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Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.

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Wiegen Wiechre
weise gezogen wird, damit die klei-
nen Kinder nicht heraus fallen kön-
nen; man pfleget auch dasjenige
das Wiegen-Band zu nennen, wel-
ches an das eine Ende der Wiege
angeknüpffet wird, und wormit die
Muhmen oder Ammen die Wiege
hin und wieder ziehen, welches
bey gemeinen Leuten insgemein die
Schrot-Bänder oder Saal-Lei-
sten von denen Tüchern verrichten
müssen.

Wiegen-Bret,

Ist ein von höltzernen Bretern
zusammen gesetztes breites Creutze,
worauf die Wiege gesetzet wird,
damit sie wegen Ungleichheit der
Dielen in denen Stuben, bey dem
hin- und wieder-gehen nicht knarrt,
und die kleinen Kinder dadurch im
Schlaff beunruhigen möge.

Wiegen-Lied,

Seynd allerhand denen Ammen
und Muhmen bekannte Gesetzlein
und Melodien, so denen Kindern,
in der Wiege, wenn sie einschlaffen
sollen, vorgesungen werden, damit
sie darüber einschlummern. Man
hat geistliche und weltliche Wiegen-
Lieder.

Wiegen-Tuch,

Seynd diejenigen Tücher, weiß
oder bunt, so über den Spriegel der
Wiege gedecket werden, damit die
kleinen Kinder im Schatten desto
geruhiger und ungehinderter schla-
fen können.

Wiehre,

(Nach Hamburgischer Redens-
Art, denn nach hiesiger heißt es ein
[Spaltenumbruch]

Wilde Wilhelm
Kappen-Drat) ist ein hoher rund-
gebogener Drat, welcher mit Sei-
de bewunden ist, und von dem
Frauenzimmer auf die Fontangen
gestecket wird, damit selbige von
denen übergehengten Taffet- oder
Flohr-Kappen auch Regen-Tü-
chern nicht zerdrückt werden.

Wilde Wehen,

Oder Dolores spurii, heissen bey
denen gebährenden Weibern, die
nach dem Rücken zu tretenden
Schmertzen, so meistens von denen
geschwächten Kräfften des Kindes
und der Mutter, wenn selbige allzu
früh zur Arbeit angestrenget wird,
ihren Ursprung haben.

Wildpret,

Ferina, Venaison, wird in roth
und schwartz Wildpret eingetheilet.
Zum rothen gehören Hirsche, Thie-
re, Schmal-Thiere, Rehe, Hasen etc.
Zum schwartzen, Schweine, Käu-
ler, Bachen, Frischlinge und so
weiter. Es gehöret auch hieher
das Feder-Wildpret, darunter
man zehlet: Trappen, Auer- und
Birck-Häne, Hasel-Hüner, wilde
Gänse, wilde Enten und Tauben,
Krammets-Vögel und Rebhüner,
Wachteln, Lerchen und andere klei-
ne Vögel mehr.

Wildprets-Frau,

Heissen diejenigen Weiber, so
das Wildpret in die Häuser hausi-
ren herum tragen.

Wilgefortis. siehe. Liberata S.
Wilhelmina Hedwig,

Princessin des Marggrafens

von

[Spaltenumbruch]

Wiegen Wiechre
weiſe gezogen wird, damit die klei-
nen Kinder nicht heraus fallen koͤn-
nen; man pfleget auch dasjenige
das Wiegen-Band zu nennen, wel-
ches an das eine Ende der Wiege
angeknuͤpffet wird, und wormit die
Muhmen oder Ammen die Wiege
hin und wieder ziehen, welches
bey gemeinen Leuten insgemein die
Schrot-Baͤnder oder Saal-Lei-
ſten von denen Tuͤchern verrichten
muͤſſen.

Wiegen-Bret,

Iſt ein von hoͤltzernen Bretern
zuſammen geſetztes breites Creutze,
worauf die Wiege geſetzet wird,
damit ſie wegen Ungleichheit der
Dielen in denen Stuben, bey dem
hin- und wieder-gehen nicht knarrt,
und die kleinen Kinder dadurch im
Schlaff beunruhigen moͤge.

Wiegen-Lied,

Seynd allerhand denen Ammen
und Muhmen bekannte Geſetzlein
und Melodien, ſo denen Kindern,
in der Wiege, wenn ſie einſchlaffen
ſollen, vorgeſungen werden, damit
ſie daruͤber einſchlummern. Man
hat geiſtliche und weltliche Wiegen-
Lieder.

Wiegen-Tuch,

Seynd diejenigen Tuͤcher, weiß
oder bunt, ſo uͤber den Spriegel der
Wiege gedecket werden, damit die
kleinen Kinder im Schatten deſto
geruhiger und ungehinderter ſchla-
fen koͤnnen.

Wiehre,

(Nach Hamburgiſcher Redens-
Art, denn nach hieſiger heißt es ein
[Spaltenumbruch]

Wilde Wilhelm
Kappen-Drat) iſt ein hoher rund-
gebogener Drat, welcher mit Sei-
de bewunden iſt, und von dem
Frauenzimmer auf die Fontangen
geſtecket wird, damit ſelbige von
denen uͤbergehengten Taffet- oder
Flohr-Kappen auch Regen-Tuͤ-
chern nicht zerdruͤckt werden.

Wilde Wehen,

Oder Dolores ſpurii, heiſſen bey
denen gebaͤhrenden Weibern, die
nach dem Ruͤcken zu tretenden
Schmertzen, ſo meiſtens von denen
geſchwaͤchten Kraͤfften des Kindes
und der Mutter, wenn ſelbige allzu
fruͤh zur Arbeit angeſtrenget wird,
ihren Urſprung haben.

Wildpret,

Ferina, Venaiſon, wird in roth
und ſchwartz Wildpret eingetheilet.
Zum rothen gehoͤren Hirſche, Thie-
re, Schmal-Thiere, Rehe, Haſen ꝛc.
Zum ſchwartzen, Schweine, Kaͤu-
ler, Bachen, Friſchlinge und ſo
weiter. Es gehoͤret auch hieher
das Feder-Wildpret, darunter
man zehlet: Trappen, Auer- und
Birck-Haͤne, Haſel-Huͤner, wilde
Gaͤnſe, wilde Enten und Tauben,
Krammets-Voͤgel und Rebhuͤner,
Wachteln, Lerchen und andere klei-
ne Voͤgel mehr.

Wildprets-Frau,

Heiſſen diejenigen Weiber, ſo
das Wildpret in die Haͤuſer hauſi-
ren herum tragen.

Wilgefortis. ſiehe. Liberata S.
Wilhelmina Hedwig,

Princeſſin des Marggrafens

von
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[1084] Wiegen Wiechre Wilde Wilhelm weiſe gezogen wird, damit die klei- nen Kinder nicht heraus fallen koͤn- nen; man pfleget auch dasjenige das Wiegen-Band zu nennen, wel- ches an das eine Ende der Wiege angeknuͤpffet wird, und wormit die Muhmen oder Ammen die Wiege hin und wieder ziehen, welches bey gemeinen Leuten insgemein die Schrot-Baͤnder oder Saal-Lei- ſten von denen Tuͤchern verrichten muͤſſen. Wiegen-Bret, Iſt ein von hoͤltzernen Bretern zuſammen geſetztes breites Creutze, worauf die Wiege geſetzet wird, damit ſie wegen Ungleichheit der Dielen in denen Stuben, bey dem hin- und wieder-gehen nicht knarrt, und die kleinen Kinder dadurch im Schlaff beunruhigen moͤge. Wiegen-Lied, Seynd allerhand denen Ammen und Muhmen bekannte Geſetzlein und Melodien, ſo denen Kindern, in der Wiege, wenn ſie einſchlaffen ſollen, vorgeſungen werden, damit ſie daruͤber einſchlummern. Man hat geiſtliche und weltliche Wiegen- Lieder. Wiegen-Tuch, Seynd diejenigen Tuͤcher, weiß oder bunt, ſo uͤber den Spriegel der Wiege gedecket werden, damit die kleinen Kinder im Schatten deſto geruhiger und ungehinderter ſchla- fen koͤnnen. Wiehre, (Nach Hamburgiſcher Redens- Art, denn nach hieſiger heißt es ein Kappen-Drat) iſt ein hoher rund- gebogener Drat, welcher mit Sei- de bewunden iſt, und von dem Frauenzimmer auf die Fontangen geſtecket wird, damit ſelbige von denen uͤbergehengten Taffet- oder Flohr-Kappen auch Regen-Tuͤ- chern nicht zerdruͤckt werden. Wilde Wehen, Oder Dolores ſpurii, heiſſen bey denen gebaͤhrenden Weibern, die nach dem Ruͤcken zu tretenden Schmertzen, ſo meiſtens von denen geſchwaͤchten Kraͤfften des Kindes und der Mutter, wenn ſelbige allzu fruͤh zur Arbeit angeſtrenget wird, ihren Urſprung haben. Wildpret, Ferina, Venaiſon, wird in roth und ſchwartz Wildpret eingetheilet. Zum rothen gehoͤren Hirſche, Thie- re, Schmal-Thiere, Rehe, Haſen ꝛc. Zum ſchwartzen, Schweine, Kaͤu- ler, Bachen, Friſchlinge und ſo weiter. Es gehoͤret auch hieher das Feder-Wildpret, darunter man zehlet: Trappen, Auer- und Birck-Haͤne, Haſel-Huͤner, wilde Gaͤnſe, wilde Enten und Tauben, Krammets-Voͤgel und Rebhuͤner, Wachteln, Lerchen und andere klei- ne Voͤgel mehr. Wildprets-Frau, Heiſſen diejenigen Weiber, ſo das Wildpret in die Haͤuſer hauſi- ren herum tragen. Wilgefortis. ſiehe. Liberata S. Wilhelmina Hedwig, Princeſſin des Marggrafens von

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Zitationshilfe: Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/1084>, abgerufen am 27.04.2024.