Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein Blick auf das Leben der Gesammtheit.
oberen Rande der folgenden Unterrippen anlegen und zur Festigung des Brustkorbes wesentlich
beitragen, dementsprechend auch bei den kräftigen Fliegern sehr entwickelt, bei den Läufern hingegen
verkümmert sind oder gänzlich fehlen. Das Brustbein läßt sich mit einem großen Schilde vergleichen,
auf dessen Mitte der Kamm aufgesetzt ist. Seine Größe und die Höhe des Kammes wird bedingt
durch die sich hier ansetzenden gewaltigen Brustmuskeln, verändert sich also je nach der größeren oder
geringeren Flugfähigkeit des Vogels. Bei allen Raubvögeln z. B. ist der Kamm sehr hoch und stark
gebogen, bei den Kurzflüglern fehlt er gänzlich. Als besondere Eigenthümlichkeit desselben mag noch
hervorgehoben werden, daß er bei einzelnen Vögeln inwendig hohl ist und dann einen Theil der Luft-
röhre aufnimmt. Das Becken unterscheidet sich von dem der Säugethiere hauptsächlich durch seine
Verlängerung; denn es besteht aus denselben Knochenstücken wie beim Menschen. Ein den Vögeln
eigenthümlicher Knochen ist das Gabelbein, ein hufeisenförmiges, unpaariges Gebilde, welches
sich hinten und oben an die Schlüsselbeine, vorn und unten an den Anfang des Brustbeinkammes
anlegt, mit diesem sogar verwächst, um so stärker ist, je kräftiger die Flugwerkzeuge sind, bei den
Kurzflüglern ebenfalls fehlt, also unzweifelhaft beim Fluge eine wichtige Hilfe leisten muß. Die
Flügel bestehen aus den Schulterknochen, dem langen, starken, fest mit dem Brustbeine eingelenkten,
oben mit dem Schulter- und dem Oberarmknochen verbundenen, nach innen zu mit dem Gabel-
knochen vereinigten Schlüsselbeine, dem Oberarmtheile, einem langen, luftgefüllten Röhrenknochen, der
im Gegensatz zu den Säugethieren starken Elle und der verhältnißmäßig schwachen Speiche, welche
den Unterarmtheil bilden, zwei, höchstens drei Mittelhandknochen und drei Fingern, einem Daumen,
welcher bei mehreren Vögeln einen wirklich krallenartigen, aber unter den Federn versteckten Nagel
trägt und dann zwei Glieder hat, dem großen, zweigliederigen und dem mit ihm verwachsenen kleinen,
eingliederigen Finger. Die Beine werden gebildet aus dem Ober- und dem Unterschenkel, dem Laufe
und dem eigentlichen Fuße oder den Zehen. Am Unterschenkel zeigt sich das Wadenbein als ein ver-
kümmerter, mit dem starken Schienbeine verwachsener Knochen; der Lauf besteht aus einem langen
Röhrenknochen, an welchem die Zehen gelenken. Von den letzteren sind gewöhnlich drei nach vorn,
eine nach hinten gerichtet; bei einzelnen Vögeln kehrt sich die hintere Zehe jedoch nach vorn, bei
anderen verkümmert sie, bei anderen wendet sich eine Zehe, die äußere oder die innere nach hinten, bei
einzelnen endlich verkümmert der Fuß bis auf zwei außen sichtbare Zehen. Der Daumen besitzt
zwei, die erste Vorderzehe drei, die zweite vier, die äußere fünf Glieder.

Unter den Muskeln stehen die, welche die Flügel bewegen, also die Brustmuskeln, obenan; sie
erreichen hier einen Umfang, wie bei keinem Wirbelthiere weiter. Jhnen gegenüber treten die
Muskeln des Rückens auffallend zurück. Am Beine haben in der Regel nur der Ober- und der
Unterschenkel kräftige Muskeln; denn blos bei denjenigen Vögeln, deren Fänge bis zu den Zehen
herab befiedert sind, erstrecken sich die Muskeln weiter nach unten bis gegen die Zehen hin; bei den
übrigen sind sie am Lauftheile bereits sehnig geworden. Sehr entwickelt zeigen sich die Hautmuskeln,
verkümmert die Gesichtsmuskeln.

Das Nervensystem kommt dem der Säugethiere sehr nah. Das Gehirn überwiegt an Masse
noch das Rückenmark, ist jedoch schon einfacher gebildet, theilt sich in das große und kleine Hirn, zeigt
beide Halbkugeln des ersteren, nicht aber auch die Windungen, welche das Hirn der Säugethiere so
auszeichnen. Das verlängerte Mark ist beträchtlich groß, das Rückenmark in der Röhre der Hals-
wirbel rundlich und gleich dick, in der Röhre der Brustwirbel breiter und dicker, in den Kreuzwirbeln
wieder dünner. Die Nerven verhalten sich in ihrem Verlaufe im allgemeinen ebenso wie die der
Säugethiere.

Alle Sinneswerkzeuge sind vorhanden und wohl entwickelt, einzelne zwar vereinfacht, nicht aber
verkümmert. Das Auge steht obenan, ebensowohl wegen seiner stets beträchtlichen Größe, wie seiner
inneren Bildung. Gestalt und Größe sind sehr verschieden: alle fernsichtigen und alle nächtlichen
Vögel z. B. haben sehr große, die übrigen kleinere Augen. Dem Vogelange eigenthümlich sind: der
sogenannte Knochenring, gebildet aus zwölf bis sechszehn vierseitigen Schuppen, welche sich mit

Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
oberen Rande der folgenden Unterrippen anlegen und zur Feſtigung des Bruſtkorbes weſentlich
beitragen, dementſprechend auch bei den kräftigen Fliegern ſehr entwickelt, bei den Läufern hingegen
verkümmert ſind oder gänzlich fehlen. Das Bruſtbein läßt ſich mit einem großen Schilde vergleichen,
auf deſſen Mitte der Kamm aufgeſetzt iſt. Seine Größe und die Höhe des Kammes wird bedingt
durch die ſich hier anſetzenden gewaltigen Bruſtmuskeln, verändert ſich alſo je nach der größeren oder
geringeren Flugfähigkeit des Vogels. Bei allen Raubvögeln z. B. iſt der Kamm ſehr hoch und ſtark
gebogen, bei den Kurzflüglern fehlt er gänzlich. Als beſondere Eigenthümlichkeit deſſelben mag noch
hervorgehoben werden, daß er bei einzelnen Vögeln inwendig hohl iſt und dann einen Theil der Luft-
röhre aufnimmt. Das Becken unterſcheidet ſich von dem der Säugethiere hauptſächlich durch ſeine
Verlängerung; denn es beſteht aus denſelben Knochenſtücken wie beim Menſchen. Ein den Vögeln
eigenthümlicher Knochen iſt das Gabelbein, ein hufeiſenförmiges, unpaariges Gebilde, welches
ſich hinten und oben an die Schlüſſelbeine, vorn und unten an den Anfang des Bruſtbeinkammes
anlegt, mit dieſem ſogar verwächſt, um ſo ſtärker iſt, je kräftiger die Flugwerkzeuge ſind, bei den
Kurzflüglern ebenfalls fehlt, alſo unzweifelhaft beim Fluge eine wichtige Hilfe leiſten muß. Die
Flügel beſtehen aus den Schulterknochen, dem langen, ſtarken, feſt mit dem Bruſtbeine eingelenkten,
oben mit dem Schulter- und dem Oberarmknochen verbundenen, nach innen zu mit dem Gabel-
knochen vereinigten Schlüſſelbeine, dem Oberarmtheile, einem langen, luftgefüllten Röhrenknochen, der
im Gegenſatz zu den Säugethieren ſtarken Elle und der verhältnißmäßig ſchwachen Speiche, welche
den Unterarmtheil bilden, zwei, höchſtens drei Mittelhandknochen und drei Fingern, einem Daumen,
welcher bei mehreren Vögeln einen wirklich krallenartigen, aber unter den Federn verſteckten Nagel
trägt und dann zwei Glieder hat, dem großen, zweigliederigen und dem mit ihm verwachſenen kleinen,
eingliederigen Finger. Die Beine werden gebildet aus dem Ober- und dem Unterſchenkel, dem Laufe
und dem eigentlichen Fuße oder den Zehen. Am Unterſchenkel zeigt ſich das Wadenbein als ein ver-
kümmerter, mit dem ſtarken Schienbeine verwachſener Knochen; der Lauf beſteht aus einem langen
Röhrenknochen, an welchem die Zehen gelenken. Von den letzteren ſind gewöhnlich drei nach vorn,
eine nach hinten gerichtet; bei einzelnen Vögeln kehrt ſich die hintere Zehe jedoch nach vorn, bei
anderen verkümmert ſie, bei anderen wendet ſich eine Zehe, die äußere oder die innere nach hinten, bei
einzelnen endlich verkümmert der Fuß bis auf zwei außen ſichtbare Zehen. Der Daumen beſitzt
zwei, die erſte Vorderzehe drei, die zweite vier, die äußere fünf Glieder.

Unter den Muskeln ſtehen die, welche die Flügel bewegen, alſo die Bruſtmuskeln, obenan; ſie
erreichen hier einen Umfang, wie bei keinem Wirbelthiere weiter. Jhnen gegenüber treten die
Muskeln des Rückens auffallend zurück. Am Beine haben in der Regel nur der Ober- und der
Unterſchenkel kräftige Muskeln; denn blos bei denjenigen Vögeln, deren Fänge bis zu den Zehen
herab befiedert ſind, erſtrecken ſich die Muskeln weiter nach unten bis gegen die Zehen hin; bei den
übrigen ſind ſie am Lauftheile bereits ſehnig geworden. Sehr entwickelt zeigen ſich die Hautmuskeln,
verkümmert die Geſichtsmuskeln.

Das Nervenſyſtem kommt dem der Säugethiere ſehr nah. Das Gehirn überwiegt an Maſſe
noch das Rückenmark, iſt jedoch ſchon einfacher gebildet, theilt ſich in das große und kleine Hirn, zeigt
beide Halbkugeln des erſteren, nicht aber auch die Windungen, welche das Hirn der Säugethiere ſo
auszeichnen. Das verlängerte Mark iſt beträchtlich groß, das Rückenmark in der Röhre der Hals-
wirbel rundlich und gleich dick, in der Röhre der Bruſtwirbel breiter und dicker, in den Kreuzwirbeln
wieder dünner. Die Nerven verhalten ſich in ihrem Verlaufe im allgemeinen ebenſo wie die der
Säugethiere.

Alle Sinneswerkzeuge ſind vorhanden und wohl entwickelt, einzelne zwar vereinfacht, nicht aber
verkümmert. Das Auge ſteht obenan, ebenſowohl wegen ſeiner ſtets beträchtlichen Größe, wie ſeiner
inneren Bildung. Geſtalt und Größe ſind ſehr verſchieden: alle fernſichtigen und alle nächtlichen
Vögel z. B. haben ſehr große, die übrigen kleinere Augen. Dem Vogelange eigenthümlich ſind: der
ſogenannte Knochenring, gebildet aus zwölf bis ſechszehn vierſeitigen Schuppen, welche ſich mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1028" n="974"/><fw place="top" type="header">Ein Blick auf das Leben der Ge&#x017F;ammtheit.</fw><lb/>
oberen Rande der folgenden Unterrippen anlegen und zur Fe&#x017F;tigung des Bru&#x017F;tkorbes we&#x017F;entlich<lb/>
beitragen, dement&#x017F;prechend auch bei den kräftigen Fliegern &#x017F;ehr entwickelt, bei den Läufern hingegen<lb/>
verkümmert &#x017F;ind oder gänzlich fehlen. Das Bru&#x017F;tbein läßt &#x017F;ich mit einem großen Schilde vergleichen,<lb/>
auf de&#x017F;&#x017F;en Mitte der Kamm aufge&#x017F;etzt i&#x017F;t. Seine Größe und die Höhe des Kammes wird bedingt<lb/>
durch die &#x017F;ich hier an&#x017F;etzenden gewaltigen Bru&#x017F;tmuskeln, verändert &#x017F;ich al&#x017F;o je nach der größeren oder<lb/>
geringeren Flugfähigkeit des Vogels. Bei allen Raubvögeln z. B. i&#x017F;t der Kamm &#x017F;ehr hoch und &#x017F;tark<lb/>
gebogen, bei den Kurzflüglern fehlt er gänzlich. Als be&#x017F;ondere Eigenthümlichkeit de&#x017F;&#x017F;elben mag noch<lb/>
hervorgehoben werden, daß er bei einzelnen Vögeln inwendig hohl i&#x017F;t und dann einen Theil der Luft-<lb/>
röhre aufnimmt. Das Becken unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von dem der Säugethiere haupt&#x017F;ächlich durch &#x017F;eine<lb/>
Verlängerung; denn es be&#x017F;teht aus den&#x017F;elben Knochen&#x017F;tücken wie beim Men&#x017F;chen. Ein den Vögeln<lb/>
eigenthümlicher Knochen i&#x017F;t das Gabelbein, ein hufei&#x017F;enförmiges, unpaariges Gebilde, welches<lb/>
&#x017F;ich hinten und oben an die Schlü&#x017F;&#x017F;elbeine, vorn und unten an den Anfang des Bru&#x017F;tbeinkammes<lb/>
anlegt, mit die&#x017F;em &#x017F;ogar verwäch&#x017F;t, um &#x017F;o &#x017F;tärker i&#x017F;t, je kräftiger die Flugwerkzeuge &#x017F;ind, bei den<lb/>
Kurzflüglern ebenfalls fehlt, al&#x017F;o unzweifelhaft beim Fluge eine wichtige Hilfe lei&#x017F;ten muß. Die<lb/>
Flügel be&#x017F;tehen aus den Schulterknochen, dem langen, &#x017F;tarken, fe&#x017F;t mit dem Bru&#x017F;tbeine eingelenkten,<lb/>
oben mit dem Schulter- und dem Oberarmknochen verbundenen, nach innen zu mit dem Gabel-<lb/>
knochen vereinigten Schlü&#x017F;&#x017F;elbeine, dem Oberarmtheile, einem langen, luftgefüllten Röhrenknochen, der<lb/>
im Gegen&#x017F;atz zu den Säugethieren &#x017F;tarken Elle und der verhältnißmäßig &#x017F;chwachen Speiche, welche<lb/>
den Unterarmtheil bilden, zwei, höch&#x017F;tens drei Mittelhandknochen und drei Fingern, einem Daumen,<lb/>
welcher bei mehreren Vögeln einen wirklich krallenartigen, aber unter den Federn ver&#x017F;teckten Nagel<lb/>
trägt und dann zwei Glieder hat, dem großen, zweigliederigen und dem mit ihm verwach&#x017F;enen kleinen,<lb/>
eingliederigen Finger. Die Beine werden gebildet aus dem Ober- und dem Unter&#x017F;chenkel, dem Laufe<lb/>
und dem eigentlichen Fuße oder den Zehen. Am Unter&#x017F;chenkel zeigt &#x017F;ich das Wadenbein als ein ver-<lb/>
kümmerter, mit dem &#x017F;tarken Schienbeine verwach&#x017F;ener Knochen; der Lauf be&#x017F;teht aus einem langen<lb/>
Röhrenknochen, an welchem die Zehen gelenken. Von den letzteren &#x017F;ind gewöhnlich drei nach vorn,<lb/>
eine nach hinten gerichtet; bei einzelnen Vögeln kehrt &#x017F;ich die hintere Zehe jedoch nach vorn, bei<lb/>
anderen verkümmert &#x017F;ie, bei anderen wendet &#x017F;ich eine Zehe, die äußere oder die innere nach hinten, bei<lb/>
einzelnen endlich verkümmert der Fuß bis auf zwei außen &#x017F;ichtbare Zehen. Der Daumen be&#x017F;itzt<lb/>
zwei, die er&#x017F;te Vorderzehe drei, die zweite vier, die äußere fünf Glieder.</p><lb/>
        <p>Unter den Muskeln &#x017F;tehen die, welche die Flügel bewegen, al&#x017F;o die Bru&#x017F;tmuskeln, obenan; &#x017F;ie<lb/>
erreichen hier einen Umfang, wie bei keinem Wirbelthiere weiter. Jhnen gegenüber treten die<lb/>
Muskeln des Rückens auffallend zurück. Am Beine haben in der Regel nur der Ober- und der<lb/>
Unter&#x017F;chenkel kräftige Muskeln; denn blos bei denjenigen Vögeln, deren Fänge bis zu den Zehen<lb/>
herab befiedert &#x017F;ind, er&#x017F;trecken &#x017F;ich die Muskeln weiter nach unten bis gegen die Zehen hin; bei den<lb/>
übrigen &#x017F;ind &#x017F;ie am Lauftheile bereits &#x017F;ehnig geworden. Sehr entwickelt zeigen &#x017F;ich die Hautmuskeln,<lb/>
verkümmert die Ge&#x017F;ichtsmuskeln.</p><lb/>
        <p>Das Nerven&#x017F;y&#x017F;tem kommt dem der Säugethiere &#x017F;ehr nah. Das Gehirn überwiegt an Ma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
noch das Rückenmark, i&#x017F;t jedoch &#x017F;chon einfacher gebildet, theilt &#x017F;ich in das große und kleine Hirn, zeigt<lb/>
beide Halbkugeln des er&#x017F;teren, nicht aber auch die Windungen, welche das Hirn der Säugethiere &#x017F;o<lb/>
auszeichnen. Das verlängerte Mark i&#x017F;t beträchtlich groß, das Rückenmark in der Röhre der Hals-<lb/>
wirbel rundlich und gleich dick, in der Röhre der Bru&#x017F;twirbel breiter und dicker, in den Kreuzwirbeln<lb/>
wieder dünner. Die Nerven verhalten &#x017F;ich in ihrem Verlaufe im allgemeinen eben&#x017F;o wie die der<lb/>
Säugethiere.</p><lb/>
        <p>Alle Sinneswerkzeuge &#x017F;ind vorhanden und wohl entwickelt, einzelne zwar vereinfacht, nicht aber<lb/>
verkümmert. Das Auge &#x017F;teht obenan, eben&#x017F;owohl wegen &#x017F;einer &#x017F;tets beträchtlichen Größe, wie &#x017F;einer<lb/>
inneren Bildung. Ge&#x017F;talt und Größe &#x017F;ind &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden: alle fern&#x017F;ichtigen und alle nächtlichen<lb/>
Vögel z. B. haben &#x017F;ehr große, die übrigen kleinere Augen. Dem Vogelange eigenthümlich &#x017F;ind: der<lb/>
&#x017F;ogenannte <hi rendition="#g">Knochenring,</hi> gebildet aus zwölf bis &#x017F;echszehn vier&#x017F;eitigen Schuppen, welche &#x017F;ich mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[974/1028] Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit. oberen Rande der folgenden Unterrippen anlegen und zur Feſtigung des Bruſtkorbes weſentlich beitragen, dementſprechend auch bei den kräftigen Fliegern ſehr entwickelt, bei den Läufern hingegen verkümmert ſind oder gänzlich fehlen. Das Bruſtbein läßt ſich mit einem großen Schilde vergleichen, auf deſſen Mitte der Kamm aufgeſetzt iſt. Seine Größe und die Höhe des Kammes wird bedingt durch die ſich hier anſetzenden gewaltigen Bruſtmuskeln, verändert ſich alſo je nach der größeren oder geringeren Flugfähigkeit des Vogels. Bei allen Raubvögeln z. B. iſt der Kamm ſehr hoch und ſtark gebogen, bei den Kurzflüglern fehlt er gänzlich. Als beſondere Eigenthümlichkeit deſſelben mag noch hervorgehoben werden, daß er bei einzelnen Vögeln inwendig hohl iſt und dann einen Theil der Luft- röhre aufnimmt. Das Becken unterſcheidet ſich von dem der Säugethiere hauptſächlich durch ſeine Verlängerung; denn es beſteht aus denſelben Knochenſtücken wie beim Menſchen. Ein den Vögeln eigenthümlicher Knochen iſt das Gabelbein, ein hufeiſenförmiges, unpaariges Gebilde, welches ſich hinten und oben an die Schlüſſelbeine, vorn und unten an den Anfang des Bruſtbeinkammes anlegt, mit dieſem ſogar verwächſt, um ſo ſtärker iſt, je kräftiger die Flugwerkzeuge ſind, bei den Kurzflüglern ebenfalls fehlt, alſo unzweifelhaft beim Fluge eine wichtige Hilfe leiſten muß. Die Flügel beſtehen aus den Schulterknochen, dem langen, ſtarken, feſt mit dem Bruſtbeine eingelenkten, oben mit dem Schulter- und dem Oberarmknochen verbundenen, nach innen zu mit dem Gabel- knochen vereinigten Schlüſſelbeine, dem Oberarmtheile, einem langen, luftgefüllten Röhrenknochen, der im Gegenſatz zu den Säugethieren ſtarken Elle und der verhältnißmäßig ſchwachen Speiche, welche den Unterarmtheil bilden, zwei, höchſtens drei Mittelhandknochen und drei Fingern, einem Daumen, welcher bei mehreren Vögeln einen wirklich krallenartigen, aber unter den Federn verſteckten Nagel trägt und dann zwei Glieder hat, dem großen, zweigliederigen und dem mit ihm verwachſenen kleinen, eingliederigen Finger. Die Beine werden gebildet aus dem Ober- und dem Unterſchenkel, dem Laufe und dem eigentlichen Fuße oder den Zehen. Am Unterſchenkel zeigt ſich das Wadenbein als ein ver- kümmerter, mit dem ſtarken Schienbeine verwachſener Knochen; der Lauf beſteht aus einem langen Röhrenknochen, an welchem die Zehen gelenken. Von den letzteren ſind gewöhnlich drei nach vorn, eine nach hinten gerichtet; bei einzelnen Vögeln kehrt ſich die hintere Zehe jedoch nach vorn, bei anderen verkümmert ſie, bei anderen wendet ſich eine Zehe, die äußere oder die innere nach hinten, bei einzelnen endlich verkümmert der Fuß bis auf zwei außen ſichtbare Zehen. Der Daumen beſitzt zwei, die erſte Vorderzehe drei, die zweite vier, die äußere fünf Glieder. Unter den Muskeln ſtehen die, welche die Flügel bewegen, alſo die Bruſtmuskeln, obenan; ſie erreichen hier einen Umfang, wie bei keinem Wirbelthiere weiter. Jhnen gegenüber treten die Muskeln des Rückens auffallend zurück. Am Beine haben in der Regel nur der Ober- und der Unterſchenkel kräftige Muskeln; denn blos bei denjenigen Vögeln, deren Fänge bis zu den Zehen herab befiedert ſind, erſtrecken ſich die Muskeln weiter nach unten bis gegen die Zehen hin; bei den übrigen ſind ſie am Lauftheile bereits ſehnig geworden. Sehr entwickelt zeigen ſich die Hautmuskeln, verkümmert die Geſichtsmuskeln. Das Nervenſyſtem kommt dem der Säugethiere ſehr nah. Das Gehirn überwiegt an Maſſe noch das Rückenmark, iſt jedoch ſchon einfacher gebildet, theilt ſich in das große und kleine Hirn, zeigt beide Halbkugeln des erſteren, nicht aber auch die Windungen, welche das Hirn der Säugethiere ſo auszeichnen. Das verlängerte Mark iſt beträchtlich groß, das Rückenmark in der Röhre der Hals- wirbel rundlich und gleich dick, in der Röhre der Bruſtwirbel breiter und dicker, in den Kreuzwirbeln wieder dünner. Die Nerven verhalten ſich in ihrem Verlaufe im allgemeinen ebenſo wie die der Säugethiere. Alle Sinneswerkzeuge ſind vorhanden und wohl entwickelt, einzelne zwar vereinfacht, nicht aber verkümmert. Das Auge ſteht obenan, ebenſowohl wegen ſeiner ſtets beträchtlichen Größe, wie ſeiner inneren Bildung. Geſtalt und Größe ſind ſehr verſchieden: alle fernſichtigen und alle nächtlichen Vögel z. B. haben ſehr große, die übrigen kleinere Augen. Dem Vogelange eigenthümlich ſind: der ſogenannte Knochenring, gebildet aus zwölf bis ſechszehn vierſeitigen Schuppen, welche ſich mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/1028
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 974. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/1028>, abgerufen am 26.04.2024.