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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Quermäuler. Hundshaie.
in Folge der am Hinterkopfe angewachsenen und vonhieraus sich verbreiternden Brustflossen scheiben-
artig gestalteten Leibe, bei denen Auge und Spritzlöcher auf der Oberseite, Mund- und Kiemenspalte
auf der Unterseite liegen, und der meist dünne Schwanz gemeiniglich die beiden Rückenflossen trägt.
Diese Abtheilungen werden von Einigen als Familien, von Anderen als Unterordnungen oder Zünfte
angesehen und dann in viele Familien getheilt. Das Eine wie das Andere läßt sich rechtfertigen; ich
habe mich auch hier im Wesentlichen Johannes Müller angeschlossen. Beide Gruppen unter-
scheiden sich durch Aufenthalt und Lebensweise nicht minder als durch ihre Gestalt, kommen aber darin
vollständig mit einander überein, daß sie größtentheils lebende Junge gebären und auch, wenn sie
Eier legen, an Fruchtbarkeit den bisher genannten Fischen weit nachstehen. Jene mit spindelför-
migem Leibe, die Haifische, halten sich meist in den oberen Schichten der Gewässer auf und durch-
wandern, Beute suchend, das weite Meer von einer Küste zur anderen; diese, die Rochen, leben nach
Art der ihnen ähnlich gestalteten Plattfische, nur oder doch hauptsächlich in der Nähe der Küsten,
regelmäßig in den tieferen Wasserschichten und, so lange sie nicht einer Beute nachschwimmen, wie die
Plattfische auf dem Meeresboden selbst. An Gefräßigkeit stehen sich beide gleich, und die größeren
Arten, namentlich der Hai gelten deshalb mit Recht als ebenso schädliche wie furchtbare Thiere. Neben
den wenigen Kopffüßlern, welche ihrer Größe halber die Sage vom Kraken hervorgerufen zu haben
scheinen, sind sie die einzigen Raubthiere des Meeres, welche wirklich den Menschen angreifen, in der
Absicht, ihn sich zur Beute zu machen. Solche räuberische Wesen haben allerorts unsere Rachsucht
heraufbeschworen und uns zu unerbittlichen Feinden gemacht. Andere Fische fängt man des Nutzens
halber, welchen sie gewähren: beim Fange der größeren Haifische kommt weniger der Nutzen in Be-
tracht, als die Absicht, möglichst viele von ihnen zu vertilgen.

Zu den Knorpelfischen, welche Eier legen, gehören die Hundshaie (Scyllia), kleine Mit-
glieder der ersten Gruppe mit zwei, weit nach hinten stehenden Rückenflossen und entwickelter After-
flosse, lang gestreckter, nicht gegabelter, sondern am Ende abgestutzter Schwanzflosse, Spritzlöchern,
fünf Kiemenöffnungen, deren letzte über der Wurzel der breiten Brustflossen steht, kurzer, stumpfer
Schnauze, in der Nähe des Mundes stehenden, in einer bis zum Lippenrande laufenden Rinne fort-
gesetzten, durch ein oder zwei Hautläppchen verschließbaren Nasenlöchern und dreieckigen, in der Mitte
scharf gespitzten, seitlich gesägten Zähnen. Neuerdings hat man nach der verschiedenen Stellung der
Flossen zu einander Unterschiede begründet und zur Aufstellung verschiedener Sippen benutzt. So
vereinigt man unter dem Namen Hundshaie im engeren Sinne (Scyllium) diejenigen, bei denen
die erste Rückenflosse zwischen Bauch- und Afterflosse, die zweite zwischen After- und Schwanz-
flosse steht.

Zu ihr zählen zwei, in den europäischen Meeren weit verbreitete und häufige, einander sehr
ähnliche Fische: der Hundshai und der Katzenhai. Ersterer (Scyllium canicula), erreicht eine
Länge von 11/2, höchstens 2 Fuß und ist oben auf röthlichem Grunde mit vielen kleinen, braunen
Flecken gezeichnet, unten weiß; letzterer (Scyllium catulus), erreicht eine Länge von 3 Fuß und unter-
scheidet sich außerdem von jenem durch die bedeutend größeren und spärlicheren Flecken.

Jn der Lebensweise kommen sich die beiden Arten gleich. Sie bewohnen die Meere des warmen
und gemäßigten Gürtels, in der Nähe Europas hauptsächlich das mittelländische Meer, ohne jedoch
im atlantischen Weltmeeere oder in der Nordsee zu fehlen, halten sich in mäßigen Tiefen gewöhnlich
nah dem Grunde auf und fallen hier alle Fische an, welche sie verschlucken können, nähren sich
nebenbei auch von Krebsen und vielleicht Weichthieren verschiedener Art. Der eine wie der andere
gehören zu den schlimmsten Feinden der Heringe, folgen deren Zügen und vermehren sich da, wo jene
regelmäßig sich einfinden, bald außerordentlich, den Fischern zum Schaden und Aerger. Denn nicht
nur, daß sie diesen den Fang beeinträchtigen, zerreißen sie auch, entweder mit den Zähnen oder durch
ihr ungestümes Gebahren, viele Netze. Wenn sie auf Zugheringe stoßen, sollen sie so viele verschlucken,
bis sie nicht mehr können, sodann sich erbrechen, von Neuem zu fressen beginnen und in dieser Weise,

Die Quermäuler. Hundshaie.
in Folge der am Hinterkopfe angewachſenen und vonhieraus ſich verbreiternden Bruſtfloſſen ſcheiben-
artig geſtalteten Leibe, bei denen Auge und Spritzlöcher auf der Oberſeite, Mund- und Kiemenſpalte
auf der Unterſeite liegen, und der meiſt dünne Schwanz gemeiniglich die beiden Rückenfloſſen trägt.
Dieſe Abtheilungen werden von Einigen als Familien, von Anderen als Unterordnungen oder Zünfte
angeſehen und dann in viele Familien getheilt. Das Eine wie das Andere läßt ſich rechtfertigen; ich
habe mich auch hier im Weſentlichen Johannes Müller angeſchloſſen. Beide Gruppen unter-
ſcheiden ſich durch Aufenthalt und Lebensweiſe nicht minder als durch ihre Geſtalt, kommen aber darin
vollſtändig mit einander überein, daß ſie größtentheils lebende Junge gebären und auch, wenn ſie
Eier legen, an Fruchtbarkeit den bisher genannten Fiſchen weit nachſtehen. Jene mit ſpindelför-
migem Leibe, die Haifiſche, halten ſich meiſt in den oberen Schichten der Gewäſſer auf und durch-
wandern, Beute ſuchend, das weite Meer von einer Küſte zur anderen; dieſe, die Rochen, leben nach
Art der ihnen ähnlich geſtalteten Plattfiſche, nur oder doch hauptſächlich in der Nähe der Küſten,
regelmäßig in den tieferen Waſſerſchichten und, ſo lange ſie nicht einer Beute nachſchwimmen, wie die
Plattfiſche auf dem Meeresboden ſelbſt. An Gefräßigkeit ſtehen ſich beide gleich, und die größeren
Arten, namentlich der Hai gelten deshalb mit Recht als ebenſo ſchädliche wie furchtbare Thiere. Neben
den wenigen Kopffüßlern, welche ihrer Größe halber die Sage vom Kraken hervorgerufen zu haben
ſcheinen, ſind ſie die einzigen Raubthiere des Meeres, welche wirklich den Menſchen angreifen, in der
Abſicht, ihn ſich zur Beute zu machen. Solche räuberiſche Weſen haben allerorts unſere Rachſucht
heraufbeſchworen und uns zu unerbittlichen Feinden gemacht. Andere Fiſche fängt man des Nutzens
halber, welchen ſie gewähren: beim Fange der größeren Haifiſche kommt weniger der Nutzen in Be-
tracht, als die Abſicht, möglichſt viele von ihnen zu vertilgen.

Zu den Knorpelfiſchen, welche Eier legen, gehören die Hundshaie (Scyllia), kleine Mit-
glieder der erſten Gruppe mit zwei, weit nach hinten ſtehenden Rückenfloſſen und entwickelter After-
floſſe, lang geſtreckter, nicht gegabelter, ſondern am Ende abgeſtutzter Schwanzfloſſe, Spritzlöchern,
fünf Kiemenöffnungen, deren letzte über der Wurzel der breiten Bruſtfloſſen ſteht, kurzer, ſtumpfer
Schnauze, in der Nähe des Mundes ſtehenden, in einer bis zum Lippenrande laufenden Rinne fort-
geſetzten, durch ein oder zwei Hautläppchen verſchließbaren Naſenlöchern und dreieckigen, in der Mitte
ſcharf geſpitzten, ſeitlich geſägten Zähnen. Neuerdings hat man nach der verſchiedenen Stellung der
Floſſen zu einander Unterſchiede begründet und zur Aufſtellung verſchiedener Sippen benutzt. So
vereinigt man unter dem Namen Hundshaie im engeren Sinne (Scyllium) diejenigen, bei denen
die erſte Rückenfloſſe zwiſchen Bauch- und Afterfloſſe, die zweite zwiſchen After- und Schwanz-
floſſe ſteht.

Zu ihr zählen zwei, in den europäiſchen Meeren weit verbreitete und häufige, einander ſehr
ähnliche Fiſche: der Hundshai und der Katzenhai. Erſterer (Scyllium canicula), erreicht eine
Länge von 1½, höchſtens 2 Fuß und iſt oben auf röthlichem Grunde mit vielen kleinen, braunen
Flecken gezeichnet, unten weiß; letzterer (Scyllium catulus), erreicht eine Länge von 3 Fuß und unter-
ſcheidet ſich außerdem von jenem durch die bedeutend größeren und ſpärlicheren Flecken.

Jn der Lebensweiſe kommen ſich die beiden Arten gleich. Sie bewohnen die Meere des warmen
und gemäßigten Gürtels, in der Nähe Europas hauptſächlich das mittelländiſche Meer, ohne jedoch
im atlantiſchen Weltmeeere oder in der Nordſee zu fehlen, halten ſich in mäßigen Tiefen gewöhnlich
nah dem Grunde auf und fallen hier alle Fiſche an, welche ſie verſchlucken können, nähren ſich
nebenbei auch von Krebſen und vielleicht Weichthieren verſchiedener Art. Der eine wie der andere
gehören zu den ſchlimmſten Feinden der Heringe, folgen deren Zügen und vermehren ſich da, wo jene
regelmäßig ſich einfinden, bald außerordentlich, den Fiſchern zum Schaden und Aerger. Denn nicht
nur, daß ſie dieſen den Fang beeinträchtigen, zerreißen ſie auch, entweder mit den Zähnen oder durch
ihr ungeſtümes Gebahren, viele Netze. Wenn ſie auf Zugheringe ſtoßen, ſollen ſie ſo viele verſchlucken,
bis ſie nicht mehr können, ſodann ſich erbrechen, von Neuem zu freſſen beginnen und in dieſer Weiſe,

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[776/0818] Die Quermäuler. Hundshaie. in Folge der am Hinterkopfe angewachſenen und vonhieraus ſich verbreiternden Bruſtfloſſen ſcheiben- artig geſtalteten Leibe, bei denen Auge und Spritzlöcher auf der Oberſeite, Mund- und Kiemenſpalte auf der Unterſeite liegen, und der meiſt dünne Schwanz gemeiniglich die beiden Rückenfloſſen trägt. Dieſe Abtheilungen werden von Einigen als Familien, von Anderen als Unterordnungen oder Zünfte angeſehen und dann in viele Familien getheilt. Das Eine wie das Andere läßt ſich rechtfertigen; ich habe mich auch hier im Weſentlichen Johannes Müller angeſchloſſen. Beide Gruppen unter- ſcheiden ſich durch Aufenthalt und Lebensweiſe nicht minder als durch ihre Geſtalt, kommen aber darin vollſtändig mit einander überein, daß ſie größtentheils lebende Junge gebären und auch, wenn ſie Eier legen, an Fruchtbarkeit den bisher genannten Fiſchen weit nachſtehen. Jene mit ſpindelför- migem Leibe, die Haifiſche, halten ſich meiſt in den oberen Schichten der Gewäſſer auf und durch- wandern, Beute ſuchend, das weite Meer von einer Küſte zur anderen; dieſe, die Rochen, leben nach Art der ihnen ähnlich geſtalteten Plattfiſche, nur oder doch hauptſächlich in der Nähe der Küſten, regelmäßig in den tieferen Waſſerſchichten und, ſo lange ſie nicht einer Beute nachſchwimmen, wie die Plattfiſche auf dem Meeresboden ſelbſt. An Gefräßigkeit ſtehen ſich beide gleich, und die größeren Arten, namentlich der Hai gelten deshalb mit Recht als ebenſo ſchädliche wie furchtbare Thiere. Neben den wenigen Kopffüßlern, welche ihrer Größe halber die Sage vom Kraken hervorgerufen zu haben ſcheinen, ſind ſie die einzigen Raubthiere des Meeres, welche wirklich den Menſchen angreifen, in der Abſicht, ihn ſich zur Beute zu machen. Solche räuberiſche Weſen haben allerorts unſere Rachſucht heraufbeſchworen und uns zu unerbittlichen Feinden gemacht. Andere Fiſche fängt man des Nutzens halber, welchen ſie gewähren: beim Fange der größeren Haifiſche kommt weniger der Nutzen in Be- tracht, als die Abſicht, möglichſt viele von ihnen zu vertilgen. Zu den Knorpelfiſchen, welche Eier legen, gehören die Hundshaie (Scyllia), kleine Mit- glieder der erſten Gruppe mit zwei, weit nach hinten ſtehenden Rückenfloſſen und entwickelter After- floſſe, lang geſtreckter, nicht gegabelter, ſondern am Ende abgeſtutzter Schwanzfloſſe, Spritzlöchern, fünf Kiemenöffnungen, deren letzte über der Wurzel der breiten Bruſtfloſſen ſteht, kurzer, ſtumpfer Schnauze, in der Nähe des Mundes ſtehenden, in einer bis zum Lippenrande laufenden Rinne fort- geſetzten, durch ein oder zwei Hautläppchen verſchließbaren Naſenlöchern und dreieckigen, in der Mitte ſcharf geſpitzten, ſeitlich geſägten Zähnen. Neuerdings hat man nach der verſchiedenen Stellung der Floſſen zu einander Unterſchiede begründet und zur Aufſtellung verſchiedener Sippen benutzt. So vereinigt man unter dem Namen Hundshaie im engeren Sinne (Scyllium) diejenigen, bei denen die erſte Rückenfloſſe zwiſchen Bauch- und Afterfloſſe, die zweite zwiſchen After- und Schwanz- floſſe ſteht. Zu ihr zählen zwei, in den europäiſchen Meeren weit verbreitete und häufige, einander ſehr ähnliche Fiſche: der Hundshai und der Katzenhai. Erſterer (Scyllium canicula), erreicht eine Länge von 1½, höchſtens 2 Fuß und iſt oben auf röthlichem Grunde mit vielen kleinen, braunen Flecken gezeichnet, unten weiß; letzterer (Scyllium catulus), erreicht eine Länge von 3 Fuß und unter- ſcheidet ſich außerdem von jenem durch die bedeutend größeren und ſpärlicheren Flecken. Jn der Lebensweiſe kommen ſich die beiden Arten gleich. Sie bewohnen die Meere des warmen und gemäßigten Gürtels, in der Nähe Europas hauptſächlich das mittelländiſche Meer, ohne jedoch im atlantiſchen Weltmeeere oder in der Nordſee zu fehlen, halten ſich in mäßigen Tiefen gewöhnlich nah dem Grunde auf und fallen hier alle Fiſche an, welche ſie verſchlucken können, nähren ſich nebenbei auch von Krebſen und vielleicht Weichthieren verſchiedener Art. Der eine wie der andere gehören zu den ſchlimmſten Feinden der Heringe, folgen deren Zügen und vermehren ſich da, wo jene regelmäßig ſich einfinden, bald außerordentlich, den Fiſchern zum Schaden und Aerger. Denn nicht nur, daß ſie dieſen den Fang beeinträchtigen, zerreißen ſie auch, entweder mit den Zähnen oder durch ihr ungeſtümes Gebahren, viele Netze. Wenn ſie auf Zugheringe ſtoßen, ſollen ſie ſo viele verſchlucken, bis ſie nicht mehr können, ſodann ſich erbrechen, von Neuem zu freſſen beginnen und in dieſer Weiſe,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/818>, abgerufen am 26.04.2024.