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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebs Historien/ das II. Buch.
Hencker auß vnd da kan nun ein jeglicher selber ge-
dencken wie der arme Hencker so jämmerlich ist ab-
gestriegelt worden. Jederman hatte ein sonderli-
ches wolgefallen daran: Aber wegen der vnschuld
meinte der Hencker/ es würde jm sein Hertz im Leib
zerbrechen Dieser Filou fieng mit den Hencker die
lange Gassen hinab zu dantzen/ vnd war da kein of-
fentlicher platz/ da er nit ein grosse Ruth verstriche:
dann je mehr der Hencker jn bate/ er solte jn nicht so
vnbarmhertzig streichen/ je mehr strich er drauff: vnd
also wurden deß Maillards gesellen/ welche von
weitem disem Beeren dantze zu sahen/ gerochen an
dem Hencker/ welcher sich auch redlich hatte bezah-
let vnd wol abgestriegelt. Wie es aber vnmöglich
ist den Zorn der Göttlichen gerechtigkeit zu entflie-
hen/ wann wir vorsetzlicher weiß anfangen GOtt
zuerzürnen vnd wann wir vns einbilden/ wir seyn
nur in der Welt/ daß wir Himmel vnd Erden mit vn-
sern Sünden erfüllen: Also wurde endlich Maillard
nach tausent begangenen buben vnd Diebsstücken
gefangen von dem Blutrichter zu Seules/ dieweil
er etliche Leut auff der Kutschen/ so nach Amiens ge-
het/ in der gegend Claritemont hatte beraubet Dz
Rad war sein letztes lehrstück/ daß er in seinen Le-
ben thate. Ich kan darvon reden/ als einer/ der es
mit Augen hat gesehen. Ich bin mit etlichen an-
dern/ da er hingerichtet ist worden/ gegenwertig ge-
wesen/ vnd weil ich ohne das durch Seulis durch-
gienge/ gienge ich auff das Rahthauß vnnd etliche
stück/ so er begangen/ auch was sonsten dieser Rau-
ber begangen hatte/ vnnd vnter vielen andern lasse

ich

Diebs Hiſtorien/ das II. Buch.
Hencker auß vnd da kan nun ein jeglicher ſelber ge-
dencken wie der arme Hencker ſo jaͤmmerlich iſt ab-
geſtriegelt worden. Jederman hatte ein ſonderli-
ches wolgefallen daran: Aber wegen der vnſchuld
meinte der Hencker/ es wuͤrde jm ſein Hertz im Leib
zerbrechen Dieſer Filou fieng mit den Hencker die
lange Gaſſen hinab zu dantzen/ vnd war da kein of-
fentlicher platz/ da er nit ein groſſe Ruth verſtriche:
dann je mehr der Hencker jn bate/ er ſolte jn nicht ſo
vnbarmhertzig ſtreichen/ je mehr ſtrich er drauff: vñ
alſo wurden deß Maillards geſellen/ welche von
weitem diſem Beeren dantze zu ſahen/ gerochen an
dem Hencker/ welcher ſich auch redlich hatte bezah-
let vnd wol abgeſtriegelt. Wie es aber vnmoͤglich
iſt den Zorn der Goͤttlichen gerechtigkeit zu entflie-
hen/ wann wir vorſetzlicher weiß anfangen GOtt
zuerzuͤrnen vnd wann wir vns einbilden/ wir ſeyn
nur in der Welt/ daß wir Him̃el vnd Erden mit vn-
ſern Suͤnden erfuͤllen: Alſo wurde endlich Maillaꝛd
nach tauſent begangenen buben vnd Diebsſtuͤcken
gefangen von dem Blutrichter zu Seules/ dieweil
er etliche Leut auff der Kutſchen/ ſo nach Amiens ge-
het/ in der gegend Claritemont hatte beraubet Dz
Rad war ſein letztes lehrſtuͤck/ daß er in ſeinen Le-
ben thate. Ich kan darvon reden/ als einer/ der es
mit Augen hat geſehen. Ich bin mit etlichen an-
dern/ da er hingerichtet iſt worden/ gegenwertig ge-
weſen/ vnd weil ich ohne das durch Seulis durch-
gienge/ gienge ich auff das Rahthauß vnnd etliche
ſtuͤck/ ſo er begangen/ auch was ſonſten dieſer Rau-
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[77/0087] Diebs Hiſtorien/ das II. Buch. Hencker auß vnd da kan nun ein jeglicher ſelber ge- dencken wie der arme Hencker ſo jaͤmmerlich iſt ab- geſtriegelt worden. Jederman hatte ein ſonderli- ches wolgefallen daran: Aber wegen der vnſchuld meinte der Hencker/ es wuͤrde jm ſein Hertz im Leib zerbrechen Dieſer Filou fieng mit den Hencker die lange Gaſſen hinab zu dantzen/ vnd war da kein of- fentlicher platz/ da er nit ein groſſe Ruth verſtriche: dann je mehr der Hencker jn bate/ er ſolte jn nicht ſo vnbarmhertzig ſtreichen/ je mehr ſtrich er drauff: vñ alſo wurden deß Maillards geſellen/ welche von weitem diſem Beeren dantze zu ſahen/ gerochen an dem Hencker/ welcher ſich auch redlich hatte bezah- let vnd wol abgeſtriegelt. Wie es aber vnmoͤglich iſt den Zorn der Goͤttlichen gerechtigkeit zu entflie- hen/ wann wir vorſetzlicher weiß anfangen GOtt zuerzuͤrnen vnd wann wir vns einbilden/ wir ſeyn nur in der Welt/ dz wir Him̃el vnd Erden mit vn- ſern Suͤnden erfuͤllen: Alſo wurde endlich Maillaꝛd nach tauſent begangenen buben vnd Diebsſtuͤcken gefangen von dem Blutrichter zu Seules/ dieweil er etliche Leut auff der Kutſchen/ ſo nach Amiens ge- het/ in der gegend Claritemont hatte beraubet Dz Rad war ſein letztes lehrſtuͤck/ daß er in ſeinen Le- ben thate. Ich kan darvon reden/ als einer/ der es mit Augen hat geſehen. Ich bin mit etlichen an- dern/ da er hingerichtet iſt worden/ gegenwertig ge- weſen/ vnd weil ich ohne das durch Seulis durch- gienge/ gienge ich auff das Rahthauß vnnd etliche ſtuͤck/ ſo er begangen/ auch was ſonſten dieſer Rau- ber begangen hatte/ vnnd vnter vielen andern laſſe ich

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/87>, abgerufen am 27.04.2024.