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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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als zwei Schwingungsknoten annehmen, und daher außer dem
Grundtone noch höhere Töne geben, die ich in der Folge noch näher
bestimmen werde, wo ihre Höhe sich mit der Tonleiter in Verbin-
dung setzen läßt.



Ein und zwanzigste Vorlesung.



Obgleich es, m. h. H., wohl am angemessensten scheinen
könnte, an die neulich durchgeführten Betrachtungen über Entste-
hung des Schalles, über Schwingungsnoten u. s. w. sogleich wei-
tere Untersuchungen, wie die Schwingungen von Flächen beschaffen
sind, wie auch bei ihnen die verschiedenen Töne von der Lage der
Schwingungsknoten abhängen u. s. w. -- anzuknüpfen, so haben
Sie doch gewiß selbst zu sehr, schon bei den neulich mitgetheilten
Bemerkungen und Versuchen, das Bedürfniß empfunden, über die
Entstehung unsrer musicalischen Tonleiter etwas genauere Auf-
schlüsse in acustischer Hinsicht zu erhalten. So wenig es den meisten
von Ihnen unbekannt ist, was wir unter Octave und Quinte ver-
stehen, so vollkommen Sie in der Musik den Unterschied zwischen
Consonanzen und Dissonanzen mögen kennen gelernt haben, so zweifle
ich doch nicht, daß Ihnen die Verhältnisse, welche die Theorie
der Saitenschwingungen uns in den Schwingungszahlen der als
Octave oder Quinte, Quarte u. s. w. verwandten Töne angiebt,
höchst merkwürdig erscheinen und Sie zu einer genaueren Betrach-
tung auffordern werden. In der That gehört es zu dem Ueberra-
schendsten, was die Naturbetrachtung darbietet, daß die vom Ab-
zählen der Saitenschwingungen so ganz unabhängig scheinende Musik,
dennoch sich so sehr an Zahlenverhältnisse anschließt, so daß man
glauben möchte, die Harmonie der Töne sei nichts anderes, als
ein Zusammentreffen leichter Zahlenverhältnisse; und wenn man
auch diese Behauptung nicht strenge durchführen kann, so finden wir
doch wirklich in einer leichten arithmetischen Betrachtung die Mit-
tel, um die gewöhnliche Tonleiter darzustellen und alle die Töne,

als zwei Schwingungsknoten annehmen, und daher außer dem
Grundtone noch hoͤhere Toͤne geben, die ich in der Folge noch naͤher
beſtimmen werde, wo ihre Hoͤhe ſich mit der Tonleiter in Verbin-
dung ſetzen laͤßt.



Ein und zwanzigſte Vorleſung.



Obgleich es, m. h. H., wohl am angemeſſenſten ſcheinen
koͤnnte, an die neulich durchgefuͤhrten Betrachtungen uͤber Entſte-
hung des Schalles, uͤber Schwingungsnoten u. ſ. w. ſogleich wei-
tere Unterſuchungen, wie die Schwingungen von Flaͤchen beſchaffen
ſind, wie auch bei ihnen die verſchiedenen Toͤne von der Lage der
Schwingungsknoten abhaͤngen u. ſ. w. — anzuknuͤpfen, ſo haben
Sie doch gewiß ſelbſt zu ſehr, ſchon bei den neulich mitgetheilten
Bemerkungen und Verſuchen, das Beduͤrfniß empfunden, uͤber die
Entſtehung unſrer muſicaliſchen Tonleiter etwas genauere Auf-
ſchluͤſſe in acuſtiſcher Hinſicht zu erhalten. So wenig es den meiſten
von Ihnen unbekannt iſt, was wir unter Octave und Quinte ver-
ſtehen, ſo vollkommen Sie in der Muſik den Unterſchied zwiſchen
Conſonanzen und Diſſonanzen moͤgen kennen gelernt haben, ſo zweifle
ich doch nicht, daß Ihnen die Verhaͤltniſſe, welche die Theorie
der Saitenſchwingungen uns in den Schwingungszahlen der als
Octave oder Quinte, Quarte u. ſ. w. verwandten Toͤne angiebt,
hoͤchſt merkwuͤrdig erſcheinen und Sie zu einer genaueren Betrach-
tung auffordern werden. In der That gehoͤrt es zu dem Ueberra-
ſchendſten, was die Naturbetrachtung darbietet, daß die vom Ab-
zaͤhlen der Saitenſchwingungen ſo ganz unabhaͤngig ſcheinende Muſik,
dennoch ſich ſo ſehr an Zahlenverhaͤltniſſe anſchließt, ſo daß man
glauben moͤchte, die Harmonie der Toͤne ſei nichts anderes, als
ein Zuſammentreffen leichter Zahlenverhaͤltniſſe; und wenn man
auch dieſe Behauptung nicht ſtrenge durchfuͤhren kann, ſo finden wir
doch wirklich in einer leichten arithmetiſchen Betrachtung die Mit-
tel, um die gewoͤhnliche Tonleiter darzuſtellen und alle die Toͤne,

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[294/0316] als zwei Schwingungsknoten annehmen, und daher außer dem Grundtone noch hoͤhere Toͤne geben, die ich in der Folge noch naͤher beſtimmen werde, wo ihre Hoͤhe ſich mit der Tonleiter in Verbin- dung ſetzen laͤßt. Ein und zwanzigſte Vorleſung. Obgleich es, m. h. H., wohl am angemeſſenſten ſcheinen koͤnnte, an die neulich durchgefuͤhrten Betrachtungen uͤber Entſte- hung des Schalles, uͤber Schwingungsnoten u. ſ. w. ſogleich wei- tere Unterſuchungen, wie die Schwingungen von Flaͤchen beſchaffen ſind, wie auch bei ihnen die verſchiedenen Toͤne von der Lage der Schwingungsknoten abhaͤngen u. ſ. w. — anzuknuͤpfen, ſo haben Sie doch gewiß ſelbſt zu ſehr, ſchon bei den neulich mitgetheilten Bemerkungen und Verſuchen, das Beduͤrfniß empfunden, uͤber die Entſtehung unſrer muſicaliſchen Tonleiter etwas genauere Auf- ſchluͤſſe in acuſtiſcher Hinſicht zu erhalten. So wenig es den meiſten von Ihnen unbekannt iſt, was wir unter Octave und Quinte ver- ſtehen, ſo vollkommen Sie in der Muſik den Unterſchied zwiſchen Conſonanzen und Diſſonanzen moͤgen kennen gelernt haben, ſo zweifle ich doch nicht, daß Ihnen die Verhaͤltniſſe, welche die Theorie der Saitenſchwingungen uns in den Schwingungszahlen der als Octave oder Quinte, Quarte u. ſ. w. verwandten Toͤne angiebt, hoͤchſt merkwuͤrdig erſcheinen und Sie zu einer genaueren Betrach- tung auffordern werden. In der That gehoͤrt es zu dem Ueberra- ſchendſten, was die Naturbetrachtung darbietet, daß die vom Ab- zaͤhlen der Saitenſchwingungen ſo ganz unabhaͤngig ſcheinende Muſik, dennoch ſich ſo ſehr an Zahlenverhaͤltniſſe anſchließt, ſo daß man glauben moͤchte, die Harmonie der Toͤne ſei nichts anderes, als ein Zuſammentreffen leichter Zahlenverhaͤltniſſe; und wenn man auch dieſe Behauptung nicht ſtrenge durchfuͤhren kann, ſo finden wir doch wirklich in einer leichten arithmetiſchen Betrachtung die Mit- tel, um die gewoͤhnliche Tonleiter darzuſtellen und alle die Toͤne,

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/316>, abgerufen am 26.04.2024.