sich grade ins Herz geschossen. Der müde Leib ruhte schön und fromm, da ihn die heydnische See¬ le nicht mehr regierte. Er kniete neben ihr hin und betete für sie aus Herzensgrunde.
Da sah er auf einmal helle Flammen zu den Fenstern hereinschlagen, durch die offene Thür er¬ blickte er auch schon die anderen Gemächer in vollem Brande. Kein Mensch war da, die Nacht auch Gewitterstill, sie mußte das Schloß in ihrer Rase¬ rey selber angesteckt haben, vielleicht um Friedrich'n zugleich mit ihr zu verderben. Er nahm den Leich¬ nam und trug ihn durch das brennende Thor ins Freye hinaus. Dort legte er sie unter eine Eiche und bedeckte sie mit Zweigen, damit sie die Raben nicht fräßen, bis er im nächsten Dorfe die nöthigen Vorkehrungen zu ihrem Begräbniß getroffen. Dann eilte er den Berg hinab und schwang sich auf sein Pferd.
Hinter ihm stieg die Flamme auf die höchste Zinne der Burg und warf gräßliche Scheine weit zwischen den Bäumen. Das Schloß sank wie ein dunkler Riese in dem feurigen Ofen zusammen, über der alten, guten Zeit hielt das Flammenspiel im Winde seinen wilden Tanz; es war, als gieng der Geist ihrer Herrinn noch einmal durch die Lohen. --
Zwanzig¬
ſich grade ins Herz geſchoſſen. Der müde Leib ruhte ſchön und fromm, da ihn die heydniſche See¬ le nicht mehr regierte. Er kniete neben ihr hin und betete für ſie aus Herzensgrunde.
Da ſah er auf einmal helle Flammen zu den Fenſtern hereinſchlagen, durch die offene Thür er¬ blickte er auch ſchon die anderen Gemächer in vollem Brande. Kein Menſch war da, die Nacht auch Gewitterſtill, ſie mußte das Schloß in ihrer Raſe¬ rey ſelber angeſteckt haben, vielleicht um Friedrich'n zugleich mit ihr zu verderben. Er nahm den Leich¬ nam und trug ihn durch das brennende Thor ins Freye hinaus. Dort legte er ſie unter eine Eiche und bedeckte ſie mit Zweigen, damit ſie die Raben nicht fräßen, bis er im nächſten Dorfe die nöthigen Vorkehrungen zu ihrem Begräbniß getroffen. Dann eilte er den Berg hinab und ſchwang ſich auf ſein Pferd.
Hinter ihm ſtieg die Flamme auf die höchſte Zinne der Burg und warf gräßliche Scheine weit zwiſchen den Bäumen. Das Schloß ſank wie ein dunkler Rieſe in dem feurigen Ofen zuſammen, über der alten, guten Zeit hielt das Flammenſpiel im Winde ſeinen wilden Tanz; es war, als gieng der Geiſt ihrer Herrinn noch einmal durch die Lohen. —
Zwanzig¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0358"n="352"/>ſich grade ins Herz geſchoſſen. Der müde Leib<lb/>
ruhte ſchön und fromm, da ihn die heydniſche See¬<lb/>
le nicht mehr regierte. Er kniete neben ihr hin und<lb/>
betete für ſie aus Herzensgrunde.</p><lb/><p>Da ſah er auf einmal helle Flammen zu den<lb/>
Fenſtern hereinſchlagen, durch die offene Thür er¬<lb/>
blickte er auch ſchon die anderen Gemächer in vollem<lb/>
Brande. Kein Menſch war da, die Nacht auch<lb/>
Gewitterſtill, ſie mußte das Schloß in ihrer Raſe¬<lb/>
rey ſelber angeſteckt haben, vielleicht um Friedrich'n<lb/>
zugleich mit <hirendition="#g">ihr</hi> zu verderben. Er nahm den Leich¬<lb/>
nam und trug ihn durch das brennende Thor ins<lb/>
Freye hinaus. Dort legte er ſie unter eine Eiche<lb/>
und bedeckte ſie mit Zweigen, damit ſie die Raben<lb/>
nicht fräßen, bis er im nächſten Dorfe die nöthigen<lb/>
Vorkehrungen zu ihrem Begräbniß getroffen. Dann<lb/>
eilte er den Berg hinab und ſchwang ſich auf ſein<lb/>
Pferd.</p><lb/><p>Hinter ihm ſtieg die Flamme auf die höchſte<lb/>
Zinne der Burg und warf gräßliche Scheine weit<lb/>
zwiſchen den Bäumen. Das Schloß ſank wie ein<lb/>
dunkler Rieſe in dem feurigen Ofen zuſammen, über<lb/>
der alten, guten Zeit hielt das Flammenſpiel im<lb/>
Winde ſeinen wilden Tanz; es war, als gieng der<lb/>
Geiſt ihrer Herrinn noch einmal durch die Lohen. —</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwplace="bottom"type="catch">Zwanzig¬<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[352/0358]
ſich grade ins Herz geſchoſſen. Der müde Leib
ruhte ſchön und fromm, da ihn die heydniſche See¬
le nicht mehr regierte. Er kniete neben ihr hin und
betete für ſie aus Herzensgrunde.
Da ſah er auf einmal helle Flammen zu den
Fenſtern hereinſchlagen, durch die offene Thür er¬
blickte er auch ſchon die anderen Gemächer in vollem
Brande. Kein Menſch war da, die Nacht auch
Gewitterſtill, ſie mußte das Schloß in ihrer Raſe¬
rey ſelber angeſteckt haben, vielleicht um Friedrich'n
zugleich mit ihr zu verderben. Er nahm den Leich¬
nam und trug ihn durch das brennende Thor ins
Freye hinaus. Dort legte er ſie unter eine Eiche
und bedeckte ſie mit Zweigen, damit ſie die Raben
nicht fräßen, bis er im nächſten Dorfe die nöthigen
Vorkehrungen zu ihrem Begräbniß getroffen. Dann
eilte er den Berg hinab und ſchwang ſich auf ſein
Pferd.
Hinter ihm ſtieg die Flamme auf die höchſte
Zinne der Burg und warf gräßliche Scheine weit
zwiſchen den Bäumen. Das Schloß ſank wie ein
dunkler Rieſe in dem feurigen Ofen zuſammen, über
der alten, guten Zeit hielt das Flammenſpiel im
Winde ſeinen wilden Tanz; es war, als gieng der
Geiſt ihrer Herrinn noch einmal durch die Lohen. —
Zwanzig¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/358>, abgerufen am 26.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.