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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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urtheil betrachten, dessen Entstehung nur aus der Voraus-
setzung erklärlich wird, zu Folge welcher, daß der Körper
durch diesen Blutfluß (daher Reinigung *) genannt) sich
von schädlichen Stoffen befreie, angenommen wurde. Im
Gegentheil finden wir aber an diesem Monathsblute, welches
durch seine dunkle Farbe dem Venenblute, und durch sein
Nichtgerinnen **) dem Fötusblute gleicht, weder besondern Ge-
ruch noch sonstige ungewöhnliche Beschaffenheit, und wenn
es zuweilen doch etwas dieser Art zeigt, so ist dieß mehr
auf Rechnung des Aufenthalts desselben in der Vagina, der
veränderten Drüsenabsonderung an den äußern Geschlechts-
theilen und Unreiulichkeit zu setzen. -- Die Quantität des
in jedem Termin abgehenden Blutes ist schwer genau zu be-
stimmen und auch äußerst verschieden, jedoch kann man sie
im Durchschnitt wohl auf zwei bis sechs Unzen rechnen.

§. 126.

Was die eigentliche Quelle des Monathsblutes anbelangt,
so ist, theils ob dasselbe aus den Arterien oder Venen hervor-
komme, theils ob es aus der Höhle des Fruchthälters oder dem
Kanale des Mutterhalses ausgeschieden werde, zweifelhaft. Was
das erstere betrifft, so kann die Struktur des Uterus schon auf
den Gedanken leiten, daß wohl nur die Venen es seyn möchten,
welche dieses Blut ergießen. Das ausnehmende Uebergewicht
dieser Venen über die Arterien, die besondere Erweiterung
derselben zur Zeit der Schwangerschaft ***), das was sich

*) Es beruhen auf diesem Begriffe die Sitten der Neger und anderer
Völker, die Weiber in diesem Zeitraume abzusondern und als un-
rein zu betrachten. S. Moreau's Naturgesch. d. Weiber von
Leune. 2. Th. S. 150.
**) Nach Lavagna (s. Meckels Archiv f. Phys. IV. 1. S. 151.) hängt
dieses Nichtgerinnen vom Mangel des Faserstoffs ab.
***) Merkwürdig ist es, daß man in einigen seltnen Fällen die Menstrua-
tion, welche doch gewöhnlich zur Zeit der Schwangerschaft cessirt,
gerade nur während derselben fließen sah (s. Stein's Annalen der
Geburtshülfe. III. S. 156.), welches zu beweisen scheint, daß eben
die in der Schwangerschaft sich stets erweiternden Uterin venen
hier auch den Grund der Menstruation abgeben.

urtheil betrachten, deſſen Entſtehung nur aus der Voraus-
ſetzung erklaͤrlich wird, zu Folge welcher, daß der Koͤrper
durch dieſen Blutfluß (daher Reinigung *) genannt) ſich
von ſchaͤdlichen Stoffen befreie, angenommen wurde. Im
Gegentheil finden wir aber an dieſem Monathsblute, welches
durch ſeine dunkle Farbe dem Venenblute, und durch ſein
Nichtgerinnen **) dem Foͤtusblute gleicht, weder beſondern Ge-
ruch noch ſonſtige ungewoͤhnliche Beſchaffenheit, und wenn
es zuweilen doch etwas dieſer Art zeigt, ſo iſt dieß mehr
auf Rechnung des Aufenthalts deſſelben in der Vagina, der
veraͤnderten Druͤſenabſonderung an den aͤußern Geſchlechts-
theilen und Unreiulichkeit zu ſetzen. — Die Quantitaͤt des
in jedem Termin abgehenden Blutes iſt ſchwer genau zu be-
ſtimmen und auch aͤußerſt verſchieden, jedoch kann man ſie
im Durchſchnitt wohl auf zwei bis ſechs Unzen rechnen.

§. 126.

Was die eigentliche Quelle des Monathsblutes anbelangt,
ſo iſt, theils ob daſſelbe aus den Arterien oder Venen hervor-
komme, theils ob es aus der Hoͤhle des Fruchthaͤlters oder dem
Kanale des Mutterhalſes ausgeſchieden werde, zweifelhaft. Was
das erſtere betrifft, ſo kann die Struktur des Uterus ſchon auf
den Gedanken leiten, daß wohl nur die Venen es ſeyn moͤchten,
welche dieſes Blut ergießen. Das ausnehmende Uebergewicht
dieſer Venen uͤber die Arterien, die beſondere Erweiterung
derſelben zur Zeit der Schwangerſchaft ***), das was ſich

*) Es beruhen auf dieſem Begriffe die Sitten der Neger und anderer
Voͤlker, die Weiber in dieſem Zeitraume abzuſondern und als un-
rein zu betrachten. S. Moreau’s Naturgeſch. d. Weiber von
Leune. 2. Th. S. 150.
**) Nach Lavagna (ſ. Meckels Archiv f. Phyſ. IV. 1. S. 151.) haͤngt
dieſes Nichtgerinnen vom Mangel des Faſerſtoffs ab.
***) Merkwuͤrdig iſt es, daß man in einigen ſeltnen Faͤllen die Menſtrua-
tion, welche doch gewoͤhnlich zur Zeit der Schwangerſchaft ceſſirt,
gerade nur waͤhrend derſelben fließen ſah (ſ. Stein’s Annalen der
Geburtshuͤlfe. III. S. 156.), welches zu beweiſen ſcheint, daß eben
die in der Schwangerſchaft ſich ſtets erweiternden Uterin venen
hier auch den Grund der Menſtruation abgeben.
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[95/0115] urtheil betrachten, deſſen Entſtehung nur aus der Voraus- ſetzung erklaͤrlich wird, zu Folge welcher, daß der Koͤrper durch dieſen Blutfluß (daher Reinigung *) genannt) ſich von ſchaͤdlichen Stoffen befreie, angenommen wurde. Im Gegentheil finden wir aber an dieſem Monathsblute, welches durch ſeine dunkle Farbe dem Venenblute, und durch ſein Nichtgerinnen **) dem Foͤtusblute gleicht, weder beſondern Ge- ruch noch ſonſtige ungewoͤhnliche Beſchaffenheit, und wenn es zuweilen doch etwas dieſer Art zeigt, ſo iſt dieß mehr auf Rechnung des Aufenthalts deſſelben in der Vagina, der veraͤnderten Druͤſenabſonderung an den aͤußern Geſchlechts- theilen und Unreiulichkeit zu ſetzen. — Die Quantitaͤt des in jedem Termin abgehenden Blutes iſt ſchwer genau zu be- ſtimmen und auch aͤußerſt verſchieden, jedoch kann man ſie im Durchſchnitt wohl auf zwei bis ſechs Unzen rechnen. §. 126. Was die eigentliche Quelle des Monathsblutes anbelangt, ſo iſt, theils ob daſſelbe aus den Arterien oder Venen hervor- komme, theils ob es aus der Hoͤhle des Fruchthaͤlters oder dem Kanale des Mutterhalſes ausgeſchieden werde, zweifelhaft. Was das erſtere betrifft, ſo kann die Struktur des Uterus ſchon auf den Gedanken leiten, daß wohl nur die Venen es ſeyn moͤchten, welche dieſes Blut ergießen. Das ausnehmende Uebergewicht dieſer Venen uͤber die Arterien, die beſondere Erweiterung derſelben zur Zeit der Schwangerſchaft ***), das was ſich *) Es beruhen auf dieſem Begriffe die Sitten der Neger und anderer Voͤlker, die Weiber in dieſem Zeitraume abzuſondern und als un- rein zu betrachten. S. Moreau’s Naturgeſch. d. Weiber von Leune. 2. Th. S. 150. **) Nach Lavagna (ſ. Meckels Archiv f. Phyſ. IV. 1. S. 151.) haͤngt dieſes Nichtgerinnen vom Mangel des Faſerſtoffs ab. ***) Merkwuͤrdig iſt es, daß man in einigen ſeltnen Faͤllen die Menſtrua- tion, welche doch gewoͤhnlich zur Zeit der Schwangerſchaft ceſſirt, gerade nur waͤhrend derſelben fließen ſah (ſ. Stein’s Annalen der Geburtshuͤlfe. III. S. 156.), welches zu beweiſen ſcheint, daß eben die in der Schwangerſchaft ſich ſtets erweiternden Uterin venen hier auch den Grund der Menſtruation abgeben.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/115>, abgerufen am 26.04.2024.