Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Gedanken über ein fliegend Würmchen Ephemeris.
Gedanken
über ein fliegend Würmchen
Ephemeris
.
[Abbildung] Ein fliegend Würmchen, das Ephemeris
genant,
Jst uns aus der Geschicht des Thier-
reichs gnug bekant;
Weil es denselben Tag, woran es erst
entstehet,
Auch wiederum verstirbt und schleunig untergehet.
Jch wunderte mich drob, daß der Geburts Tag
auch,
Sein Todestag schon sei, und daß sein Lebenshauch
Der doch vor kurzer Frist, sich erstlich angefangen,
Auf GOttes Machtgeheis schon wieder unter-
gangen.
Doch fiel mir dabei ein; wie mancher Mensch er-
blaßt
Wenn er dem Othem kaum, zum Leben aufgefaßt!
Ja! als ich weiter noch, der Menschen Ziel be-
dachte,
Und Zeit und Ewigkeit in ein Verhältnis brachte:
So sah ich, daß man sich nicht drob verwundern
kann,
Beim Leben fängt sich schon, der Menschen Ster-
ben an:
Wenn er gebohren wird, das ist des Lebens Morgen,
Wird
N 3
Gedanken uͤber ein fliegend Wuͤrmchen Ephemeris.
Gedanken
uͤber ein fliegend Wuͤrmchen
Ephemeris
.
[Abbildung] Ein fliegend Wuͤrmchen, das Ephemeris
genant,
Jſt uns aus der Geſchicht des Thier-
reichs gnug bekant;
Weil es denſelben Tag, woran es erſt
entſtehet,
Auch wiederum verſtirbt und ſchleunig untergehet.
Jch wunderte mich drob, daß der Geburts Tag
auch,
Sein Todestag ſchon ſei, und daß ſein Lebenshauch
Der doch vor kurzer Friſt, ſich erſtlich angefangen,
Auf GOttes Machtgeheis ſchon wieder unter-
gangen.
Doch fiel mir dabei ein; wie mancher Menſch er-
blaßt
Wenn er dem Othem kaum, zum Leben aufgefaßt!
Ja! als ich weiter noch, der Menſchen Ziel be-
dachte,
Und Zeit und Ewigkeit in ein Verhaͤltnis brachte:
So ſah ich, daß man ſich nicht drob verwundern
kann,
Beim Leben faͤngt ſich ſchon, der Menſchen Ster-
ben an:
Wenn er gebohren wird, das iſt des Lebens Morgen,
Wird
N 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0213" n="197"/>
      <fw place="top" type="header">Gedanken u&#x0364;ber ein fliegend Wu&#x0364;rmchen Ephemeris.</fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Gedanken<lb/><hi rendition="#g">u&#x0364;ber ein fliegend Wu&#x0364;rmchen<lb/>
Ephemeris</hi>.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l><figure/><hi rendition="#in">E</hi>in fliegend Wu&#x0364;rmchen, das Ephemeris</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">genant,</hi> </l><lb/>
          <l>J&#x017F;t uns aus der Ge&#x017F;chicht des Thier-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">reichs gnug bekant;</hi> </l><lb/>
          <l>Weil es den&#x017F;elben Tag, woran es er&#x017F;t</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">ent&#x017F;tehet,</hi> </l><lb/>
          <l>Auch wiederum ver&#x017F;tirbt und &#x017F;chleunig untergehet.</l><lb/>
          <l>Jch wunderte mich drob, daß der Geburts Tag</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">auch,</hi> </l><lb/>
          <l>Sein Todestag &#x017F;chon &#x017F;ei, und daß &#x017F;ein Lebenshauch</l><lb/>
          <l>Der doch vor kurzer Fri&#x017F;t, &#x017F;ich er&#x017F;tlich angefangen,</l><lb/>
          <l>Auf <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Machtgeheis &#x017F;chon wieder unter-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gangen.</hi> </l><lb/>
          <l>Doch fiel mir dabei ein; wie mancher Men&#x017F;ch er-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">blaßt</hi> </l><lb/>
          <l>Wenn er dem Othem kaum, zum Leben aufgefaßt!</l><lb/>
          <l>Ja! als ich weiter noch, der Men&#x017F;chen Ziel be-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">dachte,</hi> </l><lb/>
          <l>Und Zeit und Ewigkeit in ein Verha&#x0364;ltnis brachte:</l><lb/>
          <l>So &#x017F;ah ich, daß man &#x017F;ich nicht drob verwundern</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">kann,</hi> </l><lb/>
          <l>Beim Leben fa&#x0364;ngt &#x017F;ich &#x017F;chon, der Men&#x017F;chen Ster-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">ben an:</hi> </l><lb/>
          <l>Wenn er gebohren wird, das i&#x017F;t des Lebens Morgen,</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">N 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wird</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0213] Gedanken uͤber ein fliegend Wuͤrmchen Ephemeris. Gedanken uͤber ein fliegend Wuͤrmchen Ephemeris. [Abbildung] Ein fliegend Wuͤrmchen, das Ephemeris genant, Jſt uns aus der Geſchicht des Thier- reichs gnug bekant; Weil es denſelben Tag, woran es erſt entſtehet, Auch wiederum verſtirbt und ſchleunig untergehet. Jch wunderte mich drob, daß der Geburts Tag auch, Sein Todestag ſchon ſei, und daß ſein Lebenshauch Der doch vor kurzer Friſt, ſich erſtlich angefangen, Auf GOttes Machtgeheis ſchon wieder unter- gangen. Doch fiel mir dabei ein; wie mancher Menſch er- blaßt Wenn er dem Othem kaum, zum Leben aufgefaßt! Ja! als ich weiter noch, der Menſchen Ziel be- dachte, Und Zeit und Ewigkeit in ein Verhaͤltnis brachte: So ſah ich, daß man ſich nicht drob verwundern kann, Beim Leben faͤngt ſich ſchon, der Menſchen Ster- ben an: Wenn er gebohren wird, das iſt des Lebens Morgen, Wird N 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/213
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/213>, abgerufen am 19.03.2024.