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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.


Die Sechste Predigt/
Von
Der Chur und Wahl/ die Maria gethan.

GEliebte in Christo. Warum und woher es kom-
men/
daß die heiligen Ertz-Vätter und Patriarchen vor
der Sünd-Flut/ ihren Lebens-Faden so weit außgezogen/
ihr zeitliches Leben in dieser Welt etlich hundert Jahr
lang gefristet/ und so hoch/ sonderlich Mathusalem auff
969. Jahr gebracht/ davon haben die Commentatores,
sonderlich auch Lutherus Comment. in Gen. 5. unterschiedliche rationes
und natürliche Ursachen ersonnen/ erdacht und auff die Bahn gebracht.
Und zwar

I. Indolem Temperamenti, die Qualität/ Art und Eigenschafft ih-
rer noch safftigen und lebhafften/ kräfftigen complexion, der edlen und
proportionirten/ gleich abgewogenen crasi der humoren/ die wolthauen-
de innerliche Kuchen des Magens/ und der Leber/ die frische/ gesunde
Lebens-Quellen und Geisterlein/ so auß dem Hertzen entspringen/ davon
der gantze Leib florirt/ und in stät-wärendem vigor gegrunet und erhalten
worden.

II. Salubritatem alimentorum, die Güte der Erden-Gewächse/ ehe
und dann dieselbe durch die allgemeine Sündflut überschwämmet/ ge-
schwächet und corrumpirt worden. Unum pomum plus tunc salubri-
tatis habuit, quam nunc mille,
schreibt Lutherus in Gen. p. 99. Ein
Apffel hat dazumal mehr nahrhafften und gesunden Safft
und Krafft gehabt als jetzt tausend.

III. Temperantiam hominum, indem sich die lieben Vätter der
Mässigkeit beflissen/ wann die Gottlosen Cains-Kinder gegessen und ge-
truncken/ verstehe ärger als die bestiae sich toll und voll gesoffen/ ihre eige-
ne Leiber bekrieget/ und ihnen Gewalt angethan/ ihr Natur und Tempe-
rament gestürmet/ ihre Tafeln mit mancherley Speisen mit varietät und
luxu überstellet/ so haben die H. Patriarchen sich alles Uberflusses/ auch so
gar des sonst edlen Reben-Saffts enthalten/ wie auß dem spaten Reben-
Bau des H. Patriarchen Noä nach der Sündflut etliche muthmassen.

Dann
Q q q iij
Predigt.


Die Sechſte Predigt/
Von
Der Chur und Wahl/ die Maria gethan.

GEliebte in Chriſto. Warum und woher es kom-
men/
daß die heiligen Ertz-Vaͤtter und Patriarchen vor
der Suͤnd-Flut/ ihren Lebens-Faden ſo weit außgezogen/
ihr zeitliches Leben in dieſer Welt etlich hundert Jahr
lang gefriſtet/ und ſo hoch/ ſonderlich Mathuſalem auff
969. Jahr gebracht/ davon haben die Commentatores,
ſonderlich auch Lutherus Comment. in Gen. 5. unterſchiedliche rationes
und natuͤrliche Urſachen erſonnen/ erdacht und auff die Bahn gebracht.
Und zwar

I. Indolem Temperamenti, die Qualitaͤt/ Art und Eigenſchafft ih-
rer noch ſafftigen und lebhafften/ kraͤfftigen complexion, der edlen und
proportionirten/ gleich abgewogenen craſi der humoren/ die wolthauen-
de innerliche Kuchen des Magens/ und der Leber/ die friſche/ geſunde
Lebens-Quellen und Geiſterlein/ ſo auß dem Hertzen entſpringen/ davon
der gantze Leib florirt/ und in ſtaͤt-waͤrendem vigor gegrunet und erhalten
worden.

II. Salubritatem alimentorum, die Guͤte der Erden-Gewaͤchſe/ ehe
und dann dieſelbe durch die allgemeine Suͤndflut uͤberſchwaͤmmet/ ge-
ſchwaͤchet und corrumpirt worden. Unum pomum plus tunc ſalubri-
tatis habuit, quàm nunc mille,
ſchreibt Lutherus in Gen. p. 99. Ein
Apffel hat dazumal mehr nahrhafften und geſunden Safft
und Krafft gehabt als jetzt tauſend.

III. Temperantiam hominum, indem ſich die lieben Vaͤtter der
Maͤſſigkeit befliſſen/ wann die Gottloſen Cains-Kinder gegeſſen und ge-
truncken/ verſtehe aͤrger als die beſtiæ ſich toll und voll geſoffen/ ihre eige-
ne Leiber bekrieget/ und ihnen Gewalt angethan/ ihr Natur und Tempe-
rament geſtuͤrmet/ ihre Tafeln mit mancherley Speiſen mit varietaͤt und
luxu uͤberſtellet/ ſo haben die H. Patriarchen ſich alles Uberfluſſes/ auch ſo
gar des ſonſt edlen Reben-Saffts enthalten/ wie auß dem ſpaten Reben-
Bau des H. Patriarchen Noaͤ nach der Suͤndflut etliche muthmaſſen.

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[493/0513] Predigt. Die Sechſte Predigt/ Von Der Chur und Wahl/ die Maria gethan. GEliebte in Chriſto. Warum und woher es kom- men/ daß die heiligen Ertz-Vaͤtter und Patriarchen vor der Suͤnd-Flut/ ihren Lebens-Faden ſo weit außgezogen/ ihr zeitliches Leben in dieſer Welt etlich hundert Jahr lang gefriſtet/ und ſo hoch/ ſonderlich Mathuſalem auff 969. Jahr gebracht/ davon haben die Commentatores, ſonderlich auch Lutherus Comment. in Gen. 5. unterſchiedliche rationes und natuͤrliche Urſachen erſonnen/ erdacht und auff die Bahn gebracht. Und zwar I. Indolem Temperamenti, die Qualitaͤt/ Art und Eigenſchafft ih- rer noch ſafftigen und lebhafften/ kraͤfftigen complexion, der edlen und proportionirten/ gleich abgewogenen craſi der humoren/ die wolthauen- de innerliche Kuchen des Magens/ und der Leber/ die friſche/ geſunde Lebens-Quellen und Geiſterlein/ ſo auß dem Hertzen entſpringen/ davon der gantze Leib florirt/ und in ſtaͤt-waͤrendem vigor gegrunet und erhalten worden. II. Salubritatem alimentorum, die Guͤte der Erden-Gewaͤchſe/ ehe und dann dieſelbe durch die allgemeine Suͤndflut uͤberſchwaͤmmet/ ge- ſchwaͤchet und corrumpirt worden. Unum pomum plus tunc ſalubri- tatis habuit, quàm nunc mille, ſchreibt Lutherus in Gen. p. 99. Ein Apffel hat dazumal mehr nahrhafften und geſunden Safft und Krafft gehabt als jetzt tauſend. III. Temperantiam hominum, indem ſich die lieben Vaͤtter der Maͤſſigkeit befliſſen/ wann die Gottloſen Cains-Kinder gegeſſen und ge- truncken/ verſtehe aͤrger als die beſtiæ ſich toll und voll geſoffen/ ihre eige- ne Leiber bekrieget/ und ihnen Gewalt angethan/ ihr Natur und Tempe- rament geſtuͤrmet/ ihre Tafeln mit mancherley Speiſen mit varietaͤt und luxu uͤberſtellet/ ſo haben die H. Patriarchen ſich alles Uberfluſſes/ auch ſo gar des ſonſt edlen Reben-Saffts enthalten/ wie auß dem ſpaten Reben- Bau des H. Patriarchen Noaͤ nach der Suͤndflut etliche muthmaſſen. Dann Q q q iij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/513>, abgerufen am 26.04.2024.