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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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hebliches Moment, und hindert die Nadel an der Erlangung der
genau richtigen Stellung. Es ist nämlich offenbar, daß die nur
noch wenige Minuten von der richtigen Stellung entfernte Nei-
gungsnadel mit einer höchst schwachen Kraft zu dieser richtigen
Stellung hingezogen wird, indem, wenn CB die Richtung der
Nadel, CA die Richtung der magnetischen Kraft ist, (Fig. 143.)
die Linie AB verhältnißmäßig diejenige Kraft ausdrückt, welche
zur Drehung der Nadel beiträgt. Wenn diese so klein wird, daß
sie die Reibung nicht überwinden kann, so bleibt die Nadel bald
um einige Minuten an der einen Seite, bald um einige Minuten
an der andern Seite von der richtigen Stellung entfernt, und die
Grenzen dieser Ungleichheiten lehren uns wenigstens den Grad der
Unsicherheit der Angaben kennen *). Da diese Unsicherheit davon
herrührt, daß zuletzt keine merkliche, den Ausschlag gebende Kraft
vorhanden ist; so hat Mayer eine andere Einrichtung der Nei-
gungsnadeln empfohlen, die auch Sabine nach vielmaliger prac-
tischer Anwendung zweckmäßig gefunden hat. Statt nämlich, wie
wir es früher voraussetzten, die Nadel für alle Stellungen zu äqui-
libriren, oder sie genau im Schwerpuncte aufzuhängen, wird sie
nur wie ein Waagebalken für die horizontale Stellung abgeglichen
und (Fig. 144) mit einem angelegten Blättchen GH absichtlich
an der untern Seite schwerer gemacht. Wird nun die Nadel ma-
gnetisirt, so sinkt ihr nördlicher Theil herab; aber die Nadel nimmt
nun nicht die eigentliche Stellung der Neigungsnadel an, sondern
indem (Fig. 145, wo das angelegte Stück GH der besseren Ver-
ständlichkeit wegen sehr breit dargestellt ist), der in C liegende Schwer-
punct gehoben wird; bleibt AB weniger geneigt, als die Richtung
ED der magnetischen Kraft es fordert; diese Kraft nämlich zöge B
herabwärts, aber da dann der Schwerpunct C gehoben werden
müßte, so tritt ein Gleichgewicht ein. Um aus dieser unrichtigen
Neigung die richtige abzuleiten, muß man die Nadel in ihrer Un-
terlage umlegen; dann nimmt sie eine zu nahe mit der Vertical-

*) Aus diesem Grunde sieht man auch die Neigungsnadeln ihre
Oscillationen viel weniger lange fortsetzen, als die horizontalen Nadeln,
obgleich die langsamen Oscillationen der letztern eine schwächer wir-
kende Kraft anzeigen.

hebliches Moment, und hindert die Nadel an der Erlangung der
genau richtigen Stellung. Es iſt naͤmlich offenbar, daß die nur
noch wenige Minuten von der richtigen Stellung entfernte Nei-
gungsnadel mit einer hoͤchſt ſchwachen Kraft zu dieſer richtigen
Stellung hingezogen wird, indem, wenn CB die Richtung der
Nadel, CA die Richtung der magnetiſchen Kraft iſt, (Fig. 143.)
die Linie AB verhaͤltnißmaͤßig diejenige Kraft ausdruͤckt, welche
zur Drehung der Nadel beitraͤgt. Wenn dieſe ſo klein wird, daß
ſie die Reibung nicht uͤberwinden kann, ſo bleibt die Nadel bald
um einige Minuten an der einen Seite, bald um einige Minuten
an der andern Seite von der richtigen Stellung entfernt, und die
Grenzen dieſer Ungleichheiten lehren uns wenigſtens den Grad der
Unſicherheit der Angaben kennen *). Da dieſe Unſicherheit davon
herruͤhrt, daß zuletzt keine merkliche, den Ausſchlag gebende Kraft
vorhanden iſt; ſo hat Mayer eine andere Einrichtung der Nei-
gungsnadeln empfohlen, die auch Sabine nach vielmaliger prac-
tiſcher Anwendung zweckmaͤßig gefunden hat. Statt naͤmlich, wie
wir es fruͤher vorausſetzten, die Nadel fuͤr alle Stellungen zu aͤqui-
libriren, oder ſie genau im Schwerpuncte aufzuhaͤngen, wird ſie
nur wie ein Waagebalken fuͤr die horizontale Stellung abgeglichen
und (Fig. 144) mit einem angelegten Blaͤttchen GH abſichtlich
an der untern Seite ſchwerer gemacht. Wird nun die Nadel ma-
gnetiſirt, ſo ſinkt ihr noͤrdlicher Theil herab; aber die Nadel nimmt
nun nicht die eigentliche Stellung der Neigungsnadel an, ſondern
indem (Fig. 145, wo das angelegte Stuͤck GH der beſſeren Ver-
ſtaͤndlichkeit wegen ſehr breit dargeſtellt iſt), der in C liegende Schwer-
punct gehoben wird; bleibt AB weniger geneigt, als die Richtung
ED der magnetiſchen Kraft es fordert; dieſe Kraft naͤmlich zoͤge B
herabwaͤrts, aber da dann der Schwerpunct C gehoben werden
muͤßte, ſo tritt ein Gleichgewicht ein. Um aus dieſer unrichtigen
Neigung die richtige abzuleiten, muß man die Nadel in ihrer Un-
terlage umlegen; dann nimmt ſie eine zu nahe mit der Vertical-

*) Aus dieſem Grunde ſieht man auch die Neigungsnadeln ihre
Oſcillationen viel weniger lange fortſetzen, als die horizontalen Nadeln,
obgleich die langſamen Oſcillationen der letztern eine ſchwaͤcher wir-
kende Kraft anzeigen.
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[440/0454] hebliches Moment, und hindert die Nadel an der Erlangung der genau richtigen Stellung. Es iſt naͤmlich offenbar, daß die nur noch wenige Minuten von der richtigen Stellung entfernte Nei- gungsnadel mit einer hoͤchſt ſchwachen Kraft zu dieſer richtigen Stellung hingezogen wird, indem, wenn CB die Richtung der Nadel, CA die Richtung der magnetiſchen Kraft iſt, (Fig. 143.) die Linie AB verhaͤltnißmaͤßig diejenige Kraft ausdruͤckt, welche zur Drehung der Nadel beitraͤgt. Wenn dieſe ſo klein wird, daß ſie die Reibung nicht uͤberwinden kann, ſo bleibt die Nadel bald um einige Minuten an der einen Seite, bald um einige Minuten an der andern Seite von der richtigen Stellung entfernt, und die Grenzen dieſer Ungleichheiten lehren uns wenigſtens den Grad der Unſicherheit der Angaben kennen *). Da dieſe Unſicherheit davon herruͤhrt, daß zuletzt keine merkliche, den Ausſchlag gebende Kraft vorhanden iſt; ſo hat Mayer eine andere Einrichtung der Nei- gungsnadeln empfohlen, die auch Sabine nach vielmaliger prac- tiſcher Anwendung zweckmaͤßig gefunden hat. Statt naͤmlich, wie wir es fruͤher vorausſetzten, die Nadel fuͤr alle Stellungen zu aͤqui- libriren, oder ſie genau im Schwerpuncte aufzuhaͤngen, wird ſie nur wie ein Waagebalken fuͤr die horizontale Stellung abgeglichen und (Fig. 144) mit einem angelegten Blaͤttchen GH abſichtlich an der untern Seite ſchwerer gemacht. Wird nun die Nadel ma- gnetiſirt, ſo ſinkt ihr noͤrdlicher Theil herab; aber die Nadel nimmt nun nicht die eigentliche Stellung der Neigungsnadel an, ſondern indem (Fig. 145, wo das angelegte Stuͤck GH der beſſeren Ver- ſtaͤndlichkeit wegen ſehr breit dargeſtellt iſt), der in C liegende Schwer- punct gehoben wird; bleibt AB weniger geneigt, als die Richtung ED der magnetiſchen Kraft es fordert; dieſe Kraft naͤmlich zoͤge B herabwaͤrts, aber da dann der Schwerpunct C gehoben werden muͤßte, ſo tritt ein Gleichgewicht ein. Um aus dieſer unrichtigen Neigung die richtige abzuleiten, muß man die Nadel in ihrer Un- terlage umlegen; dann nimmt ſie eine zu nahe mit der Vertical- *) Aus dieſem Grunde ſieht man auch die Neigungsnadeln ihre Oſcillationen viel weniger lange fortſetzen, als die horizontalen Nadeln, obgleich die langſamen Oſcillationen der letztern eine ſchwaͤcher wir- kende Kraft anzeigen.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/454>, abgerufen am 26.04.2024.