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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

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Der Stadt-Wirthschaft 1. Abschnitt
würket. Hat er die Werke der Natur nicht verkauf-
fen können, so ist die Ursache entweder in dem zu su-
chen, weil sie geringschätzig sind, oder weil das Land
einen Ueberflus von dergleichen Dingen hat. Die
Möglichkeit von beyden Fällen beweisen unendlich
viele Beyspiele. Wir wollen nur einige anführen,
die genug sind, solche zu begreiffen. Das Feld trägt
an verschiedenen, bey nahe unbrauchbaren Oertern, die
schönsten Brenn-Nesseln. Wer kann diese verkauf-
fen? Man lasse diese regelmäßig zubereiten. Man
wird sie gewiß also verkauffen können, daß sie ihre
Stelle und die angewendeten Kosten reichlich bezahlen.
Ein Wirth hat schlechte Felder. Er bauet Dünkel.
Keiner will diesen kauffen. Er brennet Brandewein,
und sein Feld wird ihm so nuzbar, wie das beste.
Ein Wirth hat eine Menge von Federn, er verkauft
diese. Er rechnet den Aufwand, und seufzet über
die Zucht der Gänse. Ein anderer behält seine Fe-
dern, er bereitet sie zur Wolle. Sie wird der Baum-
wolle ähnlich. Er läst diese spinnen oder verarbeiten.
Seine Federn werden ihm reichlich bezahlt, und er
denkt auf Mittel, die Zucht der Gänse zu vergrössern.
Der Wirth hat einen Ueberflus an Weitzen. Er
kann diesen nicht mit Nutzen ins Geld setzen. Er läst
Stärke machen, und sein Weitzen wird ihm reichlich
bezahlt; und so ferner.

Anmerk. Man wird sagen: diese Vorschläge
sind gut. Man wird aber auch fragen, wie sind
sie zu bewerkstelligen? Wie kann man die Brenn-
Nessel nuzbar machen? Jch habe Nessel-Tuch ver-
fertigen lassen. Es ist grob, es kommt nichts her-
aus. Jch habe aus dem Dünkel Brandwein bren-
nen lassen. Der Brandwein ist gut. Es giebt
aber nicht viel. Den Spülich will kein Vieh fres-
sen, und daher ist kein Vortheil dabey. Wie kann
man die Federn in eine Wolle verwandeln, die der

Baum-

Der Stadt-Wirthſchaft 1. Abſchnitt
wuͤrket. Hat er die Werke der Natur nicht verkauf-
fen koͤnnen, ſo iſt die Urſache entweder in dem zu ſu-
chen, weil ſie geringſchaͤtzig ſind, oder weil das Land
einen Ueberflus von dergleichen Dingen hat. Die
Moͤglichkeit von beyden Faͤllen beweiſen unendlich
viele Beyſpiele. Wir wollen nur einige anfuͤhren,
die genug ſind, ſolche zu begreiffen. Das Feld traͤgt
an verſchiedenen, bey nahe unbrauchbaren Oertern, die
ſchoͤnſten Brenn-Neſſeln. Wer kann dieſe verkauf-
fen? Man laſſe dieſe regelmaͤßig zubereiten. Man
wird ſie gewiß alſo verkauffen koͤnnen, daß ſie ihre
Stelle und die angewendeten Koſten reichlich bezahlen.
Ein Wirth hat ſchlechte Felder. Er bauet Duͤnkel.
Keiner will dieſen kauffen. Er brennet Brandewein,
und ſein Feld wird ihm ſo nuzbar, wie das beſte.
Ein Wirth hat eine Menge von Federn, er verkauft
dieſe. Er rechnet den Aufwand, und ſeufzet uͤber
die Zucht der Gaͤnſe. Ein anderer behaͤlt ſeine Fe-
dern, er bereitet ſie zur Wolle. Sie wird der Baum-
wolle aͤhnlich. Er laͤſt dieſe ſpinnen oder verarbeiten.
Seine Federn werden ihm reichlich bezahlt, und er
denkt auf Mittel, die Zucht der Gaͤnſe zu vergroͤſſern.
Der Wirth hat einen Ueberflus an Weitzen. Er
kann dieſen nicht mit Nutzen ins Geld ſetzen. Er laͤſt
Staͤrke machen, und ſein Weitzen wird ihm reichlich
bezahlt; und ſo ferner.

Anmerk. Man wird ſagen: dieſe Vorſchlaͤge
ſind gut. Man wird aber auch fragen, wie ſind
ſie zu bewerkſtelligen? Wie kann man die Brenn-
Neſſel nuzbar machen? Jch habe Neſſel-Tuch ver-
fertigen laſſen. Es iſt grob, es kommt nichts her-
aus. Jch habe aus dem Duͤnkel Brandwein bren-
nen laſſen. Der Brandwein iſt gut. Es giebt
aber nicht viel. Den Spuͤlich will kein Vieh freſ-
ſen, und daher iſt kein Vortheil dabey. Wie kann
man die Federn in eine Wolle verwandeln, die der

Baum-
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[224/0244] Der Stadt-Wirthſchaft 1. Abſchnitt wuͤrket. Hat er die Werke der Natur nicht verkauf- fen koͤnnen, ſo iſt die Urſache entweder in dem zu ſu- chen, weil ſie geringſchaͤtzig ſind, oder weil das Land einen Ueberflus von dergleichen Dingen hat. Die Moͤglichkeit von beyden Faͤllen beweiſen unendlich viele Beyſpiele. Wir wollen nur einige anfuͤhren, die genug ſind, ſolche zu begreiffen. Das Feld traͤgt an verſchiedenen, bey nahe unbrauchbaren Oertern, die ſchoͤnſten Brenn-Neſſeln. Wer kann dieſe verkauf- fen? Man laſſe dieſe regelmaͤßig zubereiten. Man wird ſie gewiß alſo verkauffen koͤnnen, daß ſie ihre Stelle und die angewendeten Koſten reichlich bezahlen. Ein Wirth hat ſchlechte Felder. Er bauet Duͤnkel. Keiner will dieſen kauffen. Er brennet Brandewein, und ſein Feld wird ihm ſo nuzbar, wie das beſte. Ein Wirth hat eine Menge von Federn, er verkauft dieſe. Er rechnet den Aufwand, und ſeufzet uͤber die Zucht der Gaͤnſe. Ein anderer behaͤlt ſeine Fe- dern, er bereitet ſie zur Wolle. Sie wird der Baum- wolle aͤhnlich. Er laͤſt dieſe ſpinnen oder verarbeiten. Seine Federn werden ihm reichlich bezahlt, und er denkt auf Mittel, die Zucht der Gaͤnſe zu vergroͤſſern. Der Wirth hat einen Ueberflus an Weitzen. Er kann dieſen nicht mit Nutzen ins Geld ſetzen. Er laͤſt Staͤrke machen, und ſein Weitzen wird ihm reichlich bezahlt; und ſo ferner. Anmerk. Man wird ſagen: dieſe Vorſchlaͤge ſind gut. Man wird aber auch fragen, wie ſind ſie zu bewerkſtelligen? Wie kann man die Brenn- Neſſel nuzbar machen? Jch habe Neſſel-Tuch ver- fertigen laſſen. Es iſt grob, es kommt nichts her- aus. Jch habe aus dem Duͤnkel Brandwein bren- nen laſſen. Der Brandwein iſt gut. Es giebt aber nicht viel. Den Spuͤlich will kein Vieh freſ- ſen, und daher iſt kein Vortheil dabey. Wie kann man die Federn in eine Wolle verwandeln, die der Baum-

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Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/244>, abgerufen am 26.04.2024.