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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795.

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nicht alle Theile des Herzens hören alsdann zugleich
zu schlagen auf, sondern die rechte Herzkammer
sammt seiner Vorkammer beweget sich etwas län-
ger als die linke Herzkammer a).

Dieß muß auch nothwendig so erfolgen. Denn
das Blut, welches durch die Hohlvenen in das Herz
so eben zurückfließt, kann nun nach dem letzten
Athemzug nicht mehr in die zusammen gefallenen
Lungen ausströmen; indessen hat derjenige Theil
der Blutmasse, der aus den Lungen in die linke
Herzkammer strömte, seinen Lauf durch die große
Schlagader in das ganze Arteriensystem bereits an-
getreten, und drückt nun auf die vor ihm stehende
Maße des venösen Blutes.

a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten,
daß die rechte Herzkammer von der Menge des
venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den
gewöhnlichen Lauf der Natur zuerst zu bewegen
sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bey der
Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach-
tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an-
fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge-
meiniglich geschieht,) in die größte Unordnung,
so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf-
einander zusammenzogen, indeß beyde Herzkam-
mern still standen; endlich schlug die linke Herz-
kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe-
weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens
acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen
linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und
im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann
alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach
drey Minuten das Herz, welches nicht mehr reitz-

nicht alle Theile des Herzens hören alsdann zugleich
zu schlagen auf, sondern die rechte Herzkammer
sammt seiner Vorkammer beweget sich etwas län-
ger als die linke Herzkammer a).

Dieß muß auch nothwendig so erfolgen. Denn
das Blut, welches durch die Hohlvenen in das Herz
so eben zurückfließt, kann nun nach dem letzten
Athemzug nicht mehr in die zusammen gefallenen
Lungen ausströmen; indessen hat derjenige Theil
der Blutmasse, der aus den Lungen in die linke
Herzkammer strömte, seinen Lauf durch die große
Schlagader in das ganze Arteriensystem bereits an-
getreten, und drückt nun auf die vor ihm stehende
Maße des venösen Blutes.

a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten,
daß die rechte Herzkammer von der Menge des
venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den
gewöhnlichen Lauf der Natur zuerst zu bewegen
sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bey der
Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach-
tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an-
fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge-
meiniglich geschieht,) in die größte Unordnung,
so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf-
einander zusammenzogen, indeß beyde Herzkam-
mern still standen; endlich schlug die linke Herz-
kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe-
weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens
acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen
linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und
im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann
alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach
drey Minuten das Herz, welches nicht mehr reitz-

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[63/0081] nicht alle Theile des Herzens hören alsdann zugleich zu schlagen auf, sondern die rechte Herzkammer sammt seiner Vorkammer beweget sich etwas län- ger als die linke Herzkammer a). Dieß muß auch nothwendig so erfolgen. Denn das Blut, welches durch die Hohlvenen in das Herz so eben zurückfließt, kann nun nach dem letzten Athemzug nicht mehr in die zusammen gefallenen Lungen ausströmen; indessen hat derjenige Theil der Blutmasse, der aus den Lungen in die linke Herzkammer strömte, seinen Lauf durch die große Schlagader in das ganze Arteriensystem bereits an- getreten, und drückt nun auf die vor ihm stehende Maße des venösen Blutes. a) Doch geschieht es zuweilen, obgleich sehr selten, daß die rechte Herzkammer von der Menge des venösen Blutes unterdrückt wird, und gegen den gewöhnlichen Lauf der Natur zuerst zu bewegen sich aufhört. Ich habe dieß unlängst bey der Oeffnung eines lebendigen Kaninchens beobach- tet. Der Umlauf des Blutes kam gleich an- fangs (wie dieß bey so furchtsamen Thieren ge- meiniglich geschieht,) in die größte Unordnung, so daß sich die Vorkammern viermal schnell auf- einander zusammenzogen, indeß beyde Herzkam- mern still standen; endlich schlug die linke Herz- kammer immer fort, die rechte aber blieb unbe- weglich. Nachdem diese Bewegung des Herzens acht Minuten dauerte, ward das Herz, dessen linke Hälfte noch klopfte, ausgeschnitten, und im kalten Wasser ausgewaschen, worauf sodann alle Bewegungen aufhörten. Als ich aber nach drey Minuten das Herz, welches nicht mehr reitz-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/81>, abgerufen am 26.04.2024.