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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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überdieß entsteht dann an der innern Oberfläche des Uterus
eiterartige Absonderung, Behufs der Ablösung des Mutterku-
chens, von welcher dann nicht nur eine sich auf das Perito-
naeum
(dessen Continuität mit der innern Haut
des Fruchtganges
auch hier zu berücksichtigen ist) fort-
pflanzende Reizung nothwendig bewirkt werden muß, sondern
auch eine Putrescenz der Gebärmuttersubstanz sehr wohl ver-
ursacht werden kann. Gesellen sich nun hierzu noch fortgehende
Blutungen aus den Stellen wo einzelne Lappen der Placenta
gelöst sind, so muß nothwendig ein höchst gefährlicher Zustand,
welcher schon manche Wöchnerin getödtet hat, sich entwickeln *).

§. 1504.

Die Zeit aber innerhalb welcher sich diese nachtheiligen Vor-
gänge im Uterus entwickeln werden, ist nicht bei allen Wöchnerin-
nen gleich; vorzüglich sehr reitzbare, dabei vollsaftige und zu ent-
zündlichen Zuständen geneigte Personen sind es, wo oft 24 bis
48 Stunden hinreichen, um den Anfang derselben zu zeigen.
Phlegmatische wenig reitzbare Subjekte hingegen, werden oft
von einer solchen Nachgeburtszögerung weit weniger afficirt
(eben so wie bei ihnen selbst die verzögerte Schwangerschaft
leichter vorkommen kann) und Beobachtungen von 4 bis 6 tägi-
gem und auch längerm Zurückbleiben der Nachgeburt, wo dem-
ungeachtet endlich die Geburt derselben ohne weitere besondere
Zufälle erfolgte, wurden gewöhnlich an solchen Individuen
gemacht. Daß also die Prognose vorzüglich nach dem
Blutverluste und nach der allgemeinen Constitution, ob sie
reizbarer und schwächlicher, und die Reaktion des Uterus gegen
die zurückgebliebenen Reste heftiger oder weniger heftig sey,
gestellt werden müsse, läßt sich hieraus leicht abnehmen.


*) M. s. hierüber D. Henschel Kann und darf die Nachgeburt
unbedingt zurückgelassen werden? Breslau 1805. -- u. derselbe in
Nust's Magazin f. d. ges. Hlk. VII. Bd. 1 Hft.
Wiegand Von d. Ursachen u. d. Behandlung der Nachgeburts-
zogerungen. Hamburg 1803.

uͤberdieß entſteht dann an der innern Oberflaͤche des Uterus
eiterartige Abſonderung, Behufs der Abloͤſung des Mutterku-
chens, von welcher dann nicht nur eine ſich auf das Perito-
naeum
(deſſen Continuitaͤt mit der innern Haut
des Fruchtganges
auch hier zu beruͤckſichtigen iſt) fort-
pflanzende Reizung nothwendig bewirkt werden muß, ſondern
auch eine Putreſcenz der Gebaͤrmutterſubſtanz ſehr wohl ver-
urſacht werden kann. Geſellen ſich nun hierzu noch fortgehende
Blutungen aus den Stellen wo einzelne Lappen der Placenta
geloͤſt ſind, ſo muß nothwendig ein hoͤchſt gefaͤhrlicher Zuſtand,
welcher ſchon manche Woͤchnerin getoͤdtet hat, ſich entwickeln *).

§. 1504.

Die Zeit aber innerhalb welcher ſich dieſe nachtheiligen Vor-
gaͤnge im Uterus entwickeln werden, iſt nicht bei allen Woͤchnerin-
nen gleich; vorzuͤglich ſehr reitzbare, dabei vollſaftige und zu ent-
zuͤndlichen Zuſtaͤnden geneigte Perſonen ſind es, wo oft 24 bis
48 Stunden hinreichen, um den Anfang derſelben zu zeigen.
Phlegmatiſche wenig reitzbare Subjekte hingegen, werden oft
von einer ſolchen Nachgeburtszoͤgerung weit weniger afficirt
(eben ſo wie bei ihnen ſelbſt die verzoͤgerte Schwangerſchaft
leichter vorkommen kann) und Beobachtungen von 4 bis 6 taͤgi-
gem und auch laͤngerm Zuruͤckbleiben der Nachgeburt, wo dem-
ungeachtet endlich die Geburt derſelben ohne weitere beſondere
Zufaͤlle erfolgte, wurden gewoͤhnlich an ſolchen Individuen
gemacht. Daß alſo die Prognoſe vorzuͤglich nach dem
Blutverluſte und nach der allgemeinen Conſtitution, ob ſie
reizbarer und ſchwaͤchlicher, und die Reaktion des Uterus gegen
die zuruͤckgebliebenen Reſte heftiger oder weniger heftig ſey,
geſtellt werden muͤſſe, laͤßt ſich hieraus leicht abnehmen.


*) M. ſ. hieruͤber D. Henſchel Kann und darf die Nachgeburt
unbedingt zuruͤckgelaſſen werden? Breslau 1805. — u. derſelbe in
Nuſt’s Magazin f. d. geſ. Hlk. VII. Bd. 1 Hft.
Wiegand Von d. Urſachen u. d. Behandlung der Nachgeburts-
zogerungen. Hamburg 1803.
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[508/0534] uͤberdieß entſteht dann an der innern Oberflaͤche des Uterus eiterartige Abſonderung, Behufs der Abloͤſung des Mutterku- chens, von welcher dann nicht nur eine ſich auf das Perito- naeum (deſſen Continuitaͤt mit der innern Haut des Fruchtganges auch hier zu beruͤckſichtigen iſt) fort- pflanzende Reizung nothwendig bewirkt werden muß, ſondern auch eine Putreſcenz der Gebaͤrmutterſubſtanz ſehr wohl ver- urſacht werden kann. Geſellen ſich nun hierzu noch fortgehende Blutungen aus den Stellen wo einzelne Lappen der Placenta geloͤſt ſind, ſo muß nothwendig ein hoͤchſt gefaͤhrlicher Zuſtand, welcher ſchon manche Woͤchnerin getoͤdtet hat, ſich entwickeln *). §. 1504. Die Zeit aber innerhalb welcher ſich dieſe nachtheiligen Vor- gaͤnge im Uterus entwickeln werden, iſt nicht bei allen Woͤchnerin- nen gleich; vorzuͤglich ſehr reitzbare, dabei vollſaftige und zu ent- zuͤndlichen Zuſtaͤnden geneigte Perſonen ſind es, wo oft 24 bis 48 Stunden hinreichen, um den Anfang derſelben zu zeigen. Phlegmatiſche wenig reitzbare Subjekte hingegen, werden oft von einer ſolchen Nachgeburtszoͤgerung weit weniger afficirt (eben ſo wie bei ihnen ſelbſt die verzoͤgerte Schwangerſchaft leichter vorkommen kann) und Beobachtungen von 4 bis 6 taͤgi- gem und auch laͤngerm Zuruͤckbleiben der Nachgeburt, wo dem- ungeachtet endlich die Geburt derſelben ohne weitere beſondere Zufaͤlle erfolgte, wurden gewoͤhnlich an ſolchen Individuen gemacht. Daß alſo die Prognoſe vorzuͤglich nach dem Blutverluſte und nach der allgemeinen Conſtitution, ob ſie reizbarer und ſchwaͤchlicher, und die Reaktion des Uterus gegen die zuruͤckgebliebenen Reſte heftiger oder weniger heftig ſey, geſtellt werden muͤſſe, laͤßt ſich hieraus leicht abnehmen. *) M. ſ. hieruͤber D. Henſchel Kann und darf die Nachgeburt unbedingt zuruͤckgelaſſen werden? Breslau 1805. — u. derſelbe in Nuſt’s Magazin f. d. geſ. Hlk. VII. Bd. 1 Hft. Wiegand Von d. Urſachen u. d. Behandlung der Nachgeburts- zogerungen. Hamburg 1803.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/534>, abgerufen am 04.05.2024.