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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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übrig geblieben sein, und es ist daher nothwendig, sogleich soviel
Wasserstoffgas zuzusetzen, daß es dem Volumen nach mehr als das
Doppelte der in der Mischung vorhandenen Sauerstoffluft beträgt.
Wenn eine Mischung sehr wenig Sauerstoffgas enthält, so entzün-
det sich die zugesetzte Wasserstoffluft nicht, und man muß durch
einen Zusatz von Oxygengas, den man nachher wieder in Abzug
bringt, die Verbrennung vorbereiten.

Die wichtige Frage, durch welche Mittel die Natur das Ver-
hältniß der beiden in der Atmosphäre enthaltenen Luft-Arten be-
ständig beinahe unverändert erhält, ist noch immer nicht ganz be-
antwortet. Auf mannigfaltige Weise wird immerfort und in großer
Menge Sauerstoff aus der Atmosphäre zu andern Verbindungen
verbraucht, vorzüglich in dem Athmen der Thiere und in dem Ver-
brennen, wo Kohlensäure auf Kosten eines Antheils Sauerstoffgas
erzeugt wird, und dennoch finden wir die Menge dieser Luft-Art
in Räumen, die irgend Zutritt der äußern Luft gestatten, immer
gleich. Man hat zwar schon lange gewußt, daß die Pflanzen bei
gesunder und frischer Vegetation im Sonnenlichte Sauerstoffgas
erzeugen, aber da sie bei Nacht und selbst im Schatten diese Luft-
Art wieder in sich aufnehmen, so hat man es zweifelhaft gefunden,
ob die Vegetation jene Gleichheit herstellen könne. Indeß kennen
wir bis jetzt keinen in der Atmosphäre vorkommenden Proceß, der
geeignet wäre, den durch Athmen, Verbrennen und andre chemi-
sche Verbindungen verlohren gehenden Sauerstoff zu ersetzen, und
dürfen daher doch wohl glauben, daß dieser Ersatz durch die Pflan-
zen statt finde, wenn gleich unsre Versuche im Kleinen und in ge-
sperrten Gefäßen nicht geeignet sind, uns darüber völlig zu ver-
sichern, um so weniger, da das frische Wachsen und Gedeihen der
Pflanzen im eingeengten Raume leicht gehindert wird, und doch
dieses völlig gesunde Gedeihen der Pflanzen zu Hervorbringung des
Sauerstoffgas erforderlich zu sein scheint.

Kohlenstoff. -- Schwefel.

Auch den Kohlenstoff, als eine der merkwürdigsten einfa-
chen Substanzen kann ich hier nicht ganz übergehen. Die gewöhn-
liche Kohle enthält ihn, aber verbunden mit Wasserstoff und eini-
gen andern Materien; im Diamant dagegen, der einer völligen

uͤbrig geblieben ſein, und es iſt daher nothwendig, ſogleich ſoviel
Waſſerſtoffgas zuzuſetzen, daß es dem Volumen nach mehr als das
Doppelte der in der Miſchung vorhandenen Sauerſtoffluft betraͤgt.
Wenn eine Miſchung ſehr wenig Sauerſtoffgas enthaͤlt, ſo entzuͤn-
det ſich die zugeſetzte Waſſerſtoffluft nicht, und man muß durch
einen Zuſatz von Oxygengas, den man nachher wieder in Abzug
bringt, die Verbrennung vorbereiten.

Die wichtige Frage, durch welche Mittel die Natur das Ver-
haͤltniß der beiden in der Atmoſphaͤre enthaltenen Luft-Arten be-
ſtaͤndig beinahe unveraͤndert erhaͤlt, iſt noch immer nicht ganz be-
antwortet. Auf mannigfaltige Weiſe wird immerfort und in großer
Menge Sauerſtoff aus der Atmoſphaͤre zu andern Verbindungen
verbraucht, vorzuͤglich in dem Athmen der Thiere und in dem Ver-
brennen, wo Kohlenſaͤure auf Koſten eines Antheils Sauerſtoffgas
erzeugt wird, und dennoch finden wir die Menge dieſer Luft-Art
in Raͤumen, die irgend Zutritt der aͤußern Luft geſtatten, immer
gleich. Man hat zwar ſchon lange gewußt, daß die Pflanzen bei
geſunder und friſcher Vegetation im Sonnenlichte Sauerſtoffgas
erzeugen, aber da ſie bei Nacht und ſelbſt im Schatten dieſe Luft-
Art wieder in ſich aufnehmen, ſo hat man es zweifelhaft gefunden,
ob die Vegetation jene Gleichheit herſtellen koͤnne. Indeß kennen
wir bis jetzt keinen in der Atmoſphaͤre vorkommenden Proceß, der
geeignet waͤre, den durch Athmen, Verbrennen und andre chemi-
ſche Verbindungen verlohren gehenden Sauerſtoff zu erſetzen, und
duͤrfen daher doch wohl glauben, daß dieſer Erſatz durch die Pflan-
zen ſtatt finde, wenn gleich unſre Verſuche im Kleinen und in ge-
ſperrten Gefaͤßen nicht geeignet ſind, uns daruͤber voͤllig zu ver-
ſichern, um ſo weniger, da das friſche Wachſen und Gedeihen der
Pflanzen im eingeengten Raume leicht gehindert wird, und doch
dieſes voͤllig geſunde Gedeihen der Pflanzen zu Hervorbringung des
Sauerſtoffgas erforderlich zu ſein ſcheint.

Kohlenſtoff. — Schwefel.

Auch den Kohlenſtoff, als eine der merkwuͤrdigſten einfa-
chen Subſtanzen kann ich hier nicht ganz uͤbergehen. Die gewoͤhn-
liche Kohle enthaͤlt ihn, aber verbunden mit Waſſerſtoff und eini-
gen andern Materien; im Diamant dagegen, der einer voͤlligen

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[47/0061] uͤbrig geblieben ſein, und es iſt daher nothwendig, ſogleich ſoviel Waſſerſtoffgas zuzuſetzen, daß es dem Volumen nach mehr als das Doppelte der in der Miſchung vorhandenen Sauerſtoffluft betraͤgt. Wenn eine Miſchung ſehr wenig Sauerſtoffgas enthaͤlt, ſo entzuͤn- det ſich die zugeſetzte Waſſerſtoffluft nicht, und man muß durch einen Zuſatz von Oxygengas, den man nachher wieder in Abzug bringt, die Verbrennung vorbereiten. Die wichtige Frage, durch welche Mittel die Natur das Ver- haͤltniß der beiden in der Atmoſphaͤre enthaltenen Luft-Arten be- ſtaͤndig beinahe unveraͤndert erhaͤlt, iſt noch immer nicht ganz be- antwortet. Auf mannigfaltige Weiſe wird immerfort und in großer Menge Sauerſtoff aus der Atmoſphaͤre zu andern Verbindungen verbraucht, vorzuͤglich in dem Athmen der Thiere und in dem Ver- brennen, wo Kohlenſaͤure auf Koſten eines Antheils Sauerſtoffgas erzeugt wird, und dennoch finden wir die Menge dieſer Luft-Art in Raͤumen, die irgend Zutritt der aͤußern Luft geſtatten, immer gleich. Man hat zwar ſchon lange gewußt, daß die Pflanzen bei geſunder und friſcher Vegetation im Sonnenlichte Sauerſtoffgas erzeugen, aber da ſie bei Nacht und ſelbſt im Schatten dieſe Luft- Art wieder in ſich aufnehmen, ſo hat man es zweifelhaft gefunden, ob die Vegetation jene Gleichheit herſtellen koͤnne. Indeß kennen wir bis jetzt keinen in der Atmoſphaͤre vorkommenden Proceß, der geeignet waͤre, den durch Athmen, Verbrennen und andre chemi- ſche Verbindungen verlohren gehenden Sauerſtoff zu erſetzen, und duͤrfen daher doch wohl glauben, daß dieſer Erſatz durch die Pflan- zen ſtatt finde, wenn gleich unſre Verſuche im Kleinen und in ge- ſperrten Gefaͤßen nicht geeignet ſind, uns daruͤber voͤllig zu ver- ſichern, um ſo weniger, da das friſche Wachſen und Gedeihen der Pflanzen im eingeengten Raume leicht gehindert wird, und doch dieſes voͤllig geſunde Gedeihen der Pflanzen zu Hervorbringung des Sauerſtoffgas erforderlich zu ſein ſcheint. Kohlenſtoff. — Schwefel. Auch den Kohlenſtoff, als eine der merkwuͤrdigſten einfa- chen Subſtanzen kann ich hier nicht ganz uͤbergehen. Die gewoͤhn- liche Kohle enthaͤlt ihn, aber verbunden mit Waſſerſtoff und eini- gen andern Materien; im Diamant dagegen, der einer voͤlligen

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/61>, abgerufen am 26.04.2024.