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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Der Grönländer Unwissenheit.
Einiger
Grönländer Unwissenheit
von Gott.
Wann wir nunmehr fast überführet,
Obgleich sich die Vernunft fast ganz dabey ver-
lieret,

Daß dort in Grönlands Finsternissen,
(Wenn wir nicht alles leugnen wollen,)
Sich Menschen finden sollen,
Die das geringste nicht von einer Gottheit wissen:
So kann dennoch, in diesen Dunkelheiten,
Obgleich, dem Ansehn nach, fast aller Grund gebricht,
Uns dennoch des Verstandes Licht,
Vielleicht, zu einer Ursach leiten.
Es dient vielleicht der Zustand uns zur Lehre,
Damit das menschliche Geschlechte,
Durch Eigenlieb und Stolz verführt, nicht denken möchte,
Als wenn der große Gott der Menschen Ehre
Bedürft und ihres Diensts benöthigt wäre,
So wie es wirklich scheint,
Daß dieß die Menschheit von sich meynt.
Daher, wenn dieß auch so sich in der That befinde,
Daß ihrer keiner was von einem Gott verstunde,
Es doch so ärgerlich, wie viele glauben,
Ob liesse Gott hiedurch sich eine Ehre rauben,
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Der Groͤnlaͤnder Unwiſſenheit.
Einiger
Groͤnlaͤnder Unwiſſenheit
von Gott.
Wann wir nunmehr faſt uͤberfuͤhret,
Obgleich ſich die Vernunft faſt ganz dabey ver-
lieret,

Daß dort in Groͤnlands Finſterniſſen,
(Wenn wir nicht alles leugnen wollen,)
Sich Menſchen finden ſollen,
Die das geringſte nicht von einer Gottheit wiſſen:
So kann dennoch, in dieſen Dunkelheiten,
Obgleich, dem Anſehn nach, faſt aller Grund gebricht,
Uns dennoch des Verſtandes Licht,
Vielleicht, zu einer Urſach leiten.
Es dient vielleicht der Zuſtand uns zur Lehre,
Damit das menſchliche Geſchlechte,
Durch Eigenlieb und Stolz verfuͤhrt, nicht denken moͤchte,
Als wenn der große Gott der Menſchen Ehre
Beduͤrft und ihres Dienſts benoͤthigt waͤre,
So wie es wirklich ſcheint,
Daß dieß die Menſchheit von ſich meynt.
Daher, wenn dieß auch ſo ſich in der That befinde,
Daß ihrer keiner was von einem Gott verſtůnde,
Es doch ſo aͤrgerlich, wie viele glauben,
Ob lieſſe Gott hiedurch ſich eine Ehre rauben,
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[403/0427] Der Groͤnlaͤnder Unwiſſenheit. Einiger Groͤnlaͤnder Unwiſſenheit von Gott. Wann wir nunmehr faſt uͤberfuͤhret, Obgleich ſich die Vernunft faſt ganz dabey ver- lieret, Daß dort in Groͤnlands Finſterniſſen, (Wenn wir nicht alles leugnen wollen,) Sich Menſchen finden ſollen, Die das geringſte nicht von einer Gottheit wiſſen: So kann dennoch, in dieſen Dunkelheiten, Obgleich, dem Anſehn nach, faſt aller Grund gebricht, Uns dennoch des Verſtandes Licht, Vielleicht, zu einer Urſach leiten. Es dient vielleicht der Zuſtand uns zur Lehre, Damit das menſchliche Geſchlechte, Durch Eigenlieb und Stolz verfuͤhrt, nicht denken moͤchte, Als wenn der große Gott der Menſchen Ehre Beduͤrft und ihres Dienſts benoͤthigt waͤre, So wie es wirklich ſcheint, Daß dieß die Menſchheit von ſich meynt. Daher, wenn dieß auch ſo ſich in der That befinde, Daß ihrer keiner was von einem Gott verſtůnde, Es doch ſo aͤrgerlich, wie viele glauben, Ob lieſſe Gott hiedurch ſich eine Ehre rauben, Ge- C c 2

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/427>, abgerufen am 26.04.2024.