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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

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Moralische Betrachtung über den Schnee.
Moralische Betrachtung über
den Schnee.
[Abbildung]
Da ich im lichten Glanz aus der beflok-
ten Höh,

Vom Himmels-Strahl befärbt
den Schnee-Dunst fallen se[h],

Der als ein schwarzer Koth, wie
weisse Wolle blizzet,

Wird durch dem Wunderblik ein Andachtsfeur er-
hizzet.

Jch fühle einen Trieb da ich vom Sünden roth,
Beflekt an Seel und Leib, vom schwarzen Laster-
Koth,

So weiß als Schnee zu seyn. Wie werd ich das
erlangen,

Daß ich mit reinem Herz in Unschuld könne pran-
gen?

Wie wasch ich mich gleich jezt mit Schnee Gewäs-
ser rein,

So werd ich doch vor GOtt wie Koth besudelt
seyn. (*)

Der Sünden Aussaz bleibt. Jedoch wenn ich be-
denke,

Daß schimmerreicher Schnee ein himmlisches Ge-
schenke;

So
(*) Hiob c. IX. 30. 31.
Moraliſche Betrachtung uͤber den Schnee.
Moraliſche Betrachtung uͤber
den Schnee.
[Abbildung]
Da ich im lichten Glanz aus der beflok-
ten Hoͤh,

Vom Himmels-Strahl befaͤrbt
den Schnee-Dunſt fallen ſe[h],

Der als ein ſchwarzer Koth, wie
weiſſe Wolle blizzet,

Wird durch dem Wunderblik ein Andachtsfeur er-
hizzet.

Jch fuͤhle einen Trieb da ich vom Suͤnden roth,
Beflekt an Seel und Leib, vom ſchwarzen Laſter-
Koth,

So weiß als Schnee zu ſeyn. Wie werd ich das
erlangen,

Daß ich mit reinem Herz in Unſchuld koͤnne pran-
gen?

Wie waſch ich mich gleich jezt mit Schnee Gewaͤſ-
ſer rein,

So werd ich doch vor GOtt wie Koth beſudelt
ſeyn. (*)

Der Suͤnden Ausſaz bleibt. Jedoch wenn ich be-
denke,

Daß ſchimmerreicher Schnee ein himmliſches Ge-
ſchenke;

So
(*) Hiob c. IX. 30. 31.
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[100/0116] Moraliſche Betrachtung uͤber den Schnee. Moraliſche Betrachtung uͤber den Schnee. [Abbildung] Da ich im lichten Glanz aus der beflok- ten Hoͤh, Vom Himmels-Strahl befaͤrbt den Schnee-Dunſt fallen ſeh, Der als ein ſchwarzer Koth, wie weiſſe Wolle blizzet, Wird durch dem Wunderblik ein Andachtsfeur er- hizzet. Jch fuͤhle einen Trieb da ich vom Suͤnden roth, Beflekt an Seel und Leib, vom ſchwarzen Laſter- Koth, So weiß als Schnee zu ſeyn. Wie werd ich das erlangen, Daß ich mit reinem Herz in Unſchuld koͤnne pran- gen? Wie waſch ich mich gleich jezt mit Schnee Gewaͤſ- ſer rein, So werd ich doch vor GOtt wie Koth beſudelt ſeyn. (*) Der Suͤnden Ausſaz bleibt. Jedoch wenn ich be- denke, Daß ſchimmerreicher Schnee ein himmliſches Ge- ſchenke; So (*) Hiob c. IX. 30. 31.

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/116>, abgerufen am 27.04.2024.