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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von denen unterschiedenen arten

§. 2. Unter diesen ist der stilus humilis der
geringste in ansehung des obiecti, aber der
schwerste und nothwendigste in ansehung seines
gebrauchs. a) Seine gröste kraft zeiget er in
dem adäquaten ausdruck, daß er von niedrigen
dingen, zwar dem obiecto ähnliche, aber deßwe-
gen nicht abiecte gedancken, ohne heftige be-
wegung, mit deutlichen, natürlichen worten
fürtrage, selbige in einen fliessenden numerum,
mäßige periodos, gelinde iunctur, mit deutli-
chen connexionibus zusammenfüge, und hin-
gegen die künstliche zierrathen als tropos und
figuren so viel möglich vermeide.

a) Er ist schwer, weil er der natürlichsten wörter
und ordnung sich bedienet, und des reichthums
der troporum und figuren entbehren muß; weil
er seine fehler nicht bergen kan, und die guten
eigenschaften des stili ohne putz und künstliche
zierrathen herfürleuchten müssenn: Er ist aber
auch nothwendig, weil die hohen obiecta seltner
unsern ausdruck erfodern, und weil derienige,
welcher diesen nicht versteht, zu allen arten von
stilis, die sich alle durch den humilen erklären las-
sen, ungeschickt ist. S. Lami L. IIII. C. X. He-
derich
l. c. p. 543. Den stilum humilem findet
man in Weisens, Speners, Gerhards, Gey-
ers, Pritii, Menantes, Talanders, etc. schriften;
in den reden grosse[r] Herren; in Opitzens, Ca-
nitzens, etc. Poesien;
im Cornelio Nepote, Julio
Caesare, Terentio, Plauto, Ciceronis epist. ad fam.
Virgilio in Eclogis, Ouidio, &c.
im Plutarcho,
Aeliano, Paeanio, &c.
in denen Frantzöischen
memoires, comoedies, lettres galantes, im Pays in
den fabeln des
de la Motte, &c. im Aretino,
von denen unterſchiedenen arten

§. 2. Unter dieſen iſt der ſtilus humilis der
geringſte in anſehung des obiecti, aber der
ſchwerſte und nothwendigſte in anſehung ſeines
gebrauchs. a) Seine groͤſte kraft zeiget er in
dem adaͤquaten ausdruck, daß er von niedrigen
dingen, zwar dem obiecto aͤhnliche, aber deßwe-
gen nicht abiecte gedancken, ohne heftige be-
wegung, mit deutlichen, natuͤrlichen worten
fuͤrtrage, ſelbige in einen flieſſenden numerum,
maͤßige periodos, gelinde iunctur, mit deutli-
chen connexionibus zuſammenfuͤge, und hin-
gegen die kuͤnſtliche zierrathen als tropos und
figuren ſo viel moͤglich vermeide.

a) Er iſt ſchwer, weil er der natuͤrlichſten woͤrter
und ordnung ſich bedienet, und des reichthums
der troporum und figuren entbehren muß; weil
er ſeine fehler nicht bergen kan, und die guten
eigenſchaften des ſtili ohne putz und kuͤnſtliche
zierrathen herfuͤrleuchten muͤſſẽn: Er iſt aber
auch nothwendig, weil die hohen obiecta ſeltner
unſern ausdruck erfodern, und weil derienige,
welcher dieſen nicht verſteht, zu allen arten von
ſtilis, die ſich alle durch den humilen erklaͤren laſ-
ſen, ungeſchickt iſt. S. Lami L. IIII. C. X. He-
derich
l. c. p. 543. Den ſtilum humilem findet
man in Weiſens, Speners, Gerhards, Gey-
ers, Pritii, Menantes, Talanders, ꝛc. ſchriften;
in den reden groſſe[r] Herren; in Opitzens, Ca-
nitzens, ꝛc. Poeſien;
im Cornelio Nepote, Julio
Caeſare, Terentio, Plauto, Ciceronis epiſt. ad fam.
Virgilio in Eclogis, Ouidio, &c.
im Plutarcho,
Aeliano, Paeanio, &c.
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memoires, comoedies, lettres galantes, im Pays in
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[238/0256] von denen unterſchiedenen arten §. 2. Unter dieſen iſt der ſtilus humilis der geringſte in anſehung des obiecti, aber der ſchwerſte und nothwendigſte in anſehung ſeines gebrauchs. a⁾ Seine groͤſte kraft zeiget er in dem adaͤquaten ausdruck, daß er von niedrigen dingen, zwar dem obiecto aͤhnliche, aber deßwe- gen nicht abiecte gedancken, ohne heftige be- wegung, mit deutlichen, natuͤrlichen worten fuͤrtrage, ſelbige in einen flieſſenden numerum, maͤßige periodos, gelinde iunctur, mit deutli- chen connexionibus zuſammenfuͤge, und hin- gegen die kuͤnſtliche zierrathen als tropos und figuren ſo viel moͤglich vermeide. a⁾ Er iſt ſchwer, weil er der natuͤrlichſten woͤrter und ordnung ſich bedienet, und des reichthums der troporum und figuren entbehren muß; weil er ſeine fehler nicht bergen kan, und die guten eigenſchaften des ſtili ohne putz und kuͤnſtliche zierrathen herfuͤrleuchten muͤſſẽn: Er iſt aber auch nothwendig, weil die hohen obiecta ſeltner unſern ausdruck erfodern, und weil derienige, welcher dieſen nicht verſteht, zu allen arten von ſtilis, die ſich alle durch den humilen erklaͤren laſ- ſen, ungeſchickt iſt. S. Lami L. IIII. C. X. He- derich l. c. p. 543. Den ſtilum humilem findet man in Weiſens, Speners, Gerhards, Gey- ers, Pritii, Menantes, Talanders, ꝛc. ſchriften; in den reden groſſer Herren; in Opitzens, Ca- nitzens, ꝛc. Poeſien; im Cornelio Nepote, Julio Caeſare, Terentio, Plauto, Ciceronis epiſt. ad fam. Virgilio in Eclogis, Ouidio, &c. im Plutarcho, Aeliano, Paeanio, &c. in denen Frantzoͤiſchen memoires, comoedies, lettres galantes, im Pays in den fabeln des de la Motte, &c. im Aretino, Benti-

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/256>, abgerufen am 26.04.2024.