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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Die rothen Rosen.
Woraus denn in unsre Nasen,
Frische Balsamsdüfte blasen.

O! wie funkeln eure Blätter
Wenn die frühe Morgenszeit
Die gethauten Perlen streut;
Oder wenn bei nassen Wetter,
Eurer Farben rothe Glut,
Durch der Tropfen Silberfluth
Mit vermischten Glanze strahlet,
Und daran Rubinen mahlet.
Wenn wir dabei stille stehen
Und der Augen hellen Blik,
Von den äusren Rand zurük,
Jn der Rosen Höle drehen:
So wird uns ein gelblicht Rund,
Zart geformter Körner kund,
Die gleich kleinen Edelsteinen,
Auf der Rosen Purpur scheinen.
Die noch in den Knospen sizzen
Als der Rosen Kinder Schaar,
Wird man mit der Zeit gewahr,
Wenn sie durch die ofnen Rizzen,
Jhren rothen Kopf erhöhn;
Und dan gleichsam auferstehn,
Wenn die andern im Verblühen,
Welkend ihren Schmuk ausziehen.
Wer kann dieses überdenken
Ohne auf die weise Macht,
Die die Rosen ausgedacht,
Einen Andachts Blik zu lenken?
Gros-

Die rothen Roſen.
Woraus denn in unſre Naſen,
Friſche Balſamsduͤfte blaſen.

O! wie funkeln eure Blaͤtter
Wenn die fruͤhe Morgenszeit
Die gethauten Perlen ſtreut;
Oder wenn bei naſſen Wetter,
Eurer Farben rothe Glut,
Durch der Tropfen Silberfluth
Mit vermiſchten Glanze ſtrahlet,
Und daran Rubinen mahlet.
Wenn wir dabei ſtille ſtehen
Und der Augen hellen Blik,
Von den aͤuſren Rand zuruͤk,
Jn der Roſen Hoͤle drehen:
So wird uns ein gelblicht Rund,
Zart geformter Koͤrner kund,
Die gleich kleinen Edelſteinen,
Auf der Roſen Purpur ſcheinen.
Die noch in den Knospen ſizzen
Als der Roſen Kinder Schaar,
Wird man mit der Zeit gewahr,
Wenn ſie durch die ofnen Rizzen,
Jhren rothen Kopf erhoͤhn;
Und dan gleichſam auferſtehn,
Wenn die andern im Verbluͤhen,
Welkend ihren Schmuk ausziehen.
Wer kann dieſes uͤberdenken
Ohne auf die weiſe Macht,
Die die Roſen ausgedacht,
Einen Andachts Blik zu lenken?
Groſ-
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[84/0100] Die rothen Roſen. Woraus denn in unſre Naſen, Friſche Balſamsduͤfte blaſen. O! wie funkeln eure Blaͤtter Wenn die fruͤhe Morgenszeit Die gethauten Perlen ſtreut; Oder wenn bei naſſen Wetter, Eurer Farben rothe Glut, Durch der Tropfen Silberfluth Mit vermiſchten Glanze ſtrahlet, Und daran Rubinen mahlet. Wenn wir dabei ſtille ſtehen Und der Augen hellen Blik, Von den aͤuſren Rand zuruͤk, Jn der Roſen Hoͤle drehen: So wird uns ein gelblicht Rund, Zart geformter Koͤrner kund, Die gleich kleinen Edelſteinen, Auf der Roſen Purpur ſcheinen. Die noch in den Knospen ſizzen Als der Roſen Kinder Schaar, Wird man mit der Zeit gewahr, Wenn ſie durch die ofnen Rizzen, Jhren rothen Kopf erhoͤhn; Und dan gleichſam auferſtehn, Wenn die andern im Verbluͤhen, Welkend ihren Schmuk ausziehen. Wer kann dieſes uͤberdenken Ohne auf die weiſe Macht, Die die Roſen ausgedacht, Einen Andachts Blik zu lenken? Groſ-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/100>, abgerufen am 26.04.2024.