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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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und Gekrösdrüsen, wie die Einsaugung durch den Darmkanal
im Allgemeinen bilden sich mehr aus.

§. 880.

3) Athmung und Ausscheidung. Von der
Veränderung der Athmungsweise durch die Geburt, ist schon
§. 877 gesprochen. Der Säugling athmet nun erst vermit-
telst der Brust, wenn die Athmung des Fetus noch eine
Bauchrespiration (positiv durch Nabelgefäße negativ
durch die Leber [§. 738]) war; die Lungen entwickeln
sich, obwohl anfänglich noch durch die Thymusdrüse beschränkt,
und bilden sich endlich, wann diese Drüse noch mehr als
die äußern Lymphdrüsen schwindet, vollkommen aus, werden
daher auch verhältnißmäßig zum Körper größer und schwerer.

§. 881.

Allein nicht blos durch die Lungen wirkt die Luft auf
das Kind, sondern allgemeiner noch durch die gesammte
Hautfläche. Diese wird plötzlich von dem Drucke des Frucht-
wassers befreit, sie tritt aus einem flüssigen in ein trockenes
Medium, und die Einwirkung der Luft äußert sich an dem
neugeborenen Kinde durch eine lebhafte Röthung der ganzen
Oberfläche der Haut, so wie in den spätern Tagen (gewöhn-
lich um den 3ten bis 6ten) eine Abschälung der ganzen
Oberhaut. Dieser wahre Häutungsprozeß, welchen ich
an allen gesunden Kindern beobachtet habe, ist bisher ganz
übersehen worden, und demohnerachtet als der erste der
weiterhin nach Kieser als exanthematische Krankheiten erschei-
nenden Häutungsprocesse (Masern, Scharlach, Blattern) zu
betrachten, und für die Lehre von den Krankheiten der Neu-
geborenen sehr wichtig.

§. 882.

Die Haut kann und muß nun im Säugling ebenfalls
als wahrhaft ausscheidendes Organ wirken, und eben so tre-
ten nun die übrigen Excretionen hervor. Beym Saugen er-
gießt sich Speichel, die Galle wird dicker und harziger, die

und Gekroͤsdruͤſen, wie die Einſaugung durch den Darmkanal
im Allgemeinen bilden ſich mehr aus.

§. 880.

3) Athmung und Ausſcheidung. Von der
Veraͤnderung der Athmungsweiſe durch die Geburt, iſt ſchon
§. 877 geſprochen. Der Saͤugling athmet nun erſt vermit-
telſt der Bruſt, wenn die Athmung des Fetus noch eine
Bauchreſpiration (poſitiv durch Nabelgefaͤße negativ
durch die Leber [§. 738]) war; die Lungen entwickeln
ſich, obwohl anfaͤnglich noch durch die Thymusdruͤſe beſchraͤnkt,
und bilden ſich endlich, wann dieſe Druͤſe noch mehr als
die aͤußern Lymphdruͤſen ſchwindet, vollkommen aus, werden
daher auch verhaͤltnißmaͤßig zum Koͤrper groͤßer und ſchwerer.

§. 881.

Allein nicht blos durch die Lungen wirkt die Luft auf
das Kind, ſondern allgemeiner noch durch die geſammte
Hautflaͤche. Dieſe wird ploͤtzlich von dem Drucke des Frucht-
waſſers befreit, ſie tritt aus einem fluͤſſigen in ein trockenes
Medium, und die Einwirkung der Luft aͤußert ſich an dem
neugeborenen Kinde durch eine lebhafte Roͤthung der ganzen
Oberflaͤche der Haut, ſo wie in den ſpaͤtern Tagen (gewoͤhn-
lich um den 3ten bis 6ten) eine Abſchaͤlung der ganzen
Oberhaut. Dieſer wahre Haͤutungsprozeß, welchen ich
an allen geſunden Kindern beobachtet habe, iſt bisher ganz
uͤberſehen worden, und demohnerachtet als der erſte der
weiterhin nach Kieſer als exanthematiſche Krankheiten erſchei-
nenden Haͤutungsproceſſe (Maſern, Scharlach, Blattern) zu
betrachten, und fuͤr die Lehre von den Krankheiten der Neu-
geborenen ſehr wichtig.

§. 882.

Die Haut kann und muß nun im Saͤugling ebenfalls
als wahrhaft ausſcheidendes Organ wirken, und eben ſo tre-
ten nun die uͤbrigen Excretionen hervor. Beym Saugen er-
gießt ſich Speichel, die Galle wird dicker und harziger, die

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[146/0170] und Gekroͤsdruͤſen, wie die Einſaugung durch den Darmkanal im Allgemeinen bilden ſich mehr aus. §. 880. 3) Athmung und Ausſcheidung. Von der Veraͤnderung der Athmungsweiſe durch die Geburt, iſt ſchon §. 877 geſprochen. Der Saͤugling athmet nun erſt vermit- telſt der Bruſt, wenn die Athmung des Fetus noch eine Bauchreſpiration (poſitiv durch Nabelgefaͤße negativ durch die Leber [§. 738]) war; die Lungen entwickeln ſich, obwohl anfaͤnglich noch durch die Thymusdruͤſe beſchraͤnkt, und bilden ſich endlich, wann dieſe Druͤſe noch mehr als die aͤußern Lymphdruͤſen ſchwindet, vollkommen aus, werden daher auch verhaͤltnißmaͤßig zum Koͤrper groͤßer und ſchwerer. §. 881. Allein nicht blos durch die Lungen wirkt die Luft auf das Kind, ſondern allgemeiner noch durch die geſammte Hautflaͤche. Dieſe wird ploͤtzlich von dem Drucke des Frucht- waſſers befreit, ſie tritt aus einem fluͤſſigen in ein trockenes Medium, und die Einwirkung der Luft aͤußert ſich an dem neugeborenen Kinde durch eine lebhafte Roͤthung der ganzen Oberflaͤche der Haut, ſo wie in den ſpaͤtern Tagen (gewoͤhn- lich um den 3ten bis 6ten) eine Abſchaͤlung der ganzen Oberhaut. Dieſer wahre Haͤutungsprozeß, welchen ich an allen geſunden Kindern beobachtet habe, iſt bisher ganz uͤberſehen worden, und demohnerachtet als der erſte der weiterhin nach Kieſer als exanthematiſche Krankheiten erſchei- nenden Haͤutungsproceſſe (Maſern, Scharlach, Blattern) zu betrachten, und fuͤr die Lehre von den Krankheiten der Neu- geborenen ſehr wichtig. §. 882. Die Haut kann und muß nun im Saͤugling ebenfalls als wahrhaft ausſcheidendes Organ wirken, und eben ſo tre- ten nun die uͤbrigen Excretionen hervor. Beym Saugen er- gießt ſich Speichel, die Galle wird dicker und harziger, die

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/170>, abgerufen am 26.04.2024.