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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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Milchgefäße überfüllt werden, Stockung in denselben, durch
Gemüthserschütterungen, Diätfehler, Erkältungen, erregt werden,
das Stillungsgeschäft nicht zweckmäßig geleitet wird, mecha-
nische Schädlichkeiten die Brüste treffen, so erfolgt leicht die
(zuweilen auch schon bei Schwangern, am seltensten aber bei
Nichtschwangern vorkommende) Entzündung der Brüste. Ihre
Oberfläche wird dabei im Ganzen oder an einzelnen Stellen leb-
haft geröthet, es entsteht ein heftiger, stechender Schmerz,
Brennen, Anschwellung, Härte, erhöhte Temperatur, und
allgemeiner Fieberzustand. Die Milchabsondrung und Auslee-
rung kann übrigens bei einem gewissen Grade der Entzündung
noch sehr wohl bestehen; beim höchsten Grade aber hört beides
auf. -- Der Charakter dieser Entzündungen ist mehr rosen-
artig und ihre Ausgänge sind: entweder, unter eintretenden
reichlichen Schweißen, freierem Milchausflusse u. s. w., die
allmählige Zertheilung; oder, nach wiederkehrendem
Frost, Eintreten eines klopfenden Schmerzens, und Entfärbung
der zuerst entzündeten Hautpartie, die Eiterung; oder bei
Verminderung der Entzündung aber Rückbleiben einer schmerz-
haften Stelle und eines schleichenden Fiebers, die Verhär-
tung
.

§. 1591.

Die Behandlung muß bei diesen Zuständen vorzüglich
auf Bewerkstelligung der Zertheilung gerichtet seyn. Man sorgt
daher zunächst für allgemeine Ruhe des Körpers, Beförderung
der Hautthätigkeit, begegnet dem Fieber durch kühlende Ge-
tränke, wenig nährende Speisen, Emulsionen mit Nitrum,
Lavements, oder, bei Neigung zu Obstruktionen und gastrischen
Zuständen, durch einige blande Abführungen. Oertlich bedeckt
man die Brüste mit Kräuterkissen, oder noch besser mit Baum-
wolle und aufgestreutem feinem Pulver der Kamillen, des Me-
lilotenkrautes u. s. w. Manche Aerzte lieben auch hier die
Anwendung der fettigen Mittel, allein jenes scheint mir
dem rosenartigen Charakter angemessener und wirksamer, Brei-
umschläge befördern zu schnell die Eiterung, und Bleihaltige

II. Theil, 36

Milchgefaͤße uͤberfuͤllt werden, Stockung in denſelben, durch
Gemuͤthserſchuͤtterungen, Diaͤtfehler, Erkaͤltungen, erregt werden,
das Stillungsgeſchaͤft nicht zweckmaͤßig geleitet wird, mecha-
niſche Schaͤdlichkeiten die Bruͤſte treffen, ſo erfolgt leicht die
(zuweilen auch ſchon bei Schwangern, am ſeltenſten aber bei
Nichtſchwangern vorkommende) Entzuͤndung der Bruͤſte. Ihre
Oberflaͤche wird dabei im Ganzen oder an einzelnen Stellen leb-
haft geroͤthet, es entſteht ein heftiger, ſtechender Schmerz,
Brennen, Anſchwellung, Haͤrte, erhoͤhte Temperatur, und
allgemeiner Fieberzuſtand. Die Milchabſondrung und Auslee-
rung kann uͤbrigens bei einem gewiſſen Grade der Entzuͤndung
noch ſehr wohl beſtehen; beim hoͤchſten Grade aber hoͤrt beides
auf. — Der Charakter dieſer Entzuͤndungen iſt mehr roſen-
artig und ihre Ausgaͤnge ſind: entweder, unter eintretenden
reichlichen Schweißen, freierem Milchausfluſſe u. ſ. w., die
allmaͤhlige Zertheilung; oder, nach wiederkehrendem
Froſt, Eintreten eines klopfenden Schmerzens, und Entfaͤrbung
der zuerſt entzuͤndeten Hautpartie, die Eiterung; oder bei
Verminderung der Entzuͤndung aber Ruͤckbleiben einer ſchmerz-
haften Stelle und eines ſchleichenden Fiebers, die Verhaͤr-
tung
.

§. 1591.

Die Behandlung muß bei dieſen Zuſtaͤnden vorzuͤglich
auf Bewerkſtelligung der Zertheilung gerichtet ſeyn. Man ſorgt
daher zunaͤchſt fuͤr allgemeine Ruhe des Koͤrpers, Befoͤrderung
der Hautthaͤtigkeit, begegnet dem Fieber durch kuͤhlende Ge-
traͤnke, wenig naͤhrende Speiſen, Emulſionen mit Nitrum,
Lavements, oder, bei Neigung zu Obſtruktionen und gaſtriſchen
Zuſtaͤnden, durch einige blande Abfuͤhrungen. Oertlich bedeckt
man die Bruͤſte mit Kraͤuterkiſſen, oder noch beſſer mit Baum-
wolle und aufgeſtreutem feinem Pulver der Kamillen, des Me-
lilotenkrautes u. ſ. w. Manche Aerzte lieben auch hier die
Anwendung der fettigen Mittel, allein jenes ſcheint mir
dem roſenartigen Charakter angemeſſener und wirkſamer, Brei-
umſchlaͤge befoͤrdern zu ſchnell die Eiterung, und Bleihaltige

II. Theil, 36
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[561/0587] Milchgefaͤße uͤberfuͤllt werden, Stockung in denſelben, durch Gemuͤthserſchuͤtterungen, Diaͤtfehler, Erkaͤltungen, erregt werden, das Stillungsgeſchaͤft nicht zweckmaͤßig geleitet wird, mecha- niſche Schaͤdlichkeiten die Bruͤſte treffen, ſo erfolgt leicht die (zuweilen auch ſchon bei Schwangern, am ſeltenſten aber bei Nichtſchwangern vorkommende) Entzuͤndung der Bruͤſte. Ihre Oberflaͤche wird dabei im Ganzen oder an einzelnen Stellen leb- haft geroͤthet, es entſteht ein heftiger, ſtechender Schmerz, Brennen, Anſchwellung, Haͤrte, erhoͤhte Temperatur, und allgemeiner Fieberzuſtand. Die Milchabſondrung und Auslee- rung kann uͤbrigens bei einem gewiſſen Grade der Entzuͤndung noch ſehr wohl beſtehen; beim hoͤchſten Grade aber hoͤrt beides auf. — Der Charakter dieſer Entzuͤndungen iſt mehr roſen- artig und ihre Ausgaͤnge ſind: entweder, unter eintretenden reichlichen Schweißen, freierem Milchausfluſſe u. ſ. w., die allmaͤhlige Zertheilung; oder, nach wiederkehrendem Froſt, Eintreten eines klopfenden Schmerzens, und Entfaͤrbung der zuerſt entzuͤndeten Hautpartie, die Eiterung; oder bei Verminderung der Entzuͤndung aber Ruͤckbleiben einer ſchmerz- haften Stelle und eines ſchleichenden Fiebers, die Verhaͤr- tung. §. 1591. Die Behandlung muß bei dieſen Zuſtaͤnden vorzuͤglich auf Bewerkſtelligung der Zertheilung gerichtet ſeyn. Man ſorgt daher zunaͤchſt fuͤr allgemeine Ruhe des Koͤrpers, Befoͤrderung der Hautthaͤtigkeit, begegnet dem Fieber durch kuͤhlende Ge- traͤnke, wenig naͤhrende Speiſen, Emulſionen mit Nitrum, Lavements, oder, bei Neigung zu Obſtruktionen und gaſtriſchen Zuſtaͤnden, durch einige blande Abfuͤhrungen. Oertlich bedeckt man die Bruͤſte mit Kraͤuterkiſſen, oder noch beſſer mit Baum- wolle und aufgeſtreutem feinem Pulver der Kamillen, des Me- lilotenkrautes u. ſ. w. Manche Aerzte lieben auch hier die Anwendung der fettigen Mittel, allein jenes ſcheint mir dem roſenartigen Charakter angemeſſener und wirkſamer, Brei- umſchlaͤge befoͤrdern zu ſchnell die Eiterung, und Bleihaltige II. Theil, 36

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/587>, abgerufen am 27.04.2024.