Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Neunter Brief.

Ob ich zwar vorher wußte, daß die deutschen
Regierungen den Forderungen des Volkes nicht nach¬
geben, sondern Maasregeln der Strenge ergreifen
würden; ob ich zwar vom Schauplatz entfernt bin,
so hat mir Ihr heutiger Bericht von den Truppen¬
bewegungen, von dem Mainzer Kriegsgerichte, doch die
größte Gemüthsbewegung gemacht. Ich hielte das
nicht aus und ich bin froh, daß ich mich entfernt
habe. Gott hat die Fürsten mit Blindheit geschlagen
und sie werden in ihr Verderben rennen. Sie haben
die ruhigsten und gutmeinendsten Schriftsteller mit
Haß und Verachtung behandelt, sie haben nicht ge¬
duldet, daß die Beschwerden und Wünsche des
Volkes in friedlicher Rede verhandelt würden, und
jetzt kommen die Bauern und schreiben mit ihren
Heugabeln, und wir wollen sehen, ob sich ein Cen¬

Neunter Brief.

Ob ich zwar vorher wußte, daß die deutſchen
Regierungen den Forderungen des Volkes nicht nach¬
geben, ſondern Maasregeln der Strenge ergreifen
würden; ob ich zwar vom Schauplatz entfernt bin,
ſo hat mir Ihr heutiger Bericht von den Truppen¬
bewegungen, von dem Mainzer Kriegsgerichte, doch die
größte Gemüthsbewegung gemacht. Ich hielte das
nicht aus und ich bin froh, daß ich mich entfernt
habe. Gott hat die Fürſten mit Blindheit geſchlagen
und ſie werden in ihr Verderben rennen. Sie haben
die ruhigſten und gutmeinendſten Schriftſteller mit
Haß und Verachtung behandelt, ſie haben nicht ge¬
duldet, daß die Beſchwerden und Wünſche des
Volkes in friedlicher Rede verhandelt würden, und
jetzt kommen die Bauern und ſchreiben mit ihren
Heugabeln, und wir wollen ſehen, ob ſich ein Cen¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0074" n="[60]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Neunter Brief.</hi><lb/>
          </head>
          <dateline> <hi rendition="#right">Paris, Mittwoch den 6. October 1830.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Ob ich zwar vorher wußte, daß die deut&#x017F;chen<lb/>
Regierungen den Forderungen des Volkes nicht nach¬<lb/>
geben, &#x017F;ondern Maasregeln der Strenge ergreifen<lb/>
würden; ob ich zwar vom Schauplatz entfernt bin,<lb/>
&#x017F;o hat mir Ihr heutiger Bericht von den Truppen¬<lb/>
bewegungen, von dem Mainzer <choice><sic>Kriesgerichte</sic><corr>Kriegsgerichte</corr></choice>, doch die<lb/>
größte Gemüthsbewegung gemacht. Ich hielte das<lb/>
nicht aus und ich bin froh, daß ich mich entfernt<lb/>
habe. Gott hat die Für&#x017F;ten mit Blindheit ge&#x017F;chlagen<lb/>
und &#x017F;ie werden in ihr Verderben rennen. Sie haben<lb/>
die ruhig&#x017F;ten und gutmeinend&#x017F;ten Schrift&#x017F;teller mit<lb/>
Haß und Verachtung behandelt, &#x017F;ie haben nicht ge¬<lb/>
duldet, daß die Be&#x017F;chwerden und Wün&#x017F;che des<lb/>
Volkes in friedlicher Rede verhandelt würden, und<lb/>
jetzt kommen die Bauern und &#x017F;chreiben mit ihren<lb/>
Heugabeln, und wir wollen &#x017F;ehen, ob &#x017F;ich ein Cen¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[60]/0074] Neunter Brief. Paris, Mittwoch den 6. October 1830. Ob ich zwar vorher wußte, daß die deutſchen Regierungen den Forderungen des Volkes nicht nach¬ geben, ſondern Maasregeln der Strenge ergreifen würden; ob ich zwar vom Schauplatz entfernt bin, ſo hat mir Ihr heutiger Bericht von den Truppen¬ bewegungen, von dem Mainzer Kriegsgerichte, doch die größte Gemüthsbewegung gemacht. Ich hielte das nicht aus und ich bin froh, daß ich mich entfernt habe. Gott hat die Fürſten mit Blindheit geſchlagen und ſie werden in ihr Verderben rennen. Sie haben die ruhigſten und gutmeinendſten Schriftſteller mit Haß und Verachtung behandelt, ſie haben nicht ge¬ duldet, daß die Beſchwerden und Wünſche des Volkes in friedlicher Rede verhandelt würden, und jetzt kommen die Bauern und ſchreiben mit ihren Heugabeln, und wir wollen ſehen, ob ſich ein Cen¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/74
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. [60]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/74>, abgerufen am 26.04.2024.