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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Zweyter Theil.
§ 275.

3. Die Aetiologie oder Krankheitsursachenlehre,
stellt die verschiedenen Verhältnisse der menschlichen Natur
auf, welche sie so modificiren, daß aus der bisherigen Ge-
sundheit eine bestimmte Gattung der Krankheit erwächst.

§ 276.

Sie ist das Resultat der an kranken Menschen gemach-
ten Erfahrungen, weil sie den ursachlichen Zusammenhang
untersucht, welcher zwischen den krankhaften Erscheinungen
und den Kräften, welche vorher auf den Menschen einwürk-
ten, Statt findet; welchen Zweck sie vermittelst der Kennt-
niß der Würkungsgesetze der menschlichen Natur erreicht.

§ 277.

Zur gehörigen Kenntniß eines jeden Krankheitsfalles,
dessen sämmtliche Erscheinungen wir ohnedies niemals voll-
ständig wahrnehmen, ist die Kenntniß der vorhergehenden
Verhältnisse des Menschen für immer nöthig, welche die
Ursache der gegenwärtigen Krankheit abgegeben haben: ja
oft leitet sie die Erkenntniß der Krankheit fast ganz allein.
So wird also die Aetiologie eine wichtige Stütze der Heil-
kunst.

§ 278.

Allein sie ist es auch in Rücksicht auf die Heilung un-
mittelbar, weil nämlich die Krankheitserscheinungen niemals
gehoben werden können, ehe ihre Veranlassungen hinweg-
geräumt sind, und dies eine genaue Kenntniß derselben vor-
aussetzt.




Zwey-
Zweyter Theil.
§ 275.

3. Die Aetiologie oder Krankheitsurſachenlehre,
ſtellt die verſchiedenen Verhaͤltniſſe der menſchlichen Natur
auf, welche ſie ſo modificiren, daß aus der bisherigen Ge-
ſundheit eine beſtimmte Gattung der Krankheit erwaͤchſt.

§ 276.

Sie iſt das Reſultat der an kranken Menſchen gemach-
ten Erfahrungen, weil ſie den urſachlichen Zuſammenhang
unterſucht, welcher zwiſchen den krankhaften Erſcheinungen
und den Kraͤften, welche vorher auf den Menſchen einwuͤrk-
ten, Statt findet; welchen Zweck ſie vermittelſt der Kennt-
niß der Wuͤrkungsgeſetze der menſchlichen Natur erreicht.

§ 277.

Zur gehoͤrigen Kenntniß eines jeden Krankheitsfalles,
deſſen ſaͤmmtliche Erſcheinungen wir ohnedies niemals voll-
ſtaͤndig wahrnehmen, iſt die Kenntniß der vorhergehenden
Verhaͤltniſſe des Menſchen fuͤr immer noͤthig, welche die
Urſache der gegenwaͤrtigen Krankheit abgegeben haben: ja
oft leitet ſie die Erkenntniß der Krankheit faſt ganz allein.
So wird alſo die Aetiologie eine wichtige Stuͤtze der Heil-
kunſt.

§ 278.

Allein ſie iſt es auch in Ruͤckſicht auf die Heilung un-
mittelbar, weil naͤmlich die Krankheitserſcheinungen niemals
gehoben werden koͤnnen, ehe ihre Veranlaſſungen hinweg-
geraͤumt ſind, und dies eine genaue Kenntniß derſelben vor-
ausſetzt.




Zwey-
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[84/0102] Zweyter Theil. § 275. 3. Die Aetiologie oder Krankheitsurſachenlehre, ſtellt die verſchiedenen Verhaͤltniſſe der menſchlichen Natur auf, welche ſie ſo modificiren, daß aus der bisherigen Ge- ſundheit eine beſtimmte Gattung der Krankheit erwaͤchſt. § 276. Sie iſt das Reſultat der an kranken Menſchen gemach- ten Erfahrungen, weil ſie den urſachlichen Zuſammenhang unterſucht, welcher zwiſchen den krankhaften Erſcheinungen und den Kraͤften, welche vorher auf den Menſchen einwuͤrk- ten, Statt findet; welchen Zweck ſie vermittelſt der Kennt- niß der Wuͤrkungsgeſetze der menſchlichen Natur erreicht. § 277. Zur gehoͤrigen Kenntniß eines jeden Krankheitsfalles, deſſen ſaͤmmtliche Erſcheinungen wir ohnedies niemals voll- ſtaͤndig wahrnehmen, iſt die Kenntniß der vorhergehenden Verhaͤltniſſe des Menſchen fuͤr immer noͤthig, welche die Urſache der gegenwaͤrtigen Krankheit abgegeben haben: ja oft leitet ſie die Erkenntniß der Krankheit faſt ganz allein. So wird alſo die Aetiologie eine wichtige Stuͤtze der Heil- kunſt. § 278. Allein ſie iſt es auch in Ruͤckſicht auf die Heilung un- mittelbar, weil naͤmlich die Krankheitserſcheinungen niemals gehoben werden koͤnnen, ehe ihre Veranlaſſungen hinweg- geraͤumt ſind, und dies eine genaue Kenntniß derſelben vor- ausſetzt. Zwey-

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/102>, abgerufen am 26.04.2024.