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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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müssen, die mit höheren ebenfalls mit Wasser gefüllten Höhlungen
in Verbindung stehend, einen unerschöpflichen Wasservorrath her-
vordringen lassen, sobald man die Steinschichte durchbricht, welche
das Wasser in der Tiefe hinderte, sich bis zu dem Niveau der hö-
heren Behälter zu erheben.

Ausfließende Wassermenge.

Ich kehre zu dem Ausfließen des Wassers aus Gefäßen zurück,
und muß, ehe ich zu einer hierbei vorkommenden Schwierigkeit
übergehe, doch noch ein zweites Mittel anführen, wodurch wir uns
von der Richtigkeit der vorhin angegebenen Geschwindigkeit über-
zeugen können. Statt den Strahl nach verticaler Richtung her-
vorspringen zu lassen, wollen wir ihm durch eine Oeffnung in der
verticalen Wand AB (Fig. 98.) die horizontale Richtung CD
geben, und nun die Sprungweite EF bis dahin, wo er den Boden
FE erreicht, abmessen. Da hier die anfängliche Geschwindigkeit
völlig horizontal ist, so gelangt das Wasser, wie ein andrer ge-
worfener Körper, bloß wegen der Kraft der Schwere von C bis
zur Tiefe CE, es wird also zu seinem Fallen eine Secunde
brauchen, wenn CE 15 Fuß beträgt, und da die Entfernung EF
den in eben der Zeit durchlaufenen Weg nach horizontaler
Richtung zeigt, so ist, wenn man CE = 15 Fuß genommen
hat, EF das Maaß der Ausflußgeschwindigkeit. Man findet diese
mit einem geringen Verluste, welchen der Widerstand der Luft
bewirkt, gleich derjenigen Geschwindigkeit, die ein von der Höhe
GC frei fallender Körper erreichen würde, wenn nämlich in G die
Oberfläche des Wassers ist.

Aber obgleich wir so die Geschwindigkeit des hervorströmenden
Wassers kennen, so ist damit doch die ausfließende Wassermenge
noch nicht bestimmt, ja diese findet sich verschieden, je nachdem
die Oeffnung C in einer sehr dünnen Platte angebracht ist, oder
ein kurzes Röhrchen bildet, obgleich in beiden Fällen die Geschwin-
digkeit einerlei bleibt. Eine genaue Aufmerksamkeit auf den her-
vordringenden Strahl zeigt nämlich, daß, indem die Wasser-
theilchen gegen die Oeffnung A (Fig. 99.) zu gehen, die seit-
wärts herandrängenden Theilchen die Form des Strahls ungefehr
so bestimmen, wie die Figur zeigt, so daß er in a einen kleinern

muͤſſen, die mit hoͤheren ebenfalls mit Waſſer gefuͤllten Hoͤhlungen
in Verbindung ſtehend, einen unerſchoͤpflichen Waſſervorrath her-
vordringen laſſen, ſobald man die Steinſchichte durchbricht, welche
das Waſſer in der Tiefe hinderte, ſich bis zu dem Niveau der hoͤ-
heren Behaͤlter zu erheben.

Ausfließende Waſſermenge.

Ich kehre zu dem Ausfließen des Waſſers aus Gefaͤßen zuruͤck,
und muß, ehe ich zu einer hierbei vorkommenden Schwierigkeit
uͤbergehe, doch noch ein zweites Mittel anfuͤhren, wodurch wir uns
von der Richtigkeit der vorhin angegebenen Geſchwindigkeit uͤber-
zeugen koͤnnen. Statt den Strahl nach verticaler Richtung her-
vorſpringen zu laſſen, wollen wir ihm durch eine Oeffnung in der
verticalen Wand AB (Fig. 98.) die horizontale Richtung CD
geben, und nun die Sprungweite EF bis dahin, wo er den Boden
FE erreicht, abmeſſen. Da hier die anfaͤngliche Geſchwindigkeit
voͤllig horizontal iſt, ſo gelangt das Waſſer, wie ein andrer ge-
worfener Koͤrper, bloß wegen der Kraft der Schwere von C bis
zur Tiefe CE, es wird alſo zu ſeinem Fallen eine Secunde
brauchen, wenn CE 15 Fuß betraͤgt, und da die Entfernung EF
den in eben der Zeit durchlaufenen Weg nach horizontaler
Richtung zeigt, ſo iſt, wenn man CE = 15 Fuß genommen
hat, EF das Maaß der Ausflußgeſchwindigkeit. Man findet dieſe
mit einem geringen Verluſte, welchen der Widerſtand der Luft
bewirkt, gleich derjenigen Geſchwindigkeit, die ein von der Hoͤhe
GC frei fallender Koͤrper erreichen wuͤrde, wenn naͤmlich in G die
Oberflaͤche des Waſſers iſt.

Aber obgleich wir ſo die Geſchwindigkeit des hervorſtroͤmenden
Waſſers kennen, ſo iſt damit doch die ausfließende Waſſermenge
noch nicht beſtimmt, ja dieſe findet ſich verſchieden, je nachdem
die Oeffnung C in einer ſehr duͤnnen Platte angebracht iſt, oder
ein kurzes Roͤhrchen bildet, obgleich in beiden Faͤllen die Geſchwin-
digkeit einerlei bleibt. Eine genaue Aufmerkſamkeit auf den her-
vordringenden Strahl zeigt naͤmlich, daß, indem die Waſſer-
theilchen gegen die Oeffnung A (Fig. 99.) zu gehen, die ſeit-
waͤrts herandraͤngenden Theilchen die Form des Strahls ungefehr
ſo beſtimmen, wie die Figur zeigt, ſo daß er in a einen kleinern

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[169/0191] muͤſſen, die mit hoͤheren ebenfalls mit Waſſer gefuͤllten Hoͤhlungen in Verbindung ſtehend, einen unerſchoͤpflichen Waſſervorrath her- vordringen laſſen, ſobald man die Steinſchichte durchbricht, welche das Waſſer in der Tiefe hinderte, ſich bis zu dem Niveau der hoͤ- heren Behaͤlter zu erheben. Ausfließende Waſſermenge. Ich kehre zu dem Ausfließen des Waſſers aus Gefaͤßen zuruͤck, und muß, ehe ich zu einer hierbei vorkommenden Schwierigkeit uͤbergehe, doch noch ein zweites Mittel anfuͤhren, wodurch wir uns von der Richtigkeit der vorhin angegebenen Geſchwindigkeit uͤber- zeugen koͤnnen. Statt den Strahl nach verticaler Richtung her- vorſpringen zu laſſen, wollen wir ihm durch eine Oeffnung in der verticalen Wand AB (Fig. 98.) die horizontale Richtung CD geben, und nun die Sprungweite EF bis dahin, wo er den Boden FE erreicht, abmeſſen. Da hier die anfaͤngliche Geſchwindigkeit voͤllig horizontal iſt, ſo gelangt das Waſſer, wie ein andrer ge- worfener Koͤrper, bloß wegen der Kraft der Schwere von C bis zur Tiefe CE, es wird alſo zu ſeinem Fallen eine Secunde brauchen, wenn CE 15 Fuß betraͤgt, und da die Entfernung EF den in eben der Zeit durchlaufenen Weg nach horizontaler Richtung zeigt, ſo iſt, wenn man CE = 15 Fuß genommen hat, EF das Maaß der Ausflußgeſchwindigkeit. Man findet dieſe mit einem geringen Verluſte, welchen der Widerſtand der Luft bewirkt, gleich derjenigen Geſchwindigkeit, die ein von der Hoͤhe GC frei fallender Koͤrper erreichen wuͤrde, wenn naͤmlich in G die Oberflaͤche des Waſſers iſt. Aber obgleich wir ſo die Geſchwindigkeit des hervorſtroͤmenden Waſſers kennen, ſo iſt damit doch die ausfließende Waſſermenge noch nicht beſtimmt, ja dieſe findet ſich verſchieden, je nachdem die Oeffnung C in einer ſehr duͤnnen Platte angebracht iſt, oder ein kurzes Roͤhrchen bildet, obgleich in beiden Faͤllen die Geſchwin- digkeit einerlei bleibt. Eine genaue Aufmerkſamkeit auf den her- vordringenden Strahl zeigt naͤmlich, daß, indem die Waſſer- theilchen gegen die Oeffnung A (Fig. 99.) zu gehen, die ſeit- waͤrts herandraͤngenden Theilchen die Form des Strahls ungefehr ſo beſtimmen, wie die Figur zeigt, ſo daß er in a einen kleinern

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/191>, abgerufen am 26.04.2024.