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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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des stili insonderheit.
vaterland streitender löwe seinen heldmüthigen
geist auffgiebt und iener mitten unter völlerey
un faulheit als ein anderer Sardanapalus hin-
gerissenwird. So eine unstreitige wahrheit nun
dieses ist, daß das allgemeine verhängniß, ohne
ansehen, fürstliche stühle umstürtzet: So ge-
wiß bleibt es doch hingegen, daß ein unendlich
grosser unterscheid unter dem erblassen eines
frommen Augusti oder tapfern Germanici
und unter dem ableiben eines grausamen Tibe-
rii oder verzagten Caligulae,
Jch will ietzo
nicht sagen von der art zu sterben, ob es wohl
ausgemacht ist, daß blutdürstige tyrannen
gemeiniglich der wut erzürnter unterthanen,
oder dem wurm eines nagenden gewissen, bey
ihren ende preiß gegeben werden: Jch will
auch nichts gedencken, von dem ort, welcher
nach ihrem tode den unsterblichen geistern, in
der langen ewigkeit an gewiesen wird: Son-
dern ich will nur von den allerdauerhaftigsten
und von keinem rost und moder der zeit zu be-
siegenden denckmahle in so viel tausend see-
len etwas erwehnen, woraus dieser unter-
schied sonnen-klar sich darstellen wird. Wie
gerne verbannete nicht, ein durch den todt von
dem wüterich Tiberio befreyetes Rom, das
gedächtniß seiner verfluchten regierung, wün-
schete, da es seinen erblasseten cörper der be-
gräbniß unwürdig, in die Tiber, werffen wol-
te, daß es hiemit zugleich alle merckmahle sei-
ner tyranney in den abgrund der vergessenheit

versen-
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des ſtili inſonderheit.
vaterland ſtreitender loͤwe ſeinen heldmuͤthigen
geiſt auffgiebt und iener mitten unter voͤllerey
un faulheit als ein anderer Sardanapalus hin-
geriſſenwird. So eine unſtreitige wahrheit nun
dieſes iſt, daß das allgemeine verhaͤngniß, ohne
anſehen, fuͤrſtliche ſtuͤhle umſtuͤrtzet: So ge-
wiß bleibt es doch hingegen, daß ein unendlich
groſſer unterſcheid unter dem erblaſſen eines
frommen Auguſti oder tapfern Germanici
und unter dem ableiben eines grauſamen Tibe-
rii oder verzagten Caligulae,
Jch will ietzo
nicht ſagen von der art zu ſterben, ob es wohl
ausgemacht iſt, daß blutduͤrſtige tyrannen
gemeiniglich der wut erzuͤrnter unterthanen,
oder dem wurm eines nagenden gewiſſen, bey
ihren ende preiß gegeben werden: Jch will
auch nichts gedencken, von dem ort, welcher
nach ihrem tode den unſterblichen geiſtern, in
der langen ewigkeit an gewieſen wird: Son-
dern ich will nur von den allerdauerhaftigſten
und von keinem roſt und moder der zeit zu be-
ſiegenden denckmahle in ſo viel tauſend ſee-
len etwas erwehnen, woraus dieſer unter-
ſchied ſonnen-klar ſich darſtellen wird. Wie
gerne verbannete nicht, ein durch den todt von
dem wuͤterich Tiberio befreyetes Rom, das
gedaͤchtniß ſeiner verfluchten regierung, wuͤn-
ſchete, da es ſeinen erblaſſeten coͤrper der be-
graͤbniß unwuͤrdig, in die Tiber, werffen wol-
te, daß es hiemit zugleich alle merckmahle ſei-
ner tyranney in den abgrund der vergeſſenheit

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[281/0299] des ſtili inſonderheit. vaterland ſtreitender loͤwe ſeinen heldmuͤthigen geiſt auffgiebt und iener mitten unter voͤllerey un faulheit als ein anderer Sardanapalus hin- geriſſenwird. So eine unſtreitige wahrheit nun dieſes iſt, daß das allgemeine verhaͤngniß, ohne anſehen, fuͤrſtliche ſtuͤhle umſtuͤrtzet: So ge- wiß bleibt es doch hingegen, daß ein unendlich groſſer unterſcheid unter dem erblaſſen eines frommen Auguſti oder tapfern Germanici und unter dem ableiben eines grauſamen Tibe- rii oder verzagten Caligulae, Jch will ietzo nicht ſagen von der art zu ſterben, ob es wohl ausgemacht iſt, daß blutduͤrſtige tyrannen gemeiniglich der wut erzuͤrnter unterthanen, oder dem wurm eines nagenden gewiſſen, bey ihren ende preiß gegeben werden: Jch will auch nichts gedencken, von dem ort, welcher nach ihrem tode den unſterblichen geiſtern, in der langen ewigkeit an gewieſen wird: Son- dern ich will nur von den allerdauerhaftigſten und von keinem roſt und moder der zeit zu be- ſiegenden denckmahle in ſo viel tauſend ſee- len etwas erwehnen, woraus dieſer unter- ſchied ſonnen-klar ſich darſtellen wird. Wie gerne verbannete nicht, ein durch den todt von dem wuͤterich Tiberio befreyetes Rom, das gedaͤchtniß ſeiner verfluchten regierung, wuͤn- ſchete, da es ſeinen erblaſſeten coͤrper der be- graͤbniß unwuͤrdig, in die Tiber, werffen wol- te, daß es hiemit zugleich alle merckmahle ſei- ner tyranney in den abgrund der vergeſſenheit verſen- S 5

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/299>, abgerufen am 26.04.2024.