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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, I haubtstück,
muß ich sicher seyn. Daher ist nach teutscher art
sehr übel gehandelt, einen in seiner stube, oder
in seinem hause zu beleidigen; weshalber dann nicht
allein eine kleine selbstrache dem begünstigten über-
sehen wird; sondern auch der ruhestörer und haus-
fridbrecher sollte zum wenigsten noch einmal so hart,
als sonst bestrafet werden. Die Teutsche hilten
einen solchen fridenstörer, nach iren lehrsäzen, für
erloß. Daß man aber nimanden in dem seini-
gen beunruhigen sollte, war bei inen deshalber
nötig, weil sie ein rauhes, wildes volk waren,
welche den trunk libeten, und den daher rürenden
schlägereien sehr ergeben waren; mithin mußten sie
davon entweder durch harte strafen, oder mit ver-
luft an der achtung, und ere abgehalten werden,
damit sie sich an einem im hause nicht selbst rä-
chen möchten. Wenn einer an dem andern et-
was hatte, konnte er ihn zum zweikampfe ausfo-
dern lassen; erschin er nicht auf dem bestimmten
kampfplaze; bevorab, wenn er bei strafe der an-
rüchtigkeit dahin gefodert worden war; so wurde
er für einen erlosen menschen gehalten, auch ihm
wohl an öffentlichen orten eine schandsäule aufge-
richtet, Th. Bartholin in antiquit. Dan. lib. I,
cap.
7, s. 102, Stiernhöck de iure Sueon. vetust.
s. 77. Auf dise weise sind in Teutschlande von
verschidenen landesherren eigene verordnungen we-
gen des haus- und burg-fridens erlassen worden;
darnebst haben die vorhandene hofordnungen ein
gleiches, der ruhe halber, an den höfen, zum ge-
genstande; sihe die Hessen-Casselische hofordnung
vom jare 1717 fol., welche 1727, und 1752
wider erneuert worden ist; imgleichen den burg-
friden vom 16ten april 1657, 16ten jan. 1723,
und 15ten dec. 1751, welcher zugleich auf die
bergwerke, berghütten, das bad zu Geißmar, die

post-

II buch, I haubtſtuͤck,
muß ich ſicher ſeyn. Daher iſt nach teutſcher art
ſehr uͤbel gehandelt, einen in ſeiner ſtube, oder
in ſeinem hauſe zu beleidigen; weshalber dann nicht
allein eine kleine ſelbſtrache dem beguͤnſtigten uͤber-
ſehen wird; ſondern auch der ruheſtoͤrer und haus-
fridbrecher ſollte zum wenigſten noch einmal ſo hart,
als ſonſt beſtrafet werden. Die Teutſche hilten
einen ſolchen fridenſtoͤrer, nach iren lehrſaͤzen, fuͤr
erloß. Daß man aber nimanden in dem ſeini-
gen beunruhigen ſollte, war bei inen deshalber
noͤtig, weil ſie ein rauhes, wildes volk waren,
welche den trunk libeten, und den daher ruͤrenden
ſchlaͤgereien ſehr ergeben waren; mithin mußten ſie
davon entweder durch harte ſtrafen, oder mit ver-
luft an der achtung, und ere abgehalten werden,
damit ſie ſich an einem im hauſe nicht ſelbſt raͤ-
chen moͤchten. Wenn einer an dem andern et-
was hatte, konnte er ihn zum zweikampfe ausfo-
dern laſſen; erſchin er nicht auf dem beſtimmten
kampfplaze; bevorab, wenn er bei ſtrafe der an-
ruͤchtigkeit dahin gefodert worden war; ſo wurde
er fuͤr einen erloſen menſchen gehalten, auch ihm
wohl an oͤffentlichen orten eine ſchandſaͤule aufge-
richtet, Th. Bartholin in antiquit. Dan. lib. I,
cap.
7, ſ. 102, Stiernhoͤck de iure Sueon. vetuſt.
ſ. 77. Auf diſe weiſe ſind in Teutſchlande von
verſchidenen landesherren eigene verordnungen we-
gen des haus- und burg-fridens erlaſſen worden;
darnebſt haben die vorhandene hofordnungen ein
gleiches, der ruhe halber, an den hoͤfen, zum ge-
genſtande; ſihe die Heſſen-Caſſeliſche hofordnung
vom jare 1717 fol., welche 1727, und 1752
wider erneuert worden iſt; imgleichen den burg-
friden vom 16ten april 1657, 16ten jan. 1723,
und 15ten dec. 1751, welcher zugleich auf die
bergwerke, berghuͤtten, das bad zu Geißmar, die

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[646/0670] II buch, I haubtſtuͤck, muß ich ſicher ſeyn. Daher iſt nach teutſcher art ſehr uͤbel gehandelt, einen in ſeiner ſtube, oder in ſeinem hauſe zu beleidigen; weshalber dann nicht allein eine kleine ſelbſtrache dem beguͤnſtigten uͤber- ſehen wird; ſondern auch der ruheſtoͤrer und haus- fridbrecher ſollte zum wenigſten noch einmal ſo hart, als ſonſt beſtrafet werden. Die Teutſche hilten einen ſolchen fridenſtoͤrer, nach iren lehrſaͤzen, fuͤr erloß. Daß man aber nimanden in dem ſeini- gen beunruhigen ſollte, war bei inen deshalber noͤtig, weil ſie ein rauhes, wildes volk waren, welche den trunk libeten, und den daher ruͤrenden ſchlaͤgereien ſehr ergeben waren; mithin mußten ſie davon entweder durch harte ſtrafen, oder mit ver- luft an der achtung, und ere abgehalten werden, damit ſie ſich an einem im hauſe nicht ſelbſt raͤ- chen moͤchten. Wenn einer an dem andern et- was hatte, konnte er ihn zum zweikampfe ausfo- dern laſſen; erſchin er nicht auf dem beſtimmten kampfplaze; bevorab, wenn er bei ſtrafe der an- ruͤchtigkeit dahin gefodert worden war; ſo wurde er fuͤr einen erloſen menſchen gehalten, auch ihm wohl an oͤffentlichen orten eine ſchandſaͤule aufge- richtet, Th. Bartholin in antiquit. Dan. lib. I, cap. 7, ſ. 102, Stiernhoͤck de iure Sueon. vetuſt. ſ. 77. Auf diſe weiſe ſind in Teutſchlande von verſchidenen landesherren eigene verordnungen we- gen des haus- und burg-fridens erlaſſen worden; darnebſt haben die vorhandene hofordnungen ein gleiches, der ruhe halber, an den hoͤfen, zum ge- genſtande; ſihe die Heſſen-Caſſeliſche hofordnung vom jare 1717 fol., welche 1727, und 1752 wider erneuert worden iſt; imgleichen den burg- friden vom 16ten april 1657, 16ten jan. 1723, und 15ten dec. 1751, welcher zugleich auf die bergwerke, berghuͤtten, das bad zu Geißmar, die poſt-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/670>, abgerufen am 26.04.2024.