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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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getrennt sein, kehren, wenn sie einen andern Körper berührt und
an ihn ihre Electricität abgesetzt haben, zu der electrisirten Glas-
röhre zurück, um sich neue Electricität zu holen, und wiederholen
oft dieses Hin- und Zurückgehen. Schon bei den gewöhnlichsten
Versuchen mit geriebenem Siegellack oder geriebenem Glase bemer-
ken wir dies, indem kleine Papierstückchen abwechselnd herankom-
men und wieder zu einem leitenden Körper zurückgehen, so daß sie,
wenn die Electricität stark und dauernd genug ist, ihren Tanz, am
besten zwischen einem breiten Leiter der unter einem horizontalen,
gleichfalls breiten, electrisirten Körper gehalten wird, lange fort-
setzen.

Das electrische Glockenspiel, wo eine metallene Glocke, isolirt
gehalten, electrisirt wird, andre mit Ableitung versehene metallene
Glocken in der Nähe jener stehen, und Metallkugeln an seidenen
Fäden zwischen jener und diesen hängen, gehört auch hierher. Die
Metallkugeln, die an seidenen Fäden hängen, werden von der
electrisirten Glocke angezogen und dann zu den nahe stehenden
Glocken abgestoßen, kehren aber, sobald sie ihre Electricität an
diese übertragen haben, zu der ersten zurück, und setzen ihr
Geläute so lange fort, als der mittleren Kugel Electricität
ertheilt wird.

Um die Electrisirung eines leitenden aber isolirt aufgestellten
Körpers wahrzunehmen, pflegt man zwei Kugeln an leinenen Fäden,
oder zwei Strohhälmchen an diesem Körper selbst neben einander
aufzuhängen. Sobald der Körper electrisirt wird, erhalten auch
diese angehängten Körper Electricität, und ihr Auseinandergehen,
weil sie sich abstoßen, zeigt, daß jener Leiter electrisirt ist. Bedient
man sich eines langen metallenen Leiters, der auf Glas ruht, und
nirgends Spitzen darbietet, (denn diese geben Ableitung); so gehen
die Strohhalme, selbst am entferntesten Ende des Leiters, in dem-
selben Augenblicke aus einander, da man ihn mit dem electrisir-
ten Körper irgendwo berührt. Sind die Glasfüße vollkommen
trocken, ist auch die Luft trocken und alle Ableitung vermieden, so
bleibt dieser Leiter lange in seinem electrischen Zustande, und
verliert die Electricität nur dadurch nach und nach, weil die Luft,
selbst wenn sie trocken ist, doch nicht ganz nichtleitend ist. Bei
feuchter Luft verliert der isolirte Leiter viel schneller seine Electri-

O2

getrennt ſein, kehren, wenn ſie einen andern Koͤrper beruͤhrt und
an ihn ihre Electricitaͤt abgeſetzt haben, zu der electriſirten Glas-
roͤhre zuruͤck, um ſich neue Electricitaͤt zu holen, und wiederholen
oft dieſes Hin- und Zuruͤckgehen. Schon bei den gewoͤhnlichſten
Verſuchen mit geriebenem Siegellack oder geriebenem Glaſe bemer-
ken wir dies, indem kleine Papierſtuͤckchen abwechſelnd herankom-
men und wieder zu einem leitenden Koͤrper zuruͤckgehen, ſo daß ſie,
wenn die Electricitaͤt ſtark und dauernd genug iſt, ihren Tanz, am
beſten zwiſchen einem breiten Leiter der unter einem horizontalen,
gleichfalls breiten, electriſirten Koͤrper gehalten wird, lange fort-
ſetzen.

Das electriſche Glockenſpiel, wo eine metallene Glocke, iſolirt
gehalten, electriſirt wird, andre mit Ableitung verſehene metallene
Glocken in der Naͤhe jener ſtehen, und Metallkugeln an ſeidenen
Faͤden zwiſchen jener und dieſen haͤngen, gehoͤrt auch hierher. Die
Metallkugeln, die an ſeidenen Faͤden haͤngen, werden von der
electriſirten Glocke angezogen und dann zu den nahe ſtehenden
Glocken abgeſtoßen, kehren aber, ſobald ſie ihre Electricitaͤt an
dieſe uͤbertragen haben, zu der erſten zuruͤck, und ſetzen ihr
Gelaͤute ſo lange fort, als der mittleren Kugel Electricitaͤt
ertheilt wird.

Um die Electriſirung eines leitenden aber iſolirt aufgeſtellten
Koͤrpers wahrzunehmen, pflegt man zwei Kugeln an leinenen Faͤden,
oder zwei Strohhaͤlmchen an dieſem Koͤrper ſelbſt neben einander
aufzuhaͤngen. Sobald der Koͤrper electriſirt wird, erhalten auch
dieſe angehaͤngten Koͤrper Electricitaͤt, und ihr Auseinandergehen,
weil ſie ſich abſtoßen, zeigt, daß jener Leiter electriſirt iſt. Bedient
man ſich eines langen metallenen Leiters, der auf Glas ruht, und
nirgends Spitzen darbietet, (denn dieſe geben Ableitung); ſo gehen
die Strohhalme, ſelbſt am entfernteſten Ende des Leiters, in dem-
ſelben Augenblicke aus einander, da man ihn mit dem electriſir-
ten Koͤrper irgendwo beruͤhrt. Sind die Glasfuͤße vollkommen
trocken, iſt auch die Luft trocken und alle Ableitung vermieden, ſo
bleibt dieſer Leiter lange in ſeinem electriſchen Zuſtande, und
verliert die Electricitaͤt nur dadurch nach und nach, weil die Luft,
ſelbſt wenn ſie trocken iſt, doch nicht ganz nichtleitend iſt. Bei
feuchter Luft verliert der iſolirte Leiter viel ſchneller ſeine Electri-

O2
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[211/0225] getrennt ſein, kehren, wenn ſie einen andern Koͤrper beruͤhrt und an ihn ihre Electricitaͤt abgeſetzt haben, zu der electriſirten Glas- roͤhre zuruͤck, um ſich neue Electricitaͤt zu holen, und wiederholen oft dieſes Hin- und Zuruͤckgehen. Schon bei den gewoͤhnlichſten Verſuchen mit geriebenem Siegellack oder geriebenem Glaſe bemer- ken wir dies, indem kleine Papierſtuͤckchen abwechſelnd herankom- men und wieder zu einem leitenden Koͤrper zuruͤckgehen, ſo daß ſie, wenn die Electricitaͤt ſtark und dauernd genug iſt, ihren Tanz, am beſten zwiſchen einem breiten Leiter der unter einem horizontalen, gleichfalls breiten, electriſirten Koͤrper gehalten wird, lange fort- ſetzen. Das electriſche Glockenſpiel, wo eine metallene Glocke, iſolirt gehalten, electriſirt wird, andre mit Ableitung verſehene metallene Glocken in der Naͤhe jener ſtehen, und Metallkugeln an ſeidenen Faͤden zwiſchen jener und dieſen haͤngen, gehoͤrt auch hierher. Die Metallkugeln, die an ſeidenen Faͤden haͤngen, werden von der electriſirten Glocke angezogen und dann zu den nahe ſtehenden Glocken abgeſtoßen, kehren aber, ſobald ſie ihre Electricitaͤt an dieſe uͤbertragen haben, zu der erſten zuruͤck, und ſetzen ihr Gelaͤute ſo lange fort, als der mittleren Kugel Electricitaͤt ertheilt wird. Um die Electriſirung eines leitenden aber iſolirt aufgeſtellten Koͤrpers wahrzunehmen, pflegt man zwei Kugeln an leinenen Faͤden, oder zwei Strohhaͤlmchen an dieſem Koͤrper ſelbſt neben einander aufzuhaͤngen. Sobald der Koͤrper electriſirt wird, erhalten auch dieſe angehaͤngten Koͤrper Electricitaͤt, und ihr Auseinandergehen, weil ſie ſich abſtoßen, zeigt, daß jener Leiter electriſirt iſt. Bedient man ſich eines langen metallenen Leiters, der auf Glas ruht, und nirgends Spitzen darbietet, (denn dieſe geben Ableitung); ſo gehen die Strohhalme, ſelbſt am entfernteſten Ende des Leiters, in dem- ſelben Augenblicke aus einander, da man ihn mit dem electriſir- ten Koͤrper irgendwo beruͤhrt. Sind die Glasfuͤße vollkommen trocken, iſt auch die Luft trocken und alle Ableitung vermieden, ſo bleibt dieſer Leiter lange in ſeinem electriſchen Zuſtande, und verliert die Electricitaͤt nur dadurch nach und nach, weil die Luft, ſelbſt wenn ſie trocken iſt, doch nicht ganz nichtleitend iſt. Bei feuchter Luft verliert der iſolirte Leiter viel ſchneller ſeine Electri- O2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/225>, abgerufen am 26.04.2024.