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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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hier ebenfalls noch angeben. Es gehört aber hierher: 1) hin-
längliche Festigkeit. 2) Eine solche Einrichtung desselben,
daß er der Festigkeit unbeschadet, doch zusammengelegt, trans-
portirt und schnell wieder aufgeschlagen werden könne. 3)
Ein bequem eingerichtetes Sitzbrett an demselben, welches
mit einem zweckmäßigen Ausschnitt versehen seyn muß, wel-
cher, damit er für Personen von verschiedener Größe passend
sey, die Gestalt eines an der Spitze abgestumpften V ha-
ben muß (die hufeisenförmigen Ausschnitte der alten Ge-
burtsstühle sind ganz verwerflich). 4) Bequem eingerichtete,
zu erhöhende und erniedrigende Fußtritte und Armlehnen mit
Handhaben; wobei die Handhaben selbst zum Hinwegnehmen
angebracht seyn müssen, damit nach abgewarteter Entbin-
dung die Mutter leicht und ohne in die aufrechte Stellung
zu kommen, auf das Wochenbett gehoben werden könne.
5) Vorzüglich wichtig ist die Einrichtung der Rückenlehne,
welche beweglich seyn muß, um durch ihr Zurücklegen den
Stuhl in eine Art von Bett verwandeln zu können. 6)
Endlich sey die Form des ganzen Apparats nicht abschrek-
kend, sondern möglichst gefällig gearbeitet.

§. 918.

Alles zusammen genommen, ergiebt sich also, daß der
beste Geburtsstuhl derjenige seyn wird, der dem Geburtsbett
am ähnlichsten ist. In wiefern nun aber dieses so einfach,
leicht und überall zu bereiten ist, der Stuhl hingegen zu-
sammengesetzt, schwer fortzuschaffen, theuer, und doch nicht
überall zu haben ist, und auch nie das Bett völlig ersetzen
wird, so folgt daraus, daß es Pflicht aller Geburtshelfer
und Aerzte sey, immer mehr zur allgemeinen Einführung des
Geburtslagers hinzuwirken.

§. 919.

Der erfundenen Geburtsstühle giebt es übrigens eine
große Menge, von dem sehr charakteristisch genannten Lit
de misere
des Herbinaux bis zu Welsch's, Deven-
ter's
(mit beweglicher Lehne versehenen), Osiander's

hier ebenfalls noch angeben. Es gehoͤrt aber hierher: 1) hin-
laͤngliche Feſtigkeit. 2) Eine ſolche Einrichtung deſſelben,
daß er der Feſtigkeit unbeſchadet, doch zuſammengelegt, trans-
portirt und ſchnell wieder aufgeſchlagen werden koͤnne. 3)
Ein bequem eingerichtetes Sitzbrett an demſelben, welches
mit einem zweckmaͤßigen Ausſchnitt verſehen ſeyn muß, wel-
cher, damit er fuͤr Perſonen von verſchiedener Groͤße paſſend
ſey, die Geſtalt eines an der Spitze abgeſtumpften V ha-
ben muß (die hufeiſenfoͤrmigen Ausſchnitte der alten Ge-
burtsſtuͤhle ſind ganz verwerflich). 4) Bequem eingerichtete,
zu erhoͤhende und erniedrigende Fußtritte und Armlehnen mit
Handhaben; wobei die Handhaben ſelbſt zum Hinwegnehmen
angebracht ſeyn muͤſſen, damit nach abgewarteter Entbin-
dung die Mutter leicht und ohne in die aufrechte Stellung
zu kommen, auf das Wochenbett gehoben werden koͤnne.
5) Vorzuͤglich wichtig iſt die Einrichtung der Ruͤckenlehne,
welche beweglich ſeyn muß, um durch ihr Zuruͤcklegen den
Stuhl in eine Art von Bett verwandeln zu koͤnnen. 6)
Endlich ſey die Form des ganzen Apparats nicht abſchrek-
kend, ſondern moͤglichſt gefaͤllig gearbeitet.

§. 918.

Alles zuſammen genommen, ergiebt ſich alſo, daß der
beſte Geburtsſtuhl derjenige ſeyn wird, der dem Geburtsbett
am aͤhnlichſten iſt. In wiefern nun aber dieſes ſo einfach,
leicht und uͤberall zu bereiten iſt, der Stuhl hingegen zu-
ſammengeſetzt, ſchwer fortzuſchaffen, theuer, und doch nicht
uͤberall zu haben iſt, und auch nie das Bett voͤllig erſetzen
wird, ſo folgt daraus, daß es Pflicht aller Geburtshelfer
und Aerzte ſey, immer mehr zur allgemeinen Einfuͤhrung des
Geburtslagers hinzuwirken.

§. 919.

Der erfundenen Geburtsſtuͤhle giebt es uͤbrigens eine
große Menge, von dem ſehr charakteriſtiſch genannten Lit
de misère
des Herbinaux bis zu Welſch’s, Deven-
ter’s
(mit beweglicher Lehne verſehenen), Oſiander’s

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[167/0191] hier ebenfalls noch angeben. Es gehoͤrt aber hierher: 1) hin- laͤngliche Feſtigkeit. 2) Eine ſolche Einrichtung deſſelben, daß er der Feſtigkeit unbeſchadet, doch zuſammengelegt, trans- portirt und ſchnell wieder aufgeſchlagen werden koͤnne. 3) Ein bequem eingerichtetes Sitzbrett an demſelben, welches mit einem zweckmaͤßigen Ausſchnitt verſehen ſeyn muß, wel- cher, damit er fuͤr Perſonen von verſchiedener Groͤße paſſend ſey, die Geſtalt eines an der Spitze abgeſtumpften V ha- ben muß (die hufeiſenfoͤrmigen Ausſchnitte der alten Ge- burtsſtuͤhle ſind ganz verwerflich). 4) Bequem eingerichtete, zu erhoͤhende und erniedrigende Fußtritte und Armlehnen mit Handhaben; wobei die Handhaben ſelbſt zum Hinwegnehmen angebracht ſeyn muͤſſen, damit nach abgewarteter Entbin- dung die Mutter leicht und ohne in die aufrechte Stellung zu kommen, auf das Wochenbett gehoben werden koͤnne. 5) Vorzuͤglich wichtig iſt die Einrichtung der Ruͤckenlehne, welche beweglich ſeyn muß, um durch ihr Zuruͤcklegen den Stuhl in eine Art von Bett verwandeln zu koͤnnen. 6) Endlich ſey die Form des ganzen Apparats nicht abſchrek- kend, ſondern moͤglichſt gefaͤllig gearbeitet. §. 918. Alles zuſammen genommen, ergiebt ſich alſo, daß der beſte Geburtsſtuhl derjenige ſeyn wird, der dem Geburtsbett am aͤhnlichſten iſt. In wiefern nun aber dieſes ſo einfach, leicht und uͤberall zu bereiten iſt, der Stuhl hingegen zu- ſammengeſetzt, ſchwer fortzuſchaffen, theuer, und doch nicht uͤberall zu haben iſt, und auch nie das Bett voͤllig erſetzen wird, ſo folgt daraus, daß es Pflicht aller Geburtshelfer und Aerzte ſey, immer mehr zur allgemeinen Einfuͤhrung des Geburtslagers hinzuwirken. §. 919. Der erfundenen Geburtsſtuͤhle giebt es uͤbrigens eine große Menge, von dem ſehr charakteriſtiſch genannten Lit de misère des Herbinaux bis zu Welſch’s, Deven- ter’s (mit beweglicher Lehne verſehenen), Oſiander’s

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/191>, abgerufen am 26.04.2024.