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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Schwangerschaften mehr erschlafften Uterus zur Verkleinerung
zu bringen, nothwendig der nun schon mehr verengerte Mut-
termund von neuem gereizt werden müsse, und dabei auch, durch
die Geburtsanstrengung aufgeregt, das Parenchyma uteri
schmerzhaft werden könne.

§. 797.

Endlich ist auch nicht zu übersehen, welche wohlthätige
Folgen diese Schmerzen für das Geburtsgeschäft haben; sie
sind es, welche das Weib auf das Herannahen eines so wich-
tigen Aktes aufmerksam machen, und welche beim Vorrücken des
Geburtsgeschäfts das Weib nöthigen sich niederzulegen, und dem
Körper diejenige Haltung zu geben, welche für den Austrin
des Kindes am zweckmäßigsten ist; weshalb wir denn nicht
selten bemerken, daß, wo (in seltnern Fällen) die Wehen zu
wenig schmerzhaft, oder (wenn man den Aussagen der Krei-
senden trauen darf) zuweilen ganz schmerzlos sind, der Ge-
burtsakt oft unversehens die Frau überrascht, und dadurch
das Kind oder die Mutter zu Schaden kömmt, oder doch der
Geburtsakt zu leichtsinnig betrachtet, und dadurch mancher
Nachtheil gestiftet wird.

§. 798.

Der Endzweck der Wehen ist stets zunächst auf Ver-
kleinerung des Uterus und Rückkehr desselben in den frü-
hern Zustand gerichtet; da aber dieser Zweck nur erreicht
werden kann nach vorheriger Austreibung der Frucht, so muß
zweitens auch diese als Ziel der Wehen betrachtet werden;
daß sie indeß der Hauptzweck nicht ist, beweist, wie schon be-
merkt, die häufige Fortdauer der Wehen auch im Wochenbette.

§. 799.

Kennzeichen der Wehen. Schwangere leiden zu-
weilen an verschiedenartigen mitunter heftigen Schmerzen im
Unterleibe, welche man leicht für beginnende Zusammenzie-
hungen nehmen könnte, wenn man nicht die charakteristischen
Merkmale wahrer Wehen, d. i. eigentlicher Contraktionen

Schwangerſchaften mehr erſchlafften Uterus zur Verkleinerung
zu bringen, nothwendig der nun ſchon mehr verengerte Mut-
termund von neuem gereizt werden muͤſſe, und dabei auch, durch
die Geburtsanſtrengung aufgeregt, das Parenchyma uteri
ſchmerzhaft werden koͤnne.

§. 797.

Endlich iſt auch nicht zu uͤberſehen, welche wohlthaͤtige
Folgen dieſe Schmerzen fuͤr das Geburtsgeſchaͤft haben; ſie
ſind es, welche das Weib auf das Herannahen eines ſo wich-
tigen Aktes aufmerkſam machen, und welche beim Vorruͤcken des
Geburtsgeſchaͤfts das Weib noͤthigen ſich niederzulegen, und dem
Koͤrper diejenige Haltung zu geben, welche fuͤr den Austrin
des Kindes am zweckmaͤßigſten iſt; weshalb wir denn nicht
ſelten bemerken, daß, wo (in ſeltnern Faͤllen) die Wehen zu
wenig ſchmerzhaft, oder (wenn man den Ausſagen der Krei-
ſenden trauen darf) zuweilen ganz ſchmerzlos ſind, der Ge-
burtsakt oft unverſehens die Frau uͤberraſcht, und dadurch
das Kind oder die Mutter zu Schaden koͤmmt, oder doch der
Geburtsakt zu leichtſinnig betrachtet, und dadurch mancher
Nachtheil geſtiftet wird.

§. 798.

Der Endzweck der Wehen iſt ſtets zunaͤchſt auf Ver-
kleinerung des Uterus und Ruͤckkehr deſſelben in den fruͤ-
hern Zuſtand gerichtet; da aber dieſer Zweck nur erreicht
werden kann nach vorheriger Austreibung der Frucht, ſo muß
zweitens auch dieſe als Ziel der Wehen betrachtet werden;
daß ſie indeß der Hauptzweck nicht iſt, beweiſt, wie ſchon be-
merkt, die haͤufige Fortdauer der Wehen auch im Wochenbette.

§. 799.

Kennzeichen der Wehen. Schwangere leiden zu-
weilen an verſchiedenartigen mitunter heftigen Schmerzen im
Unterleibe, welche man leicht fuͤr beginnende Zuſammenzie-
hungen nehmen koͤnnte, wenn man nicht die charakteriſtiſchen
Merkmale wahrer Wehen, d. i. eigentlicher Contraktionen

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[94/0118] Schwangerſchaften mehr erſchlafften Uterus zur Verkleinerung zu bringen, nothwendig der nun ſchon mehr verengerte Mut- termund von neuem gereizt werden muͤſſe, und dabei auch, durch die Geburtsanſtrengung aufgeregt, das Parenchyma uteri ſchmerzhaft werden koͤnne. §. 797. Endlich iſt auch nicht zu uͤberſehen, welche wohlthaͤtige Folgen dieſe Schmerzen fuͤr das Geburtsgeſchaͤft haben; ſie ſind es, welche das Weib auf das Herannahen eines ſo wich- tigen Aktes aufmerkſam machen, und welche beim Vorruͤcken des Geburtsgeſchaͤfts das Weib noͤthigen ſich niederzulegen, und dem Koͤrper diejenige Haltung zu geben, welche fuͤr den Austrin des Kindes am zweckmaͤßigſten iſt; weshalb wir denn nicht ſelten bemerken, daß, wo (in ſeltnern Faͤllen) die Wehen zu wenig ſchmerzhaft, oder (wenn man den Ausſagen der Krei- ſenden trauen darf) zuweilen ganz ſchmerzlos ſind, der Ge- burtsakt oft unverſehens die Frau uͤberraſcht, und dadurch das Kind oder die Mutter zu Schaden koͤmmt, oder doch der Geburtsakt zu leichtſinnig betrachtet, und dadurch mancher Nachtheil geſtiftet wird. §. 798. Der Endzweck der Wehen iſt ſtets zunaͤchſt auf Ver- kleinerung des Uterus und Ruͤckkehr deſſelben in den fruͤ- hern Zuſtand gerichtet; da aber dieſer Zweck nur erreicht werden kann nach vorheriger Austreibung der Frucht, ſo muß zweitens auch dieſe als Ziel der Wehen betrachtet werden; daß ſie indeß der Hauptzweck nicht iſt, beweiſt, wie ſchon be- merkt, die haͤufige Fortdauer der Wehen auch im Wochenbette. §. 799. Kennzeichen der Wehen. Schwangere leiden zu- weilen an verſchiedenartigen mitunter heftigen Schmerzen im Unterleibe, welche man leicht fuͤr beginnende Zuſammenzie- hungen nehmen koͤnnte, wenn man nicht die charakteriſtiſchen Merkmale wahrer Wehen, d. i. eigentlicher Contraktionen

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/118>, abgerufen am 26.04.2024.