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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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dünnen, mehr häutige und darmartige Uterus der Säug-
thiere.

§. 795.

Uebrigens hängt der Schmerz der Wehen auch nicht blos
und allein von dem Muttermunde ab, sondern es kann aller-
dings vorzüglich bei anstrengendern Geburten der ganze Uterus
schmerzhaft werden, welches ja auch in andern fast nerven-
losen Organen, ja im Knochen unter geeigneten Zuständen sehr
wohl Statt findet, da allerdings Nerven nicht unabänderlich
vorhanden seyn müssen, wo Schmerz empfunden werden soll.
Ferner wird bei jeder Gebnrt Schmerz erregt, durch den Druck
der Kindestheile auf die Wände der Vagina, auf Mastdarm
und Harnblase, auf die Wurzeln des Nervus ischiadicus (daher
oft in die ganzen Schenkel der Schmerz sich erstreckt) und vor-
züglich durch die außerordentliche Ausdehnung der empfindli-
chen äußern Genitalien.

§. 796.

Bemerkenswerth ist daher auch, daß die Kreisenden den
Schmerz immer namentlich im Becken (in der Gegend des
Muttermundes u. s. w.) fühlen, der Grund des Uterus aber
gewöhnlich, so lange die Geburt ganz regelmäßig verläuft,
unschmerzhaft bleibt, ja daß man oft, was ich häufig beob-
achtet habe, in dem Grunde des Uterus bereits das Zusam-
menziehen und Hartwerden fühlt, bevor noch der Schmerz
von der Kreisenden wahrgenommen wird, welchen sie erst in
einigen Augenblicken empfindet, sobald die Wirkung auf den
Muttermund eingetreten ist. -- Was aber die Schmerzhaf-
haftigkeit der Contraktionen betrifft, welche bei entleertem
Uterus oft noch im Wochenbett (als Nachwehen) eintreten, so
sind diese an und für sich, wenn sie in höherm Grade er-
folgen, schon keine ganz regelmäßige Erscheinung, sondern
krampfhafter Natur, und dem Tenesmus im Darmkanal oder
in der Blase zu vergleichen, allein auch die bei Mehrgebäh-
renden unvermeidlichen Nachwehen lassen einsehen, wie durch
das Bestreben der Längenfasern, den durch vorausgegangene

duͤnnen, mehr haͤutige und darmartige Uterus der Saͤug-
thiere.

§. 795.

Uebrigens haͤngt der Schmerz der Wehen auch nicht blos
und allein von dem Muttermunde ab, ſondern es kann aller-
dings vorzuͤglich bei anſtrengendern Geburten der ganze Uterus
ſchmerzhaft werden, welches ja auch in andern faſt nerven-
loſen Organen, ja im Knochen unter geeigneten Zuſtaͤnden ſehr
wohl Statt findet, da allerdings Nerven nicht unabaͤnderlich
vorhanden ſeyn muͤſſen, wo Schmerz empfunden werden ſoll.
Ferner wird bei jeder Gebnrt Schmerz erregt, durch den Druck
der Kindestheile auf die Waͤnde der Vagina, auf Maſtdarm
und Harnblaſe, auf die Wurzeln des Nervus ischiadicus (daher
oft in die ganzen Schenkel der Schmerz ſich erſtreckt) und vor-
zuͤglich durch die außerordentliche Ausdehnung der empfindli-
chen aͤußern Genitalien.

§. 796.

Bemerkenswerth iſt daher auch, daß die Kreiſenden den
Schmerz immer namentlich im Becken (in der Gegend des
Muttermundes u. ſ. w.) fuͤhlen, der Grund des Uterus aber
gewoͤhnlich, ſo lange die Geburt ganz regelmaͤßig verlaͤuft,
unſchmerzhaft bleibt, ja daß man oft, was ich haͤufig beob-
achtet habe, in dem Grunde des Uterus bereits das Zuſam-
menziehen und Hartwerden fuͤhlt, bevor noch der Schmerz
von der Kreiſenden wahrgenommen wird, welchen ſie erſt in
einigen Augenblicken empfindet, ſobald die Wirkung auf den
Muttermund eingetreten iſt. — Was aber die Schmerzhaf-
haftigkeit der Contraktionen betrifft, welche bei entleertem
Uterus oft noch im Wochenbett (als Nachwehen) eintreten, ſo
ſind dieſe an und fuͤr ſich, wenn ſie in hoͤherm Grade er-
folgen, ſchon keine ganz regelmaͤßige Erſcheinung, ſondern
krampfhafter Natur, und dem Tenesmus im Darmkanal oder
in der Blaſe zu vergleichen, allein auch die bei Mehrgebaͤh-
renden unvermeidlichen Nachwehen laſſen einſehen, wie durch
das Beſtreben der Laͤngenfaſern, den durch vorausgegangene

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[93/0117] duͤnnen, mehr haͤutige und darmartige Uterus der Saͤug- thiere. §. 795. Uebrigens haͤngt der Schmerz der Wehen auch nicht blos und allein von dem Muttermunde ab, ſondern es kann aller- dings vorzuͤglich bei anſtrengendern Geburten der ganze Uterus ſchmerzhaft werden, welches ja auch in andern faſt nerven- loſen Organen, ja im Knochen unter geeigneten Zuſtaͤnden ſehr wohl Statt findet, da allerdings Nerven nicht unabaͤnderlich vorhanden ſeyn muͤſſen, wo Schmerz empfunden werden ſoll. Ferner wird bei jeder Gebnrt Schmerz erregt, durch den Druck der Kindestheile auf die Waͤnde der Vagina, auf Maſtdarm und Harnblaſe, auf die Wurzeln des Nervus ischiadicus (daher oft in die ganzen Schenkel der Schmerz ſich erſtreckt) und vor- zuͤglich durch die außerordentliche Ausdehnung der empfindli- chen aͤußern Genitalien. §. 796. Bemerkenswerth iſt daher auch, daß die Kreiſenden den Schmerz immer namentlich im Becken (in der Gegend des Muttermundes u. ſ. w.) fuͤhlen, der Grund des Uterus aber gewoͤhnlich, ſo lange die Geburt ganz regelmaͤßig verlaͤuft, unſchmerzhaft bleibt, ja daß man oft, was ich haͤufig beob- achtet habe, in dem Grunde des Uterus bereits das Zuſam- menziehen und Hartwerden fuͤhlt, bevor noch der Schmerz von der Kreiſenden wahrgenommen wird, welchen ſie erſt in einigen Augenblicken empfindet, ſobald die Wirkung auf den Muttermund eingetreten iſt. — Was aber die Schmerzhaf- haftigkeit der Contraktionen betrifft, welche bei entleertem Uterus oft noch im Wochenbett (als Nachwehen) eintreten, ſo ſind dieſe an und fuͤr ſich, wenn ſie in hoͤherm Grade er- folgen, ſchon keine ganz regelmaͤßige Erſcheinung, ſondern krampfhafter Natur, und dem Tenesmus im Darmkanal oder in der Blaſe zu vergleichen, allein auch die bei Mehrgebaͤh- renden unvermeidlichen Nachwehen laſſen einſehen, wie durch das Beſtreben der Laͤngenfaſern, den durch vorausgegangene

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/117>, abgerufen am 26.04.2024.