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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820.

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zu Hülfe kommen: die Anwendung der leichtern bittern Mittel
mit aromatischen Wässern, die Ländluft, die Bäder mit dem
Aufgusse der Hb. melissae, serpilli u. s. w., die Milch- oder
Malzbäder, das Waschen mit Wein, die Sorge für eine gute
Amme oder sonstige möglichst zweckmäßige Nahrung, wird
dann Hauptaugenmerk des Arztes seyn müssen.

d. Krankheiten der Harnwege.
Harnlosigkeit und Harnstrenge (Anuria, Stranguria).
§. 1702.

Die von Feiler sogenannte Harnlosigkeit bezeichnet ei-
nen Zustand wo das Kind durchaus keinen Urin läßt. Er
ist entweder abhängig von Atresien (siehe davon oben das
Nähere), oder Fortsetzung des Fetuszustandes rücksichtlich noch
nicht eingetretener Ausscheidung der Nieren. Ich habe dieses
letztere mehrfach beobachtet, und es ganz gefahrlos gefunden,
auch immer gesehen, daß am zweiten oder dritten Tage nach
der Geburt doch das Uriniren erfolgte. Ist man daher über-
zeugt, daß keine Atresie vorhanden sey, so kann man diesen
Zustand ruhig der Natur überlassen. Anders ist es wenn bei
ältern Kindern, durch Krampf oder Entzündung, Urinverhal-
tung eintritt, die Blase aufgetrieben gefühlt wird, nur wenige
Tropfen Urin abgehen, und das Kind durch anhaltendes
Schreien heftige Schmerzen zu erkennen giebt. Dieser Zu-
stand ist allerdings gefahrdrohend, und muß sonach durch ähn-
liches Verfahren wie z. B. bei Wöchnerinnen baldigst besei-
tigt werden. Man giebt lauwarme Bäder, erweichende Lave-
ments, macht erweichende, antispastische Umschläge und Einrei-
bungen auf die regio hypogastrica, und wendet innerlich das
Semen lycopodii (z. B. nach Hufeland zu ßii mit iß
Syrup. Althaeae und ii Wasser) an.


zu Huͤlfe kommen: die Anwendung der leichtern bittern Mittel
mit aromatiſchen Waͤſſern, die Laͤndluft, die Baͤder mit dem
Aufguſſe der Hb. melissae, serpilli u. ſ. w., die Milch- oder
Malzbaͤder, das Waſchen mit Wein, die Sorge fuͤr eine gute
Amme oder ſonſtige moͤglichſt zweckmaͤßige Nahrung, wird
dann Hauptaugenmerk des Arztes ſeyn muͤſſen.

d. Krankheiten der Harnwege.
Harnloſigkeit und Harnſtrenge (Anuria, Stranguria).
§. 1702.

Die von Feiler ſogenannte Harnloſigkeit bezeichnet ei-
nen Zuſtand wo das Kind durchaus keinen Urin laͤßt. Er
iſt entweder abhaͤngig von Atreſien (ſiehe davon oben das
Naͤhere), oder Fortſetzung des Fetuszuſtandes ruͤckſichtlich noch
nicht eingetretener Ausſcheidung der Nieren. Ich habe dieſes
letztere mehrfach beobachtet, und es ganz gefahrlos gefunden,
auch immer geſehen, daß am zweiten oder dritten Tage nach
der Geburt doch das Uriniren erfolgte. Iſt man daher uͤber-
zeugt, daß keine Atreſie vorhanden ſey, ſo kann man dieſen
Zuſtand ruhig der Natur uͤberlaſſen. Anders iſt es wenn bei
aͤltern Kindern, durch Krampf oder Entzuͤndung, Urinverhal-
tung eintritt, die Blaſe aufgetrieben gefuͤhlt wird, nur wenige
Tropfen Urin abgehen, und das Kind durch anhaltendes
Schreien heftige Schmerzen zu erkennen giebt. Dieſer Zu-
ſtand iſt allerdings gefahrdrohend, und muß ſonach durch aͤhn-
liches Verfahren wie z. B. bei Woͤchnerinnen baldigſt beſei-
tigt werden. Man giebt lauwarme Baͤder, erweichende Lave-
ments, macht erweichende, antiſpaſtiſche Umſchlaͤge und Einrei-
bungen auf die regio hypogastrica, und wendet innerlich das
Semen lycopodii (z. B. nach Hufeland zu ʒii mit ℥iß
Syrup. Althaeae und ℥ii Waſſer) an.


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[633/0659] zu Huͤlfe kommen: die Anwendung der leichtern bittern Mittel mit aromatiſchen Waͤſſern, die Laͤndluft, die Baͤder mit dem Aufguſſe der Hb. melissae, serpilli u. ſ. w., die Milch- oder Malzbaͤder, das Waſchen mit Wein, die Sorge fuͤr eine gute Amme oder ſonſtige moͤglichſt zweckmaͤßige Nahrung, wird dann Hauptaugenmerk des Arztes ſeyn muͤſſen. d. Krankheiten der Harnwege. Harnloſigkeit und Harnſtrenge (Anuria, Stranguria). §. 1702. Die von Feiler ſogenannte Harnloſigkeit bezeichnet ei- nen Zuſtand wo das Kind durchaus keinen Urin laͤßt. Er iſt entweder abhaͤngig von Atreſien (ſiehe davon oben das Naͤhere), oder Fortſetzung des Fetuszuſtandes ruͤckſichtlich noch nicht eingetretener Ausſcheidung der Nieren. Ich habe dieſes letztere mehrfach beobachtet, und es ganz gefahrlos gefunden, auch immer geſehen, daß am zweiten oder dritten Tage nach der Geburt doch das Uriniren erfolgte. Iſt man daher uͤber- zeugt, daß keine Atreſie vorhanden ſey, ſo kann man dieſen Zuſtand ruhig der Natur uͤberlaſſen. Anders iſt es wenn bei aͤltern Kindern, durch Krampf oder Entzuͤndung, Urinverhal- tung eintritt, die Blaſe aufgetrieben gefuͤhlt wird, nur wenige Tropfen Urin abgehen, und das Kind durch anhaltendes Schreien heftige Schmerzen zu erkennen giebt. Dieſer Zu- ſtand iſt allerdings gefahrdrohend, und muß ſonach durch aͤhn- liches Verfahren wie z. B. bei Woͤchnerinnen baldigſt beſei- tigt werden. Man giebt lauwarme Baͤder, erweichende Lave- ments, macht erweichende, antiſpaſtiſche Umſchlaͤge und Einrei- bungen auf die regio hypogastrica, und wendet innerlich das Semen lycopodii (z. B. nach Hufeland zu ʒii mit ℥iß Syrup. Althaeae und ℥ii Waſſer) an.

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/659>, abgerufen am 26.04.2024.