder, wenn sie auch an ein bestimmtes Clima gebunden<lb/>
sind, doch daselbst in jeder Art von Boden gedeihen, wie z. B.<lb/>
die Cocospalme, die eben so üppig im steinigen und Sandland<lb/>
als im fetten Erdreich vegetirt.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 183.</head><lb/>
          <p>Anderseits ist aber auch auffallend, daß gewisse Länder (wie<lb/>
z. B. das Cap und Neu-Holland) eine so große Mannigfal-<lb/>
tigkeit von recht ausgezeichneten Pflanzen-Geschlechtern aus-<lb/>
schließlich hervorbringen, und dagegen ansehnliche Ordnungen<lb/>
von Gewächsen großen Erdstrichen gänzlich abgehen. So hat<lb/>
der heiße Erdgürtel fast keine Kohl- und Rübenarten. So fin-<lb/>
den sich aus den westindischen Inseln vergleichungsweise wenige<lb/>
Laub-Moose (<hi rendition="#aq">musci frontosi</hi>) und hingegen desto mannigfal-<lb/>
tigere Farnkräuter &#xA75B;c.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 184.</head><lb/>
          <p>Endlich ist auch noch die Verschiedenheit in Rücksicht der<lb/>
Vegetation der Gewächse anmerkenswerth, die ebenfalls im Thier-<lb/>
reich, zumal bei den Insecten, Statt hat, daß nämlich manche<lb/>
nur isolirt und einsam leben, da hingegen andere dicht beisam-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0351] manche in fremden Boden verpflanzte Gewächse so wie in ihrer Bildung, so auch in der Beschaffenheit ihrer Säfte, verändert werden, dadurch von ihren Kräften verlieren ꝛc. andere hin- gegen eben dadurch noch gewinnen und veredelt werden. §. 182. Ueberhaupt nährt fast jeder Boden seine bestimmten, ihm angemessenen Pflanzen *), so daß man zuweilen schon aus den einheimischen Gewächsen einer Gegend die Beschaffenheit ihres Bodens errathen kann; doch hat die Vorsehung manchen, für das Menschengeschlecht allerwichtigsten Gewächsen den großen Vorzug verliehen, sich entweder leicht an jedes fremde Clima zu gewöhnen, so daß z. B. die schwächlich scheinenden Getreide- arten ꝛc. besser als Eichen u. a. noch so robust aussehende Bäu- me in ganz verschiedenen Himmelsstriche; die aus Chili ab- stammenden Kartoffeln nun in allen fünf Welttheilen fortkom- men ꝛc.; oder, wenn sie auch an ein bestimmtes Clima gebunden sind, doch daselbst in jeder Art von Boden gedeihen, wie z. B. die Cocospalme, die eben so üppig im steinigen und Sandland als im fetten Erdreich vegetirt. §. 183. Anderseits ist aber auch auffallend, daß gewisse Länder (wie z. B. das Cap und Neu-Holland) eine so große Mannigfal- tigkeit von recht ausgezeichneten Pflanzen-Geschlechtern aus- schließlich hervorbringen, und dagegen ansehnliche Ordnungen von Gewächsen großen Erdstrichen gänzlich abgehen. So hat der heiße Erdgürtel fast keine Kohl- und Rübenarten. So fin- den sich aus den westindischen Inseln vergleichungsweise wenige Laub-Moose (musci frontosi) und hingegen desto mannigfal- tigere Farnkräuter ꝛc. §. 184. Endlich ist auch noch die Verschiedenheit in Rücksicht der Vegetation der Gewächse anmerkenswerth, die ebenfalls im Thier- reich, zumal bei den Insecten, Statt hat, daß nämlich manche nur isolirt und einsam leben, da hingegen andere dicht beisam- *) Fr. Stromeyer historiae vegetabilium geographicae spe- cimen. Goett. 1800. 4. Al. de Humboldt Essai sur la Géographie des plantes. Par. 1807. fol. Ej. Prolegomena de distributione geographica plantarum vor seinen Nove genera et species. Joach. Fr. Schouw Grundzüge einer allgemeinen Pflanzen- Geographie. Verl. 1823. 8. mit Atlas.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/351
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/351>, abgerufen am 04.05.2024.