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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Acht und Funffzigste (Fünffte)
Frantz.
orat.
133.
etliche an der Warheit dieser Wort zweifeln/ namentlich D. Wolfgang
Frantz/ berufft sich auff die Todengräber/ so sich über diesem Spruch offt
verwundert/ als welcher mit der experientz nicht übereinkommet/ wann
man die Gräber auffthue/ bevorab/ wann der Tode tieff liget/ findet sichs
nicht also/ darumb er auch die Histori von dem wunderschönen Adelichen
Jungen von Schleinitz/ dessen nach seinem Tod entdecktes cadaver von
Schlangen umbgeben im Grab gefunden soll seyn/ wie Camerarius berichtet
in horis subsecivis, in Zweifel ziehet/ und für eine invention der Mahler ge-
halten; Gleichwol lässet ers gelten von den morgenländischen Gräbern in
den allzuheissen Landen/ vorab wann die Toden nicht tieff begraben ligen:
Sonst ist es ins gemein wahr von den unbegrabenen Toden/ die stincken/
und wo man sie nicht bald unter die Erden verscharret oder balsamiret/ so
gehets nicht leer ab/ es wachsen Würm aus dem cadavere; mit welchem
Esa. 14, 11.übereinstimmet der Prophet Esaias c. 14. wann er saget: Motten wer-
den dein Bette seyn/ und Würme deine Decke.

Es verursachet aber hiemit Syrach mehr nachdenckens und nach-
sinnens/ nemlich zuvorderst poenae consequentis justitiam, daß
solches seye eine rechte und billiche Straffe von dem allge-

Gen. 3, 1.
seqq.
rechten Gott! Eine Schlang war es/ damit Eva gebuhlet/ und dero
Wort für ein oraculum und Göttliche Warheit gehalten/ Gottes Wort
aus den Augen gesetzet; An Schlangen/ Würmen und Drachen haben
sich nicht nur die alten Heiden/ die Babylonier/ die Egyptier/ die Griechen/
sondern auch die alten Preussen und Samogithen vernarret/ daß sie die
Schlangen vor Hauß-Götter verehret: Eine grosse/ ungeheure/ sieben-
köpffige Wasser-Schlange ist das Römische Papstumb/ welcher so viel
tausend dienen; ja alle Teufels-Knechte sind Knechte der alten rothen
Schlangen/ derowegen ist es auch gerecht für Gott/ eine rechtmässige/
billiche Vergeltung/ woran sich der Mensch versündiget/ daß er auch da-
mit gestrafft werde.

Es gibet aber auch Syrach Anlaß zu einer geistlichen figur
und perspectiv, darein wir sehen und spüren können etlicher massen
die Marter und Pein der Verdamten/ nemlich poenam sensus,
die jenige Pein/ die sie thätlich und empfindlich an Leib und
Seel empfinden werden/
die Esaias uns in der figur und Ge-
stalt der Wurme
für Augen mahlet; Dann zu gleicherweise/ wie die
unbegrabene cadavera und tode Leichnam das Nest sind/ darinn und

daraus

Die Acht und Funffzigſte (Fuͤnffte)
Frantz.
orat.
133.
etliche an der Warheit dieſer Wort zweifeln/ namentlich D. Wolfgang
Frantz/ berufft ſich auff die Todengraͤber/ ſo ſich uͤber dieſem Spruch offt
verwundert/ als welcher mit der experientz nicht uͤbereinkommet/ wann
man die Graͤber auffthue/ bevorab/ wann der Tode tieff liget/ findet ſichs
nicht alſo/ darumb er auch die Hiſtori von dem wunderſchoͤnen Adelichen
Jungen von Schleinitz/ deſſen nach ſeinem Tod entdecktes cadaver von
Schlangen umbgebẽ im Grab gefunden ſoll ſeyn/ wie Camerarius berichtet
in horis ſubſecivis, in Zweifel ziehet/ und fuͤr eine invention der Mahler ge-
halten; Gleichwol laͤſſet ers gelten von den morgenlaͤndiſchen Graͤbern in
den allzuheiſſen Landen/ vorab wann die Toden nicht tieff begraben ligen:
Sonſt iſt es ins gemein wahr von den unbegrabenen Toden/ die ſtincken/
und wo man ſie nicht bald unter die Erden verſcharret oder balſamiret/ ſo
gehets nicht leer ab/ es wachſen Wuͤrm aus dem cadavere; mit welchem
Eſa. 14, 11.uͤbereinſtimmet der Prophet Eſaias c. 14. wann er ſaget: Motten wer-
den dein Bette ſeyn/ und Wuͤrme deine Decke.

Es verurſachet aber hiemit Syrach mehr nachdenckens und nach-
ſinnens/ nemlich zuvorderſt pœnæ conſequentis juſtitiam, daß
ſolches ſeye eine rechte und billiche Straffe von dem allge-

Gen. 3, 1.
ſeqq.
rechten Gott! Eine Schlang war es/ damit Eva gebuhlet/ und dero
Wort fuͤr ein oraculum und Goͤttliche Warheit gehalten/ Gottes Wort
aus den Augen geſetzet; An Schlangen/ Wuͤrmen und Drachen haben
ſich nicht nur die alten Heiden/ die Babylonier/ die Egyptier/ die Griechen/
ſondern auch die alten Preuſſen und Samogithen vernarret/ daß ſie die
Schlangen vor Hauß-Goͤtter verehret: Eine groſſe/ ungeheure/ ſieben-
koͤpffige Waſſer-Schlange iſt das Roͤmiſche Papſtumb/ welcher ſo viel
tauſend dienen; ja alle Teufels-Knechte ſind Knechte der alten rothen
Schlangen/ derowegen iſt es auch gerecht fuͤr Gott/ eine rechtmaͤſſige/
billiche Vergeltung/ woran ſich der Menſch verſuͤndiget/ daß er auch da-
mit geſtrafft werde.

Es gibet aber auch Syrach Anlaß zu einer geiſtlichen figur
und perſpectiv, darein wir ſehen und ſpuͤren koͤnnen etlicher maſſen
die Marter und Pein der Verdamten/ nemlich pœnam ſenſus,
die jenige Pein/ die ſie thaͤtlich und empfindlich an Leib und
Seel empfinden werden/
die Eſaias uns in der figur und Ge-
ſtalt der Wůrme
fuͤr Augen mahlet; Dann zu gleicherweiſe/ wie die
unbegrabene cadavera und tode Leichnam das Neſt ſind/ darinn und

daraus
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[700/0732] Die Acht und Funffzigſte (Fuͤnffte) etliche an der Warheit dieſer Wort zweifeln/ namentlich D. Wolfgang Frantz/ berufft ſich auff die Todengraͤber/ ſo ſich uͤber dieſem Spruch offt verwundert/ als welcher mit der experientz nicht uͤbereinkommet/ wann man die Graͤber auffthue/ bevorab/ wann der Tode tieff liget/ findet ſichs nicht alſo/ darumb er auch die Hiſtori von dem wunderſchoͤnen Adelichen Jungen von Schleinitz/ deſſen nach ſeinem Tod entdecktes cadaver von Schlangen umbgebẽ im Grab gefunden ſoll ſeyn/ wie Camerarius berichtet in horis ſubſecivis, in Zweifel ziehet/ und fuͤr eine invention der Mahler ge- halten; Gleichwol laͤſſet ers gelten von den morgenlaͤndiſchen Graͤbern in den allzuheiſſen Landen/ vorab wann die Toden nicht tieff begraben ligen: Sonſt iſt es ins gemein wahr von den unbegrabenen Toden/ die ſtincken/ und wo man ſie nicht bald unter die Erden verſcharret oder balſamiret/ ſo gehets nicht leer ab/ es wachſen Wuͤrm aus dem cadavere; mit welchem uͤbereinſtimmet der Prophet Eſaias c. 14. wann er ſaget: Motten wer- den dein Bette ſeyn/ und Wuͤrme deine Decke. Frantz. orat. 133. Eſa. 14, 11. Es verurſachet aber hiemit Syrach mehr nachdenckens und nach- ſinnens/ nemlich zuvorderſt pœnæ conſequentis juſtitiam, daß ſolches ſeye eine rechte und billiche Straffe von dem allge- rechten Gott! Eine Schlang war es/ damit Eva gebuhlet/ und dero Wort fuͤr ein oraculum und Goͤttliche Warheit gehalten/ Gottes Wort aus den Augen geſetzet; An Schlangen/ Wuͤrmen und Drachen haben ſich nicht nur die alten Heiden/ die Babylonier/ die Egyptier/ die Griechen/ ſondern auch die alten Preuſſen und Samogithen vernarret/ daß ſie die Schlangen vor Hauß-Goͤtter verehret: Eine groſſe/ ungeheure/ ſieben- koͤpffige Waſſer-Schlange iſt das Roͤmiſche Papſtumb/ welcher ſo viel tauſend dienen; ja alle Teufels-Knechte ſind Knechte der alten rothen Schlangen/ derowegen iſt es auch gerecht fuͤr Gott/ eine rechtmaͤſſige/ billiche Vergeltung/ woran ſich der Menſch verſuͤndiget/ daß er auch da- mit geſtrafft werde. Gen. 3, 1. ſeqq. Es gibet aber auch Syrach Anlaß zu einer geiſtlichen figur und perſpectiv, darein wir ſehen und ſpuͤren koͤnnen etlicher maſſen die Marter und Pein der Verdamten/ nemlich pœnam ſenſus, die jenige Pein/ die ſie thaͤtlich und empfindlich an Leib und Seel empfinden werden/ die Eſaias uns in der figur und Ge- ſtalt der Wůrme fuͤr Augen mahlet; Dann zu gleicherweiſe/ wie die unbegrabene cadavera und tode Leichnam das Neſt ſind/ darinn und daraus

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/732>, abgerufen am 27.04.2024.