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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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gleich anfänglich dringend zu erinnern für unumgänglich nö-
thig hielten. Die ganze Macht ärztlicher Wirksamkeit sey
daher hier zunächst gegen jene der abnormen Sanguifikation
und Bildungsthätigkeit zum Grunde liegenden, obwohl hin-
wiederum auch wechselseitig von diesen unterhaltenen und ver-
stärkten Krankheitszustände gerichtet, und man lasse sich nicht
abhalten, zur Beseitigung derselben auch anscheinend schwä-
chende Heilmethoden in Anwendung zu bringen.

§. 224.

Einer der allgemeinsten Krankheitszustände dieser Art
sind aber die Abnormitäten in der Thätigkeit lymphatischer
Gefäße, verbunden mit Anschwellungen und Degenerationen
der Lymphdrüsen; und wie nun die Erfahrung zeigt, daß
hierbey vorzüglich die Befreyung des Darmkanals von auf-
gehäuftem Schleim und Verhärtungen, die Vermehrung einer
gleichmäßigen Sekretion an der innern Fläche desselben (als
antagonistischer Reitz) und die Beförderung der Lymphbewe-
gung, verbunden mit regelmäßiger Thätigkeit des Haut-,
Nieren- und Lungenorgans wohlthätig wirken könne, so wird
es nun auch Pflicht, die auflösenden und abführenden Mittel
(vorzüglich die Mittelsalze, das Rheum, die Radix Jalappae,
die Fol. Sennae, den Karlsbader Brunnen, die seifenartigen
Extrakte, Fel tauri, Sapo venet. u. s. w.) den Umständen
gemäß anzuordnen, und damit nöthigenfalls die Antimonia-
lien, den Gebrauch der Seifenbäder, der Friktionen des Un-
terleibes zu verbinden. -- Sind Würmer vorhanden, so wird
man zwar die Entfernung derselben durch Anthelmintica
nicht verabsäumen, vorzüglich jedoch auf die Beseitigung des
Status pituitosus als der eigentlichen Quelle derselben Rück-
sicht nehmen. Eben so verlangen ferner Blutflüße, Schleim-
flüße, intermittirende Fieber u. s. w., sobald man sie als Ur-
sachen der Bleichsucht erkennt, die ihnen angemessene Be-
handlung, und erst wenn dieser Anzeige Genüge geschehen
ist, und der bleichsüchtige Zustand als selbstständige Krank-
heitsform zurückbleibt, wird es Zeit seyn, die Ende des §. 222.
erwähnten Mittel in Anwendung zu ziehen, indem zugleich

gleich anfaͤnglich dringend zu erinnern fuͤr unumgaͤnglich noͤ-
thig hielten. Die ganze Macht aͤrztlicher Wirkſamkeit ſey
daher hier zunaͤchſt gegen jene der abnormen Sanguifikation
und Bildungsthaͤtigkeit zum Grunde liegenden, obwohl hin-
wiederum auch wechſelſeitig von dieſen unterhaltenen und ver-
ſtaͤrkten Krankheitszuſtaͤnde gerichtet, und man laſſe ſich nicht
abhalten, zur Beſeitigung derſelben auch anſcheinend ſchwaͤ-
chende Heilmethoden in Anwendung zu bringen.

§. 224.

Einer der allgemeinſten Krankheitszuſtaͤnde dieſer Art
ſind aber die Abnormitaͤten in der Thaͤtigkeit lymphatiſcher
Gefaͤße, verbunden mit Anſchwellungen und Degenerationen
der Lymphdruͤſen; und wie nun die Erfahrung zeigt, daß
hierbey vorzuͤglich die Befreyung des Darmkanals von auf-
gehaͤuftem Schleim und Verhaͤrtungen, die Vermehrung einer
gleichmaͤßigen Sekretion an der innern Flaͤche deſſelben (als
antagoniſtiſcher Reitz) und die Befoͤrderung der Lymphbewe-
gung, verbunden mit regelmaͤßiger Thaͤtigkeit des Haut-,
Nieren- und Lungenorgans wohlthaͤtig wirken koͤnne, ſo wird
es nun auch Pflicht, die aufloͤſenden und abfuͤhrenden Mittel
(vorzuͤglich die Mittelſalze, das Rheum, die Radix Jalappae,
die Fol. Sennae, den Karlsbader Brunnen, die ſeifenartigen
Extrakte, Fel tauri, Sapo venet. u. ſ. w.) den Umſtaͤnden
gemaͤß anzuordnen, und damit noͤthigenfalls die Antimonia-
lien, den Gebrauch der Seifenbaͤder, der Friktionen des Un-
terleibes zu verbinden. — Sind Wuͤrmer vorhanden, ſo wird
man zwar die Entfernung derſelben durch Anthelmintica
nicht verabſaͤumen, vorzuͤglich jedoch auf die Beſeitigung des
Status pituitosus als der eigentlichen Quelle derſelben Ruͤck-
ſicht nehmen. Eben ſo verlangen ferner Blutfluͤße, Schleim-
fluͤße, intermittirende Fieber u. ſ. w., ſobald man ſie als Ur-
ſachen der Bleichſucht erkennt, die ihnen angemeſſene Be-
handlung, und erſt wenn dieſer Anzeige Genuͤge geſchehen
iſt, und der bleichſuͤchtige Zuſtand als ſelbſtſtaͤndige Krank-
heitsform zuruͤckbleibt, wird es Zeit ſeyn, die Ende des §. 222.
erwaͤhnten Mittel in Anwendung zu ziehen, indem zugleich

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[168/0188] gleich anfaͤnglich dringend zu erinnern fuͤr unumgaͤnglich noͤ- thig hielten. Die ganze Macht aͤrztlicher Wirkſamkeit ſey daher hier zunaͤchſt gegen jene der abnormen Sanguifikation und Bildungsthaͤtigkeit zum Grunde liegenden, obwohl hin- wiederum auch wechſelſeitig von dieſen unterhaltenen und ver- ſtaͤrkten Krankheitszuſtaͤnde gerichtet, und man laſſe ſich nicht abhalten, zur Beſeitigung derſelben auch anſcheinend ſchwaͤ- chende Heilmethoden in Anwendung zu bringen. §. 224. Einer der allgemeinſten Krankheitszuſtaͤnde dieſer Art ſind aber die Abnormitaͤten in der Thaͤtigkeit lymphatiſcher Gefaͤße, verbunden mit Anſchwellungen und Degenerationen der Lymphdruͤſen; und wie nun die Erfahrung zeigt, daß hierbey vorzuͤglich die Befreyung des Darmkanals von auf- gehaͤuftem Schleim und Verhaͤrtungen, die Vermehrung einer gleichmaͤßigen Sekretion an der innern Flaͤche deſſelben (als antagoniſtiſcher Reitz) und die Befoͤrderung der Lymphbewe- gung, verbunden mit regelmaͤßiger Thaͤtigkeit des Haut-, Nieren- und Lungenorgans wohlthaͤtig wirken koͤnne, ſo wird es nun auch Pflicht, die aufloͤſenden und abfuͤhrenden Mittel (vorzuͤglich die Mittelſalze, das Rheum, die Radix Jalappae, die Fol. Sennae, den Karlsbader Brunnen, die ſeifenartigen Extrakte, Fel tauri, Sapo venet. u. ſ. w.) den Umſtaͤnden gemaͤß anzuordnen, und damit noͤthigenfalls die Antimonia- lien, den Gebrauch der Seifenbaͤder, der Friktionen des Un- terleibes zu verbinden. — Sind Wuͤrmer vorhanden, ſo wird man zwar die Entfernung derſelben durch Anthelmintica nicht verabſaͤumen, vorzuͤglich jedoch auf die Beſeitigung des Status pituitosus als der eigentlichen Quelle derſelben Ruͤck- ſicht nehmen. Eben ſo verlangen ferner Blutfluͤße, Schleim- fluͤße, intermittirende Fieber u. ſ. w., ſobald man ſie als Ur- ſachen der Bleichſucht erkennt, die ihnen angemeſſene Be- handlung, und erſt wenn dieſer Anzeige Genuͤge geſchehen iſt, und der bleichſuͤchtige Zuſtand als ſelbſtſtaͤndige Krank- heitsform zuruͤckbleibt, wird es Zeit ſeyn, die Ende des §. 222. erwaͤhnten Mittel in Anwendung zu ziehen, indem zugleich

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/188>, abgerufen am 26.04.2024.