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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Jugendarbeiten etwas näher betrachteten und mir sagten
was Sie davon denken. Ich möchte wissen, ob sie
werth sind in eine künftige Ausgabe meiner Werke auf¬
genommen zu werden. Mir selber stehen diese Sachen
viel zu weit ab, ich habe darüber kein Urtheil. Ihr
Jüngeren aber müßt wissen, ob sie für euch Werth ha¬
ben und in wiefern sie bey dem jetzigen Standpunkte
der Literatur noch zu gebrauchen. Ich habe bereits Ab¬
schriften nehmen lassen, die Sie dann später haben sol¬
len um sie mit dem Original zu vergleichen. Demnächst,
bey einer sorgfältigen Redaction, würde sich denn auch
finden, ob man nicht gut thue hie und da eine Klei¬
nigkeit auszulassen, oder nachzuhelfen, ohne im Ganzen
dem Character zu schaden."

Ich antwortete ihm, daß ich sehr gerne mich an
diesen Gegenständen versuchen wolle, und daß ich dabey
weiter nichts wünsche, als daß es mir gelingen möge
ganz in seinem Sinne zu handeln.

"So wie Sie hineinkommen, erwiederte er, werden
Sie finden daß Sie der Sache vollkommen gewachsen
sind; es wird Ihnen von der Hand gehen."

Er eröffnete mir darauf, daß er in etwa acht Tagen
nach Marienbad abzureisen gedenke und daß es ihm lieb
seyn würde wenn ich bis dahin noch in Weimar bliebe,
damit wir uns während der Zeit mitunter sehen und
sprechen und persönlich näher kommen möchten.

"Auch wünschte ich, fügte er hinzu, daß Sie in Jena

Jugendarbeiten etwas naͤher betrachteten und mir ſagten
was Sie davon denken. Ich moͤchte wiſſen, ob ſie
werth ſind in eine kuͤnftige Ausgabe meiner Werke auf¬
genommen zu werden. Mir ſelber ſtehen dieſe Sachen
viel zu weit ab, ich habe daruͤber kein Urtheil. Ihr
Juͤngeren aber muͤßt wiſſen, ob ſie fuͤr euch Werth ha¬
ben und in wiefern ſie bey dem jetzigen Standpunkte
der Literatur noch zu gebrauchen. Ich habe bereits Ab¬
ſchriften nehmen laſſen, die Sie dann ſpaͤter haben ſol¬
len um ſie mit dem Original zu vergleichen. Demnaͤchſt,
bey einer ſorgfaͤltigen Redaction, wuͤrde ſich denn auch
finden, ob man nicht gut thue hie und da eine Klei¬
nigkeit auszulaſſen, oder nachzuhelfen, ohne im Ganzen
dem Character zu ſchaden.“

Ich antwortete ihm, daß ich ſehr gerne mich an
dieſen Gegenſtaͤnden verſuchen wolle, und daß ich dabey
weiter nichts wuͤnſche, als daß es mir gelingen moͤge
ganz in ſeinem Sinne zu handeln.

„So wie Sie hineinkommen, erwiederte er, werden
Sie finden daß Sie der Sache vollkommen gewachſen
ſind; es wird Ihnen von der Hand gehen.“

Er eroͤffnete mir darauf, daß er in etwa acht Tagen
nach Marienbad abzureiſen gedenke und daß es ihm lieb
ſeyn wuͤrde wenn ich bis dahin noch in Weimar bliebe,
damit wir uns waͤhrend der Zeit mitunter ſehen und
ſprechen und perſoͤnlich naͤher kommen moͤchten.

„Auch wuͤnſchte ich, fuͤgte er hinzu, daß Sie in Jena

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[42/0062] Jugendarbeiten etwas naͤher betrachteten und mir ſagten was Sie davon denken. Ich moͤchte wiſſen, ob ſie werth ſind in eine kuͤnftige Ausgabe meiner Werke auf¬ genommen zu werden. Mir ſelber ſtehen dieſe Sachen viel zu weit ab, ich habe daruͤber kein Urtheil. Ihr Juͤngeren aber muͤßt wiſſen, ob ſie fuͤr euch Werth ha¬ ben und in wiefern ſie bey dem jetzigen Standpunkte der Literatur noch zu gebrauchen. Ich habe bereits Ab¬ ſchriften nehmen laſſen, die Sie dann ſpaͤter haben ſol¬ len um ſie mit dem Original zu vergleichen. Demnaͤchſt, bey einer ſorgfaͤltigen Redaction, wuͤrde ſich denn auch finden, ob man nicht gut thue hie und da eine Klei¬ nigkeit auszulaſſen, oder nachzuhelfen, ohne im Ganzen dem Character zu ſchaden.“ Ich antwortete ihm, daß ich ſehr gerne mich an dieſen Gegenſtaͤnden verſuchen wolle, und daß ich dabey weiter nichts wuͤnſche, als daß es mir gelingen moͤge ganz in ſeinem Sinne zu handeln. „So wie Sie hineinkommen, erwiederte er, werden Sie finden daß Sie der Sache vollkommen gewachſen ſind; es wird Ihnen von der Hand gehen.“ Er eroͤffnete mir darauf, daß er in etwa acht Tagen nach Marienbad abzureiſen gedenke und daß es ihm lieb ſeyn wuͤrde wenn ich bis dahin noch in Weimar bliebe, damit wir uns waͤhrend der Zeit mitunter ſehen und ſprechen und perſoͤnlich naͤher kommen moͤchten. „Auch wuͤnſchte ich, fuͤgte er hinzu, daß Sie in Jena

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/62>, abgerufen am 26.04.2024.