zeichnet, so finden wir 1) die Assimilation, die Stoffauf- nahme betreffend, daß dem Weibe eine stärkere assimilative Kraft der Verdauungswerkzeuge eigenthümlich sey, welches erwiesen wird durch das geringere aber öfter wiederkehrende Bedürfniß an Nahrungsmitteln bey nichts desto weniger sehr reichlicher Chylusbereitung und rascher Ersetzung verlorener Stoffe. Zugleich muß indeß auch bemerkt werden, daß die Sensibilität der weiblichen Verdauungsorgane stärker sey, als die der männlichen, weßhalb öftere Störungen der Verdauung und größere Wirkung aufgenommener, reitzender, erregender Stoffe auf das allgemeine Befinden. Endlich pflegen selbst die Stuhlausleerungen, wegen der größern Thätigkeit der Aufsaugung, fester und seltner zu seyn. -- Was 2) die den organischen Stoffwechsel unterhaltende Gefäßthätigkeit betrifft, so hängt es eben von der raschen Assimilation ab, daß sich die Blutmasse im Weibe schneller als im Manne wieder erzeugt; ja überhaupt ist der Umtrieb der Säfte ge- schwinder, der Pulsschlag daher frequenter, obwohl gemeinig- lich etwas kleiner, auch die Neigung zu Wallungen und leichtern Fieberbewegungen in diesem Geschlechte größer, und die Thätigkeit und Wichtigkeit des Nervensystems bedeutender als im Manne.
§. 59.
3) Die Athmung und Ausscheidung betreffend, so ist die Aushauchung der Lungen im weiblichen Geschlechte schwächer, dagegen die Ausdünstung und drüsige Absonderung der zartern Haut verhältnißmäßig allerdings bedeutender*), ferner wird auch in den größern innern Absonderungsorganen gleichwie in den Lungen geringere Excretion wahrgenommen, die kleinere Leber läßt auf schwächere Gallabsonderung schlie- ßen, und von den Nieren finden wir die Aussonderung einer geringern Quantität eines dunkler gefärbten, stärker riechen-
*) Wenn man nicht selten bemerkt, daß männliche Früchte leichter als weibliche unter der Geburt asphyktisch werden und schwerer zu er- wecken sind, so scheint dieß allerdings mit dem größern Athmungs- bedürfniße im männlichen Körper in Verbindung zu stehen.
zeichnet, ſo finden wir 1) die Aſſimilation, die Stoffauf- nahme betreffend, daß dem Weibe eine ſtaͤrkere aſſimilative Kraft der Verdauungswerkzeuge eigenthuͤmlich ſey, welches erwieſen wird durch das geringere aber oͤfter wiederkehrende Beduͤrfniß an Nahrungsmitteln bey nichts deſto weniger ſehr reichlicher Chylusbereitung und raſcher Erſetzung verlorener Stoffe. Zugleich muß indeß auch bemerkt werden, daß die Senſibilitaͤt der weiblichen Verdauungsorgane ſtaͤrker ſey, als die der maͤnnlichen, weßhalb oͤftere Stoͤrungen der Verdauung und groͤßere Wirkung aufgenommener, reitzender, erregender Stoffe auf das allgemeine Befinden. Endlich pflegen ſelbſt die Stuhlausleerungen, wegen der groͤßern Thaͤtigkeit der Aufſaugung, feſter und ſeltner zu ſeyn. — Was 2) die den organiſchen Stoffwechſel unterhaltende Gefaͤßthaͤtigkeit betrifft, ſo haͤngt es eben von der raſchen Aſſimilation ab, daß ſich die Blutmaſſe im Weibe ſchneller als im Manne wieder erzeugt; ja uͤberhaupt iſt der Umtrieb der Saͤfte ge- ſchwinder, der Pulsſchlag daher frequenter, obwohl gemeinig- lich etwas kleiner, auch die Neigung zu Wallungen und leichtern Fieberbewegungen in dieſem Geſchlechte groͤßer, und die Thaͤtigkeit und Wichtigkeit des Nervenſyſtems bedeutender als im Manne.
§. 59.
3) Die Athmung und Ausſcheidung betreffend, ſo iſt die Aushauchung der Lungen im weiblichen Geſchlechte ſchwaͤcher, dagegen die Ausduͤnſtung und druͤſige Abſonderung der zartern Haut verhaͤltnißmaͤßig allerdings bedeutender*), ferner wird auch in den groͤßern innern Abſonderungsorganen gleichwie in den Lungen geringere Excretion wahrgenommen, die kleinere Leber laͤßt auf ſchwaͤchere Gallabſonderung ſchlie- ßen, und von den Nieren finden wir die Ausſonderung einer geringern Quantitaͤt eines dunkler gefaͤrbten, ſtaͤrker riechen-
*) Wenn man nicht ſelten bemerkt, daß maͤnnliche Fruͤchte leichter als weibliche unter der Geburt aſphyktiſch werden und ſchwerer zu er- wecken ſind, ſo ſcheint dieß allerdings mit dem groͤßern Athmungs- beduͤrfniße im maͤnnlichen Koͤrper in Verbindung zu ſtehen.
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zeichnet, ſo finden wir 1) die Aſſimilation, die Stoffauf-
nahme betreffend, daß dem Weibe eine ſtaͤrkere aſſimilative
Kraft der Verdauungswerkzeuge eigenthuͤmlich ſey, welches
erwieſen wird durch das geringere aber oͤfter wiederkehrende
Beduͤrfniß an Nahrungsmitteln bey nichts deſto weniger ſehr
reichlicher Chylusbereitung und raſcher Erſetzung verlorener
Stoffe. Zugleich muß indeß auch bemerkt werden, daß die
Senſibilitaͤt der weiblichen Verdauungsorgane ſtaͤrker ſey, als
die der maͤnnlichen, weßhalb oͤftere Stoͤrungen der Verdauung
und groͤßere Wirkung aufgenommener, reitzender, erregender
Stoffe auf das allgemeine Befinden. Endlich pflegen ſelbſt
die Stuhlausleerungen, wegen der groͤßern Thaͤtigkeit der
Aufſaugung, feſter und ſeltner zu ſeyn. — Was 2) die den
organiſchen Stoffwechſel unterhaltende Gefaͤßthaͤtigkeit
betrifft, ſo haͤngt es eben von der raſchen Aſſimilation ab,
daß ſich die Blutmaſſe im Weibe ſchneller als im Manne
wieder erzeugt; ja uͤberhaupt iſt der Umtrieb der Saͤfte ge-
ſchwinder, der Pulsſchlag daher frequenter, obwohl gemeinig-
lich etwas kleiner, auch die Neigung zu Wallungen und
leichtern Fieberbewegungen in dieſem Geſchlechte groͤßer, und
die Thaͤtigkeit und Wichtigkeit des Nervenſyſtems bedeutender
als im Manne.
§. 59.
3) Die Athmung und Ausſcheidung betreffend, ſo
iſt die Aushauchung der Lungen im weiblichen Geſchlechte
ſchwaͤcher, dagegen die Ausduͤnſtung und druͤſige Abſonderung
der zartern Haut verhaͤltnißmaͤßig allerdings bedeutender *),
ferner wird auch in den groͤßern innern Abſonderungsorganen
gleichwie in den Lungen geringere Excretion wahrgenommen,
die kleinere Leber laͤßt auf ſchwaͤchere Gallabſonderung ſchlie-
ßen, und von den Nieren finden wir die Ausſonderung einer
geringern Quantitaͤt eines dunkler gefaͤrbten, ſtaͤrker riechen-
*) Wenn man nicht ſelten bemerkt, daß maͤnnliche Fruͤchte leichter als
weibliche unter der Geburt aſphyktiſch werden und ſchwerer zu er-
wecken ſind, ſo ſcheint dieß allerdings mit dem groͤßern Athmungs-
beduͤrfniße im maͤnnlichen Koͤrper in Verbindung zu ſtehen.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/63>, abgerufen am 27.04.2024.
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