Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch.
Herz mit tausenderley Angst und Sorge umbspannet wahr/ machte seine anmuhtigkeit
mich derselben zum oftern vergessen. Wohin ist doch nun das freie Gemühte gereiset? wo-
her komt dieser unliebliche Wechsel/ der das allergeringste Zeichen einer Fröligkeit an ihm
nicht mehr wil scheinen lassen? Ist euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet/ so gebe sie
mirs zuverstehen; oder findet sich einiger Mensch in dieser Geselschaft/ dessen Gegenwart
er nicht ertragen kan/ so mache er mir denselben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes
Schwacheit/ welche der Arzney bedürffte/ wird er sich ja selber nicht verseumen; oder wel-
ches ich am ersten gläube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte/ da er ohn Ehren- ab-
bruch zugelassen werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fürstlich/ daß er ungebührlich lie-
ben solte) so lasse er michs kühnlich wissen; ich weiß wie verliebten umbs Herz ist/ und weiß
daher auch/ wie man in diesem falle Raht schaffen kan. Arbianes/ der ohndz bey Frauen-
zimmer blöde wahr/ und die Groß Fürstin hochehrete/ ward wegen dieses Anspruchs mit
einer grossen Schamröhte übergossen/ und weil ihm unmöglich wahr zu antworten/ auch
nicht wuste/ was er antworten solte/ ließ er an stat der Rede einen schweren Seufzen/ dann
die Zunge wegerte sich ihres Amtes/ und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwirret/
hatte nicht Zeit zubedenken/ womit diese tief forschende Frage solte ersetzet werden; welches
die Groß Fürstin merkend/ also fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure
Liebe gleich auff meine Frage schweiget/ gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht/
und verständiget mich/ daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fürst/ welches ihr so wenig
zuverbergen wisset/ als ich zu jener Zeit/ da Fürst Pharnabazus mir meines Schatzes Brust-
bilde zeigete/ wie euch unvergessen ist; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten
Freunde/ so gebet mir euer Anligen zuverstehen/ und prüfet mich in diesem Stücke/ wie ich
gegen euch gesinnet sey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz/ küssete ihr die Hand mit
grosser Höfligkeit und ehrerbietung und sagte nachgehends: Durchleuchtigste Groß Für-
stin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe/ so hohes erbieten anzuhören;
dann es übertrift nicht allein mein Vermögen/ sondern alle erkäntnis/ daß ich daher mich
keiner Antwort zuersinnen weiß; wann aber vor diese erzeigete hohe Gnade mein ungül-
tiges Blut gnug währe/ daß in ihrem Dienste es vergossen würde/ wolte ohn einiges we-
gern ich mich zum Opfer darstellen; fassete ihre zarte Hände zum andernmahle/ und küsse-
te sie ganz inniglich/ daß sie von neuen fürchtete/ er würde gegen sie entzündet seyn; welches
unbillige Feur zu dämpffen/ sie zu ihm sagete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in War-
heit gar zu grosse Ehr/ die mir allerdinge unangenehm ist/ nachdem wir nunmehr in solche
Kundschaft gerahten sind/ daß viel besser währe/ wir setzeten diese Höfligkeit bey seite/ als
die nur den Fremden zustehet; ich erkenne ohndaß sein gewogenes Herz/ welches ich auff
allen Wegen/ die Zucht und Gesetze nicht verschliessen/ nach äusserstem Vermögen zuer-
setzen mich willig erbiete/ und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er ant-
worte mir/ bitte ich/ auff meine Frage; ist dann dieselbe/ so er liebet (dann ich weiß gewiß
daß er liebet) ein unversagtes Fräulein/ so verlasse er sich nur kühnlich auff meinen Bey-
stand; solten aber über alles verhoffen/ seine Sinnen durch einer verheirahteten Zierligkeit
berücket seyn/ wie dann ein Mensch wol verleitet werden kan/ ey so wolle mein Herr Bru-
der sich ja beyzeiten begreiffen/ und mit solcher Unbilligkeit seine Seele nicht beladen; wie

ich
g iij

Fuͤnftes Buch.
Herz mit tauſenderley Angſt und Sorge umbſpannet wahr/ machte ſeine anmuhtigkeit
mich derſelben zum oftern vergeſſen. Wohin iſt doch nun das freie Gemuͤhte gereiſet? wo-
her komt dieſer unliebliche Wechſel/ der das allergeringſte Zeichen einer Froͤligkeit an ihm
nicht mehr wil ſcheinen laſſen? Iſt euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet/ ſo gebe ſie
mirs zuverſtehen; oder findet ſich einiger Menſch in dieſer Geſelſchaft/ deſſen Gegenwart
er nicht ertragen kan/ ſo mache er mir denſelben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes
Schwacheit/ welche der Arzney beduͤrffte/ wird er ſich ja ſelber nicht verſeumen; oder wel-
ches ich am erſten glaͤube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte/ da er ohn Ehren- ab-
bruch zugelaſſen werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fuͤrſtlich/ daß er ungebuͤhrlich lie-
ben ſolte) ſo laſſe er michs kuͤhnlich wiſſen; ich weiß wie verliebten umbs Herz iſt/ uñ weiß
daher auch/ wie man in dieſem falle Raht ſchaffen kan. Arbianes/ der ohndz bey Frauen-
zimmer bloͤde wahr/ und die Groß Fuͤrſtin hochehrete/ ward wegen dieſes Anſpruchs mit
einer groſſen Schamroͤhte uͤbergoſſen/ und weil ihm unmoͤglich wahr zu antworten/ auch
nicht wuſte/ was er antworten ſolte/ ließ er an ſtat der Rede einen ſchweren Seufzen/ dañ
die Zunge wegerte ſich ihres Amtes/ und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwirꝛet/
hatte nicht Zeit zubedenken/ womit dieſe tief forſchende Frage ſolte erſetzet werdẽ; welches
die Groß Fürſtin merkend/ alſo fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure
Liebe gleich auff meine Frage ſchweiget/ gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht/
und verſtaͤndiget mich/ daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fuͤrſt/ welches ihr ſo wenig
zuverbergẽ wiſſet/ als ich zu jener Zeit/ da Fürſt Pharnabazus mir meines Schatzes Bruſt-
bilde zeigete/ wie euch unvergeſſen iſt; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten
Freunde/ ſo gebet mir euer Anligen zuverſtehen/ und pruͤfet mich in dieſem Stuͤcke/ wie ich
gegen euch geſinnet ſey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz/ kuͤſſete ihr die Hand mit
groſſer Hoͤfligkeit und ehrerbietung und ſagte nachgehends: Durchleuchtigſte Groß Fuͤr-
ſtin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe/ ſo hohes erbieten anzuhoͤrẽ;
dann es übertrift nicht allein mein Vermoͤgen/ ſondern alle erkaͤntnis/ daß ich daher mich
keiner Antwort zuerſinnen weiß; wann aber vor dieſe erzeigete hohe Gnade mein unguͤl-
tiges Blut gnug waͤhre/ daß in ihrem Dienſte es vergoſſen wuͤrde/ wolte ohn einiges we-
gern ich mich zum Opfer darſtellen; faſſete ihre zarte Haͤnde zum andernmahle/ und kuͤſſe-
te ſie ganz inniglich/ daß ſie von neuen fuͤrchtete/ er wuͤrde gegen ſie entzuͤndet ſeyn; welches
unbillige Feur zu daͤmpffen/ ſie zu ihm ſagete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in War-
heit gar zu groſſe Ehr/ die mir allerdinge unangenehm iſt/ nachdem wir nunmehr in ſolche
Kundſchaft gerahten ſind/ daß viel beſſer waͤhre/ wir ſetzeten dieſe Hoͤfligkeit bey ſeite/ als
die nur den Fremden zuſtehet; ich erkenne ohndaß ſein gewogenes Herz/ welches ich auff
allen Wegen/ die Zucht und Geſetze nicht verſchlieſſen/ nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen zuer-
ſetzen mich willig erbiete/ und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er ant-
worte mir/ bitte ich/ auff meine Frage; iſt dann dieſelbe/ ſo er liebet (dann ich weiß gewiß
daß er liebet) ein unverſagtes Fraͤulein/ ſo verlaſſe er ſich nur kuͤhnlich auff meinen Bey-
ſtand; ſolten aber uͤber alles verhoffen/ ſeine Siñen durch einer verheirahteten Zierligkeit
beruͤcket ſeyn/ wie dann ein Menſch wol verleitet werden kan/ ey ſo wolle mein Herr Bru-
der ſich ja beyzeiten begreiffen/ und mit ſolcher Unbilligkeit ſeine Seele nicht beladen; wie

ich
g iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0059" n="53"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Buch.</hi></fw><lb/>
Herz mit tau&#x017F;enderley Ang&#x017F;t und Sorge umb&#x017F;pannet wahr/ machte &#x017F;eine anmuhtigkeit<lb/>
mich der&#x017F;elben zum oftern verge&#x017F;&#x017F;en. Wohin i&#x017F;t doch nun das freie Gemu&#x0364;hte gerei&#x017F;et? wo-<lb/>
her komt die&#x017F;er unliebliche Wech&#x017F;el/ der das allergering&#x017F;te Zeichen einer Fro&#x0364;ligkeit an ihm<lb/>
nicht mehr wil &#x017F;cheinen la&#x017F;&#x017F;en? I&#x017F;t euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet/ &#x017F;o gebe &#x017F;ie<lb/>
mirs zuver&#x017F;tehen; oder findet &#x017F;ich einiger Men&#x017F;ch in die&#x017F;er Ge&#x017F;el&#x017F;chaft/ de&#x017F;&#x017F;en Gegenwart<lb/>
er nicht ertragen kan/ &#x017F;o mache er mir den&#x017F;elben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes<lb/>
Schwacheit/ welche der Arzney bedu&#x0364;rffte/ wird er &#x017F;ich ja &#x017F;elber nicht ver&#x017F;eumen; oder wel-<lb/>
ches ich am er&#x017F;ten gla&#x0364;ube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte/ da er ohn Ehren- ab-<lb/>
bruch zugela&#x017F;&#x017F;en werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fu&#x0364;r&#x017F;tlich/ daß er ungebu&#x0364;hrlich lie-<lb/>
ben &#x017F;olte) &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e er michs ku&#x0364;hnlich wi&#x017F;&#x017F;en; ich weiß wie verliebten umbs Herz i&#x017F;t/ un&#x0303; weiß<lb/>
daher auch/ wie man in die&#x017F;em falle Raht &#x017F;chaffen kan. Arbianes/ der ohndz bey Frauen-<lb/>
zimmer blo&#x0364;de wahr/ und die Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin hochehrete/ ward wegen die&#x017F;es An&#x017F;pruchs mit<lb/>
einer gro&#x017F;&#x017F;en Schamro&#x0364;hte u&#x0364;bergo&#x017F;&#x017F;en/ und weil ihm unmo&#x0364;glich wahr zu antworten/ auch<lb/>
nicht wu&#x017F;te/ was er antworten &#x017F;olte/ ließ er an &#x017F;tat der Rede einen &#x017F;chweren Seufzen/ dan&#x0303;<lb/>
die Zunge wegerte &#x017F;ich ihres Amtes/ und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwir&#xA75B;et/<lb/>
hatte nicht Zeit zubedenken/ womit die&#x017F;e tief for&#x017F;chende Frage &#x017F;olte er&#x017F;etzet werde&#x0303;; welches<lb/>
die Groß Für&#x017F;tin merkend/ al&#x017F;o fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure<lb/>
Liebe gleich auff meine Frage &#x017F;chweiget/ gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht/<lb/>
und ver&#x017F;ta&#x0364;ndiget mich/ daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fu&#x0364;r&#x017F;t/ welches ihr &#x017F;o wenig<lb/>
zuverberge&#x0303; wi&#x017F;&#x017F;et/ als ich zu jener Zeit/ da Für&#x017F;t Pharnabazus mir meines Schatzes Bru&#x017F;t-<lb/>
bilde zeigete/ wie euch unverge&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten<lb/>
Freunde/ &#x017F;o gebet mir euer Anligen zuver&#x017F;tehen/ und pru&#x0364;fet mich in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke/ wie ich<lb/>
gegen euch ge&#x017F;innet &#x017F;ey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz/ ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete ihr die Hand mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Ho&#x0364;fligkeit und ehrerbietung und &#x017F;agte nachgehends: Durchleuchtig&#x017F;te Groß Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe/ &#x017F;o hohes erbieten anzuho&#x0364;re&#x0303;;<lb/>
dann es übertrift nicht allein mein Vermo&#x0364;gen/ &#x017F;ondern alle erka&#x0364;ntnis/ daß ich daher mich<lb/>
keiner Antwort zuer&#x017F;innen weiß; wann aber vor die&#x017F;e erzeigete hohe Gnade mein ungu&#x0364;l-<lb/>
tiges Blut gnug wa&#x0364;hre/ daß in ihrem Dien&#x017F;te es vergo&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde/ wolte ohn einiges we-<lb/>
gern ich mich zum Opfer dar&#x017F;tellen; fa&#x017F;&#x017F;ete ihre zarte Ha&#x0364;nde zum andernmahle/ und ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
te &#x017F;ie ganz inniglich/ daß &#x017F;ie von neuen fu&#x0364;rchtete/ er wu&#x0364;rde gegen &#x017F;ie entzu&#x0364;ndet &#x017F;eyn; welches<lb/>
unbillige Feur zu da&#x0364;mpffen/ &#x017F;ie zu ihm &#x017F;agete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in War-<lb/>
heit gar zu gro&#x017F;&#x017F;e Ehr/ die mir allerdinge unangenehm i&#x017F;t/ nachdem wir nunmehr in &#x017F;olche<lb/>
Kund&#x017F;chaft gerahten &#x017F;ind/ daß viel be&#x017F;&#x017F;er wa&#x0364;hre/ wir &#x017F;etzeten die&#x017F;e Ho&#x0364;fligkeit bey &#x017F;eite/ als<lb/>
die nur den Fremden zu&#x017F;tehet; ich erkenne ohndaß &#x017F;ein gewogenes Herz/ welches ich auff<lb/>
allen Wegen/ die Zucht und Ge&#x017F;etze nicht ver&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ nach a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tem Vermo&#x0364;gen zuer-<lb/>
&#x017F;etzen mich willig erbiete/ und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er ant-<lb/>
worte mir/ bitte ich/ auff meine Frage; i&#x017F;t dann die&#x017F;elbe/ &#x017F;o er liebet (dann ich weiß gewiß<lb/>
daß er liebet) ein unver&#x017F;agtes Fra&#x0364;ulein/ &#x017F;o verla&#x017F;&#x017F;e er &#x017F;ich nur ku&#x0364;hnlich auff meinen Bey-<lb/>
&#x017F;tand; &#x017F;olten aber u&#x0364;ber alles verhoffen/ &#x017F;eine Sin&#x0303;en durch einer verheirahteten Zierligkeit<lb/>
beru&#x0364;cket &#x017F;eyn/ wie dann ein Men&#x017F;ch wol verleitet werden kan/ ey &#x017F;o wolle mein Herr Bru-<lb/>
der &#x017F;ich ja beyzeiten begreiffen/ und mit &#x017F;olcher Unbilligkeit &#x017F;eine Seele nicht beladen; wie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">g iij</fw><fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0059] Fuͤnftes Buch. Herz mit tauſenderley Angſt und Sorge umbſpannet wahr/ machte ſeine anmuhtigkeit mich derſelben zum oftern vergeſſen. Wohin iſt doch nun das freie Gemuͤhte gereiſet? wo- her komt dieſer unliebliche Wechſel/ der das allergeringſte Zeichen einer Froͤligkeit an ihm nicht mehr wil ſcheinen laſſen? Iſt euer Liebe etwa einige Unbilligkeit begegnet/ ſo gebe ſie mirs zuverſtehen; oder findet ſich einiger Menſch in dieſer Geſelſchaft/ deſſen Gegenwart er nicht ertragen kan/ ſo mache er mir denſelben nahmhaftig; oder empfindet er Leibes Schwacheit/ welche der Arzney beduͤrffte/ wird er ſich ja ſelber nicht verſeumen; oder wel- ches ich am erſten glaͤube; liebet mein Herr Bruder an einem Orte/ da er ohn Ehren- ab- bruch zugelaſſen werden kan (dann ich halte ihn viel zu Fuͤrſtlich/ daß er ungebuͤhrlich lie- ben ſolte) ſo laſſe er michs kuͤhnlich wiſſen; ich weiß wie verliebten umbs Herz iſt/ uñ weiß daher auch/ wie man in dieſem falle Raht ſchaffen kan. Arbianes/ der ohndz bey Frauen- zimmer bloͤde wahr/ und die Groß Fuͤrſtin hochehrete/ ward wegen dieſes Anſpruchs mit einer groſſen Schamroͤhte uͤbergoſſen/ und weil ihm unmoͤglich wahr zu antworten/ auch nicht wuſte/ was er antworten ſolte/ ließ er an ſtat der Rede einen ſchweren Seufzen/ dañ die Zunge wegerte ſich ihres Amtes/ und die Vernunft in der Begierde zu kraus verwirꝛet/ hatte nicht Zeit zubedenken/ womit dieſe tief forſchende Frage ſolte erſetzet werdẽ; welches die Groß Fürſtin merkend/ alſo fort fuhr: In ehren hochgeliebter Herr Bruder; ob eure Liebe gleich auff meine Frage ſchweiget/ gibt doch der einige Seufzer vollige Nachricht/ und verſtaͤndiget mich/ daß ihr liebet; ja ihr liebet mein werter Fuͤrſt/ welches ihr ſo wenig zuverbergẽ wiſſet/ als ich zu jener Zeit/ da Fürſt Pharnabazus mir meines Schatzes Bruſt- bilde zeigete/ wie euch unvergeſſen iſt; rechnet ihr mich dann unter die Zahl eurer guten Freunde/ ſo gebet mir euer Anligen zuverſtehen/ und pruͤfet mich in dieſem Stuͤcke/ wie ich gegen euch geſinnet ſey. Arbianes empfing hiedurch ein Herz/ kuͤſſete ihr die Hand mit groſſer Hoͤfligkeit und ehrerbietung und ſagte nachgehends: Durchleuchtigſte Groß Fuͤr- ſtin; ihrer Durchl. ich unwirdiger Knecht bin viel zugeringe/ ſo hohes erbieten anzuhoͤrẽ; dann es übertrift nicht allein mein Vermoͤgen/ ſondern alle erkaͤntnis/ daß ich daher mich keiner Antwort zuerſinnen weiß; wann aber vor dieſe erzeigete hohe Gnade mein unguͤl- tiges Blut gnug waͤhre/ daß in ihrem Dienſte es vergoſſen wuͤrde/ wolte ohn einiges we- gern ich mich zum Opfer darſtellen; faſſete ihre zarte Haͤnde zum andernmahle/ und kuͤſſe- te ſie ganz inniglich/ daß ſie von neuen fuͤrchtete/ er wuͤrde gegen ſie entzuͤndet ſeyn; welches unbillige Feur zu daͤmpffen/ ſie zu ihm ſagete: Mein Herr Bruder erzeiget mir in War- heit gar zu groſſe Ehr/ die mir allerdinge unangenehm iſt/ nachdem wir nunmehr in ſolche Kundſchaft gerahten ſind/ daß viel beſſer waͤhre/ wir ſetzeten dieſe Hoͤfligkeit bey ſeite/ als die nur den Fremden zuſtehet; ich erkenne ohndaß ſein gewogenes Herz/ welches ich auff allen Wegen/ die Zucht und Geſetze nicht verſchlieſſen/ nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen zuer- ſetzen mich willig erbiete/ und mein Herr Bruder hieran nicht zuzweiffeln hat; aber er ant- worte mir/ bitte ich/ auff meine Frage; iſt dann dieſelbe/ ſo er liebet (dann ich weiß gewiß daß er liebet) ein unverſagtes Fraͤulein/ ſo verlaſſe er ſich nur kuͤhnlich auff meinen Bey- ſtand; ſolten aber uͤber alles verhoffen/ ſeine Siñen durch einer verheirahteten Zierligkeit beruͤcket ſeyn/ wie dann ein Menſch wol verleitet werden kan/ ey ſo wolle mein Herr Bru- der ſich ja beyzeiten begreiffen/ und mit ſolcher Unbilligkeit ſeine Seele nicht beladen; wie ich g iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/59
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/59>, abgerufen am 26.04.2024.