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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, XLVII haubtstück,
eingesessener bürger (possessionatus). Daher heis-
set ein bürger, welcher ein grundstück, oder ein haus
hat, ein besessener mann. Beseßlich wird von dem-
jenigen gesaget, welcher im ruhigen besize sich befin-
det. Wer den besiz länger hergebracht hat, dann
jemand denken kan, ist in einem unüberdenklichen
besize. Ersizen, ersessen wird von der usurpation
gebrauchet, Haltaus sp. 406.

§ 1877
wie man eine
sache über-
kömmt?

Die arten, und weissen: das eigentum zu er-
langen, sind mancherlei (§ 1826 des 1ten th.), und
zwar bald allgemeine, bald besondere (§ 1824 des
3ten th.). Die Teutsche haben sie teils mit den
Römern gemein, teils sind sie den Teutschen eigen.
Zu den allgemeinen gehören die erbschaften. Dise
erlanget man bald durch das recht selbst, wie die
erbfälle one testament bei den Teutschen ausweisen,
oder vermittels eines lezten willens. Hirzu treten
noch die gedinge über die zu überkommende erbfolge.

§ 1878
ob bei erbfällen
ab intestato der
besiz ergriffen
werden müsse?

Bei den erbfällen ab intestato gehet der besiz
der stammgüter durch das recht selbst (ipso jure)
auf den nächsten stamm-erben über; das ist, so-
bald einer stirbt, wird der nächste erbe besizer, one
weitere bemühung, auch sonder besizergreifung.
Die Franzosen sagen: le mort saisit le vif, Carl
Adolph von Braun
de possessione ipso iure in he-
redem transeunte tam secundum iura Rom. quam
Germ. exarata,
Erlangen 1744, 4t, im 2ten ab-
schnidte § 5 fgg., Schilter exerc. ad p. XV § 2,
von Lynker decis. 57, Carpzov dec. 225. Hir
haben wir einen besiz durch das recht selbst (§ 1824,
n. 1); wozu noch der streitige besiz kömmt. Jn-
dessen gibet es doch fälle: wo die ergreifung des be-

sizes

II buch, XLVII haubtſtuͤck,
eingeſeſſener buͤrger (poſſeſſionatus). Daher heiſ-
ſet ein buͤrger, welcher ein grundſtuͤck, oder ein haus
hat, ein beſeſſener mann. Beſeßlich wird von dem-
jenigen geſaget, welcher im ruhigen beſize ſich befin-
det. Wer den beſiz laͤnger hergebracht hat, dann
jemand denken kan, iſt in einem unuͤberdenklichen
beſize. Erſizen, erſeſſen wird von der uſurpation
gebrauchet, Haltaus ſp. 406.

§ 1877
wie man eine
ſache uͤber-
koͤmmt?

Die arten, und weiſſen: das eigentum zu er-
langen, ſind mancherlei (§ 1826 des 1ten th.), und
zwar bald allgemeine, bald beſondere (§ 1824 des
3ten th.). Die Teutſche haben ſie teils mit den
Roͤmern gemein, teils ſind ſie den Teutſchen eigen.
Zu den allgemeinen gehoͤren die erbſchaften. Diſe
erlanget man bald durch das recht ſelbſt, wie die
erbfaͤlle one teſtament bei den Teutſchen ausweiſen,
oder vermittels eines lezten willens. Hirzu treten
noch die gedinge uͤber die zu uͤberkommende erbfolge.

§ 1878
ob bei erbfaͤllen
ab inteſtato der
beſiz ergriffen
werden muͤſſe?

Bei den erbfaͤllen ab inteſtato gehet der beſiz
der ſtammguͤter durch das recht ſelbſt (ipſo jure)
auf den naͤchſten ſtamm-erben uͤber; das iſt, ſo-
bald einer ſtirbt, wird der naͤchſte erbe beſizer, one
weitere bemuͤhung, auch ſonder beſizergreifung.
Die Franzoſen ſagen: le mort ſaiſit le vif, Carl
Adolph von Braun
de poſſeſſione ipſo iure in he-
redem transeunte tam ſecundum iura Rom. quam
Germ. exarata,
Erlangen 1744, 4t, im 2ten ab-
ſchnidte § 5 fgg., Schilter exerc. ad π. XV § 2,
von Lynker deciſ. 57, Carpzov dec. 225. Hir
haben wir einen beſiz durch das recht ſelbſt (§ 1824,
n. 1); wozu noch der ſtreitige beſiz koͤmmt. Jn-
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[816/0840] II buch, XLVII haubtſtuͤck, eingeſeſſener buͤrger (poſſeſſionatus). Daher heiſ- ſet ein buͤrger, welcher ein grundſtuͤck, oder ein haus hat, ein beſeſſener mann. Beſeßlich wird von dem- jenigen geſaget, welcher im ruhigen beſize ſich befin- det. Wer den beſiz laͤnger hergebracht hat, dann jemand denken kan, iſt in einem unuͤberdenklichen beſize. Erſizen, erſeſſen wird von der uſurpation gebrauchet, Haltaus ſp. 406. § 1877 Die arten, und weiſſen: das eigentum zu er- langen, ſind mancherlei (§ 1826 des 1ten th.), und zwar bald allgemeine, bald beſondere (§ 1824 des 3ten th.). Die Teutſche haben ſie teils mit den Roͤmern gemein, teils ſind ſie den Teutſchen eigen. Zu den allgemeinen gehoͤren die erbſchaften. Diſe erlanget man bald durch das recht ſelbſt, wie die erbfaͤlle one teſtament bei den Teutſchen ausweiſen, oder vermittels eines lezten willens. Hirzu treten noch die gedinge uͤber die zu uͤberkommende erbfolge. § 1878 Bei den erbfaͤllen ab inteſtato gehet der beſiz der ſtammguͤter durch das recht ſelbſt (ipſo jure) auf den naͤchſten ſtamm-erben uͤber; das iſt, ſo- bald einer ſtirbt, wird der naͤchſte erbe beſizer, one weitere bemuͤhung, auch ſonder beſizergreifung. Die Franzoſen ſagen: le mort ſaiſit le vif, Carl Adolph von Braun de poſſeſſione ipſo iure in he- redem transeunte tam ſecundum iura Rom. quam Germ. exarata, Erlangen 1744, 4t, im 2ten ab- ſchnidte § 5 fgg., Schilter exerc. ad π. XV § 2, von Lynker deciſ. 57, Carpzov dec. 225. Hir haben wir einen beſiz durch das recht ſelbſt (§ 1824, n. 1); wozu noch der ſtreitige beſiz koͤmmt. Jn- deſſen gibet es doch faͤlle: wo die ergreifung des be- ſizes

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 816. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/840>, abgerufen am 26.04.2024.