Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Seele.
Die Seele.
Jch merke dich o! rege Seele,
Geist der von GOttes Allmacht stammt,
Du bist das Licht der Leibes Höle,
Das selbst der Schöpfer angeflammt:
Was wär ich ohne dich zu nennen?
Ein Klump der sich nicht selbst erkennen,
Ein Körper der nichts fühlen kan.
Durch dich verspür ich, was sich findet,
Was GOtt in dieser Welt verbindet,
Durch dich schau ich mich selber an.
Dich hat das Wesen aller Wesen,
Der Dinge Quell, der höchste Geist,
Zu seinem Meisterstük erlesen,
Wie deine Herrligkeit uns weißt:
Du bist ein unerforschlich Wunder,
Du bildest dich in mir iezunder,
Und drükkest dich dir selbsten ein,
Du wirkst in mir iezt diese Fragen,
Du must mir selbst die Antwort sagen,
Was mag woll eine Seele seyn?
Du lässest dir dein Wesen merken,
Und deine rege Geistigkeit;
Du
Die Seele.
Die Seele.
Jch merke dich o! rege Seele,
Geiſt der von GOttes Allmacht ſtammt,
Du biſt das Licht der Leibes Hoͤle,
Das ſelbſt der Schoͤpfer angeflammt:
Was waͤr ich ohne dich zu nennen?
Ein Klump der ſich nicht ſelbſt erkennen,
Ein Koͤrper der nichts fuͤhlen kan.
Durch dich verſpuͤr ich, was ſich findet,
Was GOtt in dieſer Welt verbindet,
Durch dich ſchau ich mich ſelber an.
Dich hat das Weſen aller Weſen,
Der Dinge Quell, der hoͤchſte Geiſt,
Zu ſeinem Meiſterſtuͤk erleſen,
Wie deine Herrligkeit uns weißt:
Du biſt ein unerforſchlich Wunder,
Du bildeſt dich in mir iezunder,
Und druͤkkeſt dich dir ſelbſten ein,
Du wirkſt in mir iezt dieſe Fragen,
Du muſt mir ſelbſt die Antwort ſagen,
Was mag woll eine Seele ſeyn?
Du laͤſſeſt dir dein Weſen merken,
Und deine rege Geiſtigkeit;
Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0064" n="48"/>
      <fw place="top" type="header">Die Seele.</fw><lb/>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#g">Die Seele.</hi> </hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>ch merke dich o! rege Seele,</l><lb/>
            <l>Gei&#x017F;t der von <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Allmacht &#x017F;tammt,</l><lb/>
            <l>Du bi&#x017F;t das Licht der Leibes Ho&#x0364;le,</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;elb&#x017F;t der Scho&#x0364;pfer angeflammt:</l><lb/>
            <l>Was wa&#x0364;r ich ohne dich zu nennen?</l><lb/>
            <l>Ein Klump der &#x017F;ich nicht &#x017F;elb&#x017F;t erkennen,</l><lb/>
            <l>Ein Ko&#x0364;rper der nichts fu&#x0364;hlen kan.</l><lb/>
            <l>Durch dich ver&#x017F;pu&#x0364;r ich, was &#x017F;ich findet,</l><lb/>
            <l>Was GOtt in die&#x017F;er Welt verbindet,</l><lb/>
            <l>Durch dich &#x017F;chau ich mich &#x017F;elber an.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ich hat das We&#x017F;en aller We&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Der Dinge Quell, der ho&#x0364;ch&#x017F;te Gei&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Zu &#x017F;einem Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;k erle&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Wie deine Herrligkeit uns weißt:</l><lb/>
            <l>Du bi&#x017F;t ein unerfor&#x017F;chlich Wunder,</l><lb/>
            <l>Du bilde&#x017F;t dich in mir iezunder,</l><lb/>
            <l>Und dru&#x0364;kke&#x017F;t dich dir &#x017F;elb&#x017F;ten ein,</l><lb/>
            <l>Du wirk&#x017F;t in mir iezt die&#x017F;e Fragen,</l><lb/>
            <l>Du mu&#x017F;t mir &#x017F;elb&#x017F;t die Antwort &#x017F;agen,</l><lb/>
            <l>Was mag woll eine Seele &#x017F;eyn?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>u la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t dir dein We&#x017F;en merken,</l><lb/>
            <l>Und deine rege Gei&#x017F;tigkeit;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Du</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0064] Die Seele. Die Seele. Jch merke dich o! rege Seele, Geiſt der von GOttes Allmacht ſtammt, Du biſt das Licht der Leibes Hoͤle, Das ſelbſt der Schoͤpfer angeflammt: Was waͤr ich ohne dich zu nennen? Ein Klump der ſich nicht ſelbſt erkennen, Ein Koͤrper der nichts fuͤhlen kan. Durch dich verſpuͤr ich, was ſich findet, Was GOtt in dieſer Welt verbindet, Durch dich ſchau ich mich ſelber an. Dich hat das Weſen aller Weſen, Der Dinge Quell, der hoͤchſte Geiſt, Zu ſeinem Meiſterſtuͤk erleſen, Wie deine Herrligkeit uns weißt: Du biſt ein unerforſchlich Wunder, Du bildeſt dich in mir iezunder, Und druͤkkeſt dich dir ſelbſten ein, Du wirkſt in mir iezt dieſe Fragen, Du muſt mir ſelbſt die Antwort ſagen, Was mag woll eine Seele ſeyn? Du laͤſſeſt dir dein Weſen merken, Und deine rege Geiſtigkeit; Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/64
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/64>, abgerufen am 26.04.2024.