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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

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Diese Nacht, bald nach zwölf Uhr, wurden wir
durch Feuerlärm geweckt; man rief: es brenne im
Theater
! Ich warf mich sogleich in meine Kleider
und eilte an Ort und Stelle. Die allgemeine Be¬
stürzung war groß. Noch vor wenigen Stunden waren
wir durch das treffliche Spiel von La Roche im
Juden von Cumberland entzückt worden und
Seidel hatte durch gute Laune und Späße allgemeines
Lachen erregt. Und jetzt ras'te an dieser selbigen Stelle
kaum genossener geistiger Freuden das schrecklichste
Element der Vernichtung.

Das Feuer schien, durch Heitzung veranlaßt, im
Parterre ausgebrochen zu seyn, hatte bald die Bühne
und das dürre Lattenwerk der Conlissen ergriffen, und
so, durch die reichlichste Nahrung brennbarer Stoffe
schnell zum Ungeheuer erwachsen, dauerte es nicht
lange, bis die Flamme überall zum Dache herausschlug
und die Sparren zusammenkrachten.

In den Anstalten zum Löschen war kein Mangel.
Das Gebäude war nach und nach ganz mit Spritzen
umstellt, die eine Unmasse von Wasser in die Gluth

Dieſe Nacht, bald nach zwölf Uhr, wurden wir
durch Feuerlärm geweckt; man rief: es brenne im
Theater
! Ich warf mich ſogleich in meine Kleider
und eilte an Ort und Stelle. Die allgemeine Be¬
ſtürzung war groß. Noch vor wenigen Stunden waren
wir durch das treffliche Spiel von La Roche im
Juden von Cumberland entzückt worden und
Seidel hatte durch gute Laune und Späße allgemeines
Lachen erregt. Und jetzt raſ'te an dieſer ſelbigen Stelle
kaum genoſſener geiſtiger Freuden das ſchrecklichſte
Element der Vernichtung.

Das Feuer ſchien, durch Heitzung veranlaßt, im
Parterre ausgebrochen zu ſeyn, hatte bald die Bühne
und das dürre Lattenwerk der Conliſſen ergriffen, und
ſo, durch die reichlichſte Nahrung brennbarer Stoffe
ſchnell zum Ungeheuer erwachſen, dauerte es nicht
lange, bis die Flamme überall zum Dache herausſchlug
und die Sparren zuſammenkrachten.

In den Anſtalten zum Löſchen war kein Mangel.
Das Gebäude war nach und nach ganz mit Spritzen
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[[59]/0081] Dienstag, den 22. März 1825. Dieſe Nacht, bald nach zwölf Uhr, wurden wir durch Feuerlärm geweckt; man rief: es brenne im Theater! Ich warf mich ſogleich in meine Kleider und eilte an Ort und Stelle. Die allgemeine Be¬ ſtürzung war groß. Noch vor wenigen Stunden waren wir durch das treffliche Spiel von La Roche im Juden von Cumberland entzückt worden und Seidel hatte durch gute Laune und Späße allgemeines Lachen erregt. Und jetzt raſ'te an dieſer ſelbigen Stelle kaum genoſſener geiſtiger Freuden das ſchrecklichſte Element der Vernichtung. Das Feuer ſchien, durch Heitzung veranlaßt, im Parterre ausgebrochen zu ſeyn, hatte bald die Bühne und das dürre Lattenwerk der Conliſſen ergriffen, und ſo, durch die reichlichſte Nahrung brennbarer Stoffe ſchnell zum Ungeheuer erwachſen, dauerte es nicht lange, bis die Flamme überall zum Dache herausſchlug und die Sparren zuſammenkrachten. In den Anſtalten zum Löſchen war kein Mangel. Das Gebäude war nach und nach ganz mit Spritzen umſtellt, die eine Unmaſſe von Waſſer in die Gluth

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. [59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/81>, abgerufen am 26.04.2024.